22. Sommernachtslauf Spelle

12.08.2011

Vorher

Während meiner letzten drei Teilnahmen in Spelle konnte ich jedes Mal eine neue Bestzeit aufstellen. Das Pflaster scheint hier schnell zu sein und die Strecken sind zudem offiziell vermessen. Nachdem ich 2008 die 5 km in 18:44 min gelaufen bin, standen 2009 aufgrund des EL-Cups die 10 km auf dem Programm, die ich in 37:42 min gefinisht habe. Ein weiteres Jahr später wollte ich aufgrund des heißen Wetters nicht mehr als 5 km laufen und durchbrach hierbei zum zweiten Mal die 18-Minuten-Barriere (17:54 min). Dieses Jahr sollte es nun endlich der Halbmarathon sein.

Besonders vorbereitet habe ich mich nicht; vielmehr wollte ich mal schauen, was ich so aus dem Training heraus reißen kann. Mein Hauptaugenmerk lag nämlich weiterhin auf dem 38. BMW-Berlin Marathon am 25. September 2011. Dennoch schloss ich - ehrlich gesagt - eine Verbesserung meiner Bestzeit (01:21:25 Std. vom Venloop 2011) nicht aus.

Im Vorfeld haben wir in der Familie besprochen, wer welche Distanz in Angriff nehmen möchte. Da meine Schwester und ich meiner Mutter einen Start über die 5 km „geschenkt“ haben, wollten meine Schwester und mein Vater sie dabei begleiten. Das hieß für mich: Fotos machen! Zuvor lief Paulina, meine Cousine, beim 0,6-km-Bambinilauf mit und gewann hierbei einen Teddy-Bären und eine persönliche Urkunde. Es hat ihr sichtlich Spaß gemacht, obwohl zu Beginn eine gewisse Anspannung zu spüren war.

Um 17.50 Uhr erfolgte der Startschuss für die 138 Fünf-Kilometer-Läufer. Meine Family stand im ersten Viertel des Startfeldes, um zu Beginn so wenige Sekunden wie möglich zu verlieren. Es wurde um jeden Meter gekämpft. Nachdem ich an mindestens vier Stellen des Rennens viele Serienfotos geschossen habe, lief ich zum Zielbanner, um auch bloß niemanden zu verpassen. Mein Vater kämpfte auf den letzten 50 m wie noch nie zuvor, um sich zwei Plätze weiter nach vorne zu schieben. Er finishte in neuer PB von 23:19 min und war stolz, den letzten Sprint für sich entschieden zu haben. Meine Schwester folgte nach einer knappen Minute, ebenfalls in neuer PB von 24:11 min, und landete damit einen Platz vor meiner Mutter, die sich auch über eine Bestzeit freute (24:17 min).

Meine Startzeit näherte sich langsam. 15 Minuten bevor es losging, mussten noch wichtige Dinge erledigt werden, wie z.B. der obligatorische letzte Toilettengang, ein letzter Schluck Wasser und das Schnüren der Laufschuhe mit Doppelknoten. Dann war es 18.35 Uhr, der Himmel blieb weiterhin bewölkt, aber zum Glück regnete es nicht. Ich verabschiedete mich von meiner Family, die mir noch bis zur Startlinie gefolgt ist. Ein paar letzte Dehnübungen, die Schuhe nochmals kontrolliert und dann konnte es losgehen. „Noch 10 Sekunden ... noch 3, 2, 1 ... plopp!“ Dem Geräusch zufolge, wollte die Pistole nicht ganz so wie der Startschütze es wollte, aber was soll’s?

„Wir haben alle eine neue Bestzeit, jetzt bist du dran!“ waren die letzten Worte meines Vaters. Jetzt bin ich unter Zugzwang, let’s go!

 

Der Lauf

Nach 03:35 min auf dem ersten Kilometer, habe ich ab dem zweiten dann meinen Laufrhythmus gefunden. Der grüne und der dunkelblaue Läufer sind mir beide schon auf der 1,6 km langen Einführungsrunde davongelaufen und an eine Verfolgung war für mich nicht zu denken. Der Abstand zwischen ihnen und mir wuchs auf den ersten 5 km, die aus dem Dorf hinausführten, enorm. Jedoch konnte ich mich mit meinen folgenden vier Kilometerzeiten von 03:48 min, 03:49 min, 03:55 min und 03:48 min wesentlich besser anfreunden. So konnte es von mir aus weitergehen. Ein anderer Läufer, der sich schon zu Beginn langsam an mich herangepirscht hat und früh neben mir herlief, blieb an der Getränkestation bei KM 5 kurz stehen und verlor wieder Sekunden auf mich. Ich verzichtete noch auf einen Becher Wasser und lief von da an mit dem Gedanken, dass da jemand hinter mir ist, der mir meinen frühen dritten Platz streitig machen könnte. Aber Konkurrenz belebet ja bekanntlich das Geschäft! Also weiter nach vorne denken!

Leider machte mir von nun an mein Magen bzw. irgendetwas im Bauch kleine Probleme. Es waren zwar noch keine schlimmen Seitenstiche, aber ich wollte es auch nicht dazu kommen lassen. Somit reduzierte ich auf den zwei langen Geraden gen Norden und wieder zurück mein Tempo ein wenig, um später nochmal aufdrehen zu können. Bis KM 9 gesellten sich dadurch zwei Läufer zu mir, sodass wir ein Trio bildeten, das um den dritten Gesamtplatz laufen sollte. Diese besagten, langen Geraden der Strecke ermöglichen es, sich weiter vorne einen Läufer auszusuchen, an den man heranlaufen kann. So haben es wahrscheinlich auch meine beiden Konkurrenten gemacht. Nicht schlecht!

