6. Welt-Down-Syndrom-Tag Marathon Fürth

20.03.2016

Vorher

Die glückliche Zahl, die ich mit diesem Event in Verbindung bringe, ist die „3017“. Denn durch diese Zahl bin ich an einen kostenlosen Startplatz beim 6. Welt-Down-Syndrom-Tag Marathon in Fürth und gleichzeitig an meinen nunmehr 20. Marathon/Ultra gelangt. Aber alles der Reihe nach …
Am 01.02.2016 startete das kleine, schweizerische Laufunternehmen Running.COACH auf seiner Facebook-Seite eine Verlosung, bei der es galt, bis zum 03.02. um 16 Uhr eine Zahl zwischen 1 und 5000 zu nennen. Die beiden Teilnehmer, die den beiden ausgedachten Zahlen am nächsten lagen, waren gleichzeitig die glücklichen Gewinner eines kostenlosen Startplatzes bei diesem Event nahe Nürnberg. Meine Entscheidung zur Teilnahme fiel ich sehr spontan fünf Minuten vor Ende des Gewinnspiels, als ich in einem Edeka Markt an der Kasse stand. Und keine 2,5 Stunden später ereilte mich die Nachricht, dass ich nun auch Fürth unter die Füße nehmen darf. Sehr cool!
Kurzfristig suchten meine Freundin Sophie und ich uns eine kleine Pension in der Innenstadt und fuhren am Samstag vor dem Lauf früh morgens um 9 Uhr los, um vor Ort noch etwas vom Tag zu haben. Pünktlich um 14 Uhr erreichten wir die kleine Stadt und checkten schnell ein. Da das Frühstück am Sonntagmorgen im Preis inbegriffen war, entschieden wir uns am Samstagnachmittag für einen ausgedehnten Spaziergang inklusiv Sightseeing und anschließender Pasta-Party.

Fürth überraschte uns in erster Linie durch seine kleine, aber sehr schöne Altstadt, in der es schmale, dekorierte Gassen und viele kleine, liebevoll angerichtete Gärten gab. Ein wenig schwieriger gestaltete sich daraufhin die Suche nach einem geeigneten Italiener in der Fußgängerzone, wodurch unsere Entscheidung auf ein sehr kitschiges China-Restaurant fiel. Meine Wahl fiel natürlich zugunsten gebratener Nudeln mit Gemüse und Hähnchenbrust, während Sophie sich mit Stäbchen an gebratenen Reis wagte. Dazu gab es leckeren Jasmin-Tee.
Da diese Mahlzeit um etwa 18 Uhr eigentlich unser verspätetes Mittagessen war, verspürte ich trotz großem Teller Nudeln immer noch etwas Hunger. Ich erinnerte mich an unsere Pasta-Party vor dem Big Sur Marathon, als ich problemlos 2 ganze Portionen verdrückt hatte, und spielte mit dem Gedanken, es heute wieder zu tun. Allerdings waren mir die Asia-Nudeln etwas zu fettig und so ging unsere Suche in der Fürther Innenstadt weiter. Keine 15 Minuten später saßen wir doch tatsächlich in einem kleinen, künstlerischen Lokal (pastarello) etwa auf halbem Weg zurück zur Pension und ließen uns von einem waschechten Italiener bedienen. Was ein Glücksfall :-)