KM 10 und 11 führten - bevor es auf die zweite Runde ging - wieder in Richtung Dorfmitte. Diese Abschnitte liefen wir in 03:46 min und 03:49 min und somit wieder etwas flotter. An einer Kreuzung bei KM 11 stand meine Family und feuerte mich an. Auf meine Frage, wie viele Läufer hinter mir seien, rief mir mein Vater „Nur zwei!“ zu … sowohl Frage, als auch Antwort natürlich beide auf Polnisch! Zusätzlich zur neugewonnenen Motivation habe ich scheinbar meine kleinen Wehwehchen in der Magengegend vergessen. Ich fühlte mich nach der Hälfte der Distanz noch so frisch, dass ich dann schon begann, mich langsam von meinen beiden Konkurrenten zu lösen. Diese Tempoverschärfung geschah halb gewollt und halb automatisch. Ein starkes Gefühl!

Die folgenden drei Kilometer, die im Südwesten aus Spelle hinaus und Richtung Venhaus führten, lief ich allesamt in exakt 03:45 min. Von meinen beiden Verfolgern war ab KM 14 nichts mehr zu hören, sodass ich das letzte Drittel ohne Orientierungspunkt vor und hinter mir alleine laufen musste. Bei dieser hohen Geschwindigkeit bestand nun die Gefahr einzubrechen und ich versuchte, mich irgendwie zu kontrollieren.

Auf den beiden langen Geraden zwischen den großen Weideflächen konnte ich mein Tempo weiterhin halten (KM 15 – 18 in 03:45 min/km). Weder Wind, noch Wetter konnten heute in irgendeiner Weise als Ausrede für einen eventuellen, späteren Einbruch dienen. So blieb ich optimistisch, was meine letzten drei Kilometer bis ins Ziel betraf. Dass ich hier eine erneute Bestzeit aufstellen würde, war mir zu diesem Zeitpunkt bereits klar und es beflügelte mich umso mehr. Meine Vorfreude auf den Zieleinlauf, wo schon meine Family auf mich wartet, wuchs mit jedem Schritt, den ich mich ihr näherte. Außerdem war ich glücklich über den 3. Gesamtplatz, den ich bis KM 18 noch souverän halten konnte.

Allerdings folgt nun doch der erwartete, aber zum Glück nur leichte Einbruch. Nach dem 19. Kilometer (03:48 min) reichte die Kraft auf den letzten 2 km nur noch für 03:53 min/km. Ich spürte erneut ein leichtes Magengrummeln, ignorierte es aber so gut es ging.

Wieder in der Dorfmitte von Spelle angekommen, bog ich kurz links und wieder rechts ab und befand mich auf derselben Straße, auf der wir gestartet sind. Hier waren stellenweise wieder mehr Zuschauer zu erwarten und so zog ich nochmal zum Zielsprint an. Nach zwei engen Linkskurven absolvierte ich die letzten 100 Meter in knapp 20 Sekunden und war dann hinter der Ziellinie doch ganz froh darüber, endlich stehen bleiben zu dürfen. Und das mit einer genialen Verbesserung meiner Bestzeit um 56 Sekunden auf nun 01:20:29 Stunden. Ein Wahnsinnsgefühl. Dass der Schmerz gehen und der Stolz bleiben wird, war ich mir in diesen Sekunden absolut sicher!

Nachher

So locker auch die ersten 18 Kilometer waren, so hart wurde es am Ende auf den letzten dreien. Noch im Zielkanal versuchte ich zu realisieren, wie stark der Lauf heute in Wirklichkeit war. Ich erzählte meiner Family von meinen Eindrücken und kam auch noch mit meinen abgeschlagenen Verfolgern ins Gespräch. Sie fragten, ob meine Tempoverschärfung bei KM 11 so gewollt war und ich flunkerte ein wenig, dass dies so geplant war. Wir gratulierten uns gegenseitig zu unseren guten Leistungen und wünschten uns für die weiteren Wettkämpfe alles Gute.

Bis zur Siegerehrung dauerte es noch einige Zeit, sodass ich mich mit weiteren Läuferkollegen unterhalten konnte und mir noch eine leckere Pommes, etwas Obst und ordentlich kostenloses Erdinger Alkoholfrei gönnte. Dies ist ein After-Run-Angebot nach meinem Geschmack – im wahrsten Sinne des Wortes :-)

Als Gesamtdritter war ich gleichzeitig Dritter in meiner Altersklasse und bekam während der Siegerehrung um 21.30 Uhr neben einer Urkunde auch ein schwarzes Stirnband von der Marke LEX überreicht. Ein schöner Ausklang eines läuferischen Freitagnachmittags und –abends. Nach meiner 4. Bestzeit beim 4. Start in Spelle bin ich mir sicher, dass ein fünftes Mal folgen wird. Ganz sicher!

 

Zahlen & Fakten

Distanz

 

Gelaufene Zeit (Netto)

 

Gelaufene Zeit (Brutto)

 

Altersklasse

 

AK-Platzierung

 

Platzierung (Männer)

 

Gesamtplatzierung

21,0975 km

 

01:20:29 Std.

 

01:20:29 Std.

 

Männl. Hauptklasse (82-91)

 

3. von 14 (21,4%)

 

3. von 170 (1,8 %)

 

3. von 221 (1,4 %)