Meine zweite Portion Nudeln innerhalb von 30 Minuten waren Caserecce mit Rucola-Pesto und Kirschtomaten – seeehr lecker. Sophie gönnte sich als Nachtisch ein Stück Tiramisu und Cappuccino.
Gegen 19 Uhr waren wir auf dem Weg zur Pension und freuten uns auf einen entspannten Abend vorm Fernseher. Entsprechend müde vom frühen Aufstehen, der langen Fahrt und des Spaziergangs konnten wir die Augen aber nicht mehr lang offen halten. Zum Glück gibt‘s ja Sleep-Timer …
Am nächsten Morgen weckte uns der erste Wecker um 06:45 Uhr. Da ich vor Aufregung ohnehin nicht gut schlafen konnte (obwohl die Betten sehr bequem waren), war das Aufstehen kein Problem für mich. Sophie hatte etwas mehr zu kämpfen, aber schaffte es dann doch, sodass wir gegen 7 Uhr beim Frühstück saßen. Zu ein bisschen Rührei gab es zwei kleine Brötchen mit Käse und Honig und ein Glas Orangensaft. Keine Experimente also. Um kurz vor 8 checkten wir aus und fuhren mit dem Auto knapp 3 Kilometer bis zum Startgelände. Dort gesellte sich zur Nervosität die fast hoffnungslose Suche nach einem Parkplatz. Diese waren rund um den Südstadtpark restlos vergriffen, sodass wir letztlich doch mehrere hundert Meter weiter parken mussten.
Auf dem Weg zur „Grünen Halle“, die den Hauptveranstaltungsort und den Start-/Ziel-Bereich des heutigen Laufs darstellte, durchquerten wir bereits den Südstadtpark, den es für mich heute ganze 32 Mal zu umrunden galt. UmRUNDEN ist allerdings nicht ganz richtig, denn es handelte sich um einen sehr rechteckigen Kurs, wie man auf dem Streckenplan gut erkennen kann.

In der Grünen Halle angekommen fiel sofort der rote Teppich ins Auge, der einmal quer hindurch führte. Auch diesen werde ich 32 Mal überqueren und mich jedes Mal ganz kurz wie ein Superstart fühlen dürfen. Rund um diesen überdachten Streckenabschnitt herrschte schon jetzt eine Wahnsinnsstimmung. Da der Lauf dem internationalen Tag des Down Syndroms und dem damit verbundenen Sammeln von Spenden für die Förderung und Integration von betroffenen gewidmet ist, ist die Veranstaltungshalle entsprechen bunt gestaltet: Neben einer riesigen Emeukal-Puppe und anderen kostümierten Gestalten, gab es gute Musik, super Moderatoren, eine spitzen Kinderbetreuung im ersten Stock und viele andere Dinge, die mit Worten kaum zu beschreiben sind. Nur so werden Berührungsängste von Menschen mit und ohne Behinderung abgebaut.
Um 08:18 Uhr holte ich im ersten Stock meine personalisierte Startnummer ab und ließ mir den Ablauf und die Örtlichkeiten erklären. Auch hier herrschte typisch bayrische Freundlichkeit, wie ich sie schon aus meinem halben Jahr in und um München kannte.

Auf meiner ersten gut 1,3 km langen Aufwärmrunde bekam ich die engen 90°-Kurven schon deutlich zu spüren. Ich stieß mir meinen rechten Ellenbogen an einem Schild an, das in der Ecke als Streckenmarkierung diente. Autsch! Die Kurven mussten also etwas weiter genommen werden, merkte ich, und wusste sofort, dass heute viele Extrameter hinzukommen würden. Diese werden aber nicht nur den insgesamt 7 scharfen Kurven pro Runde geschuldet sein, sondern auch den vielen Ausweichmanövern. Denn nicht nur die knapp 30 Marathonis befinden sich auf dem zum Teil sehr schmalen Kurs, sondern zudem 146 Sechs-Stunden-Läufer, 105 Halbmarathonis und 44 Staffelläufer, die allesamt um 9 Uhr starten sollten.
Diese Aussichten sollten meine Stimmung aber nicht trüben, denn meine Ambition ist wie schon häufig keine neue Bestzeit, sondern eine weitere solide Zeit unter der 3-Stunden-Barriere. Diesem Vorhaben könnte einzig und allein mein lädiertes linkes Knie einen Strich durch die Rechnung machen. Seit mehreren Wochen habe ich mit mal größeren und mal kleineren Beschwerden zu kämpfen. Schnelle Zeiten sind nach wie vor möglich, aber wie sich das Knie nach 30-35 Kilometern verhält, weiß ich noch nicht. Hauptsache Spaß haben und nicht zu viel Nachdenken, redete ich mir ein. Alle anderen Faktoren waren nämlich nahezu perfekt: Windstille, bewölktes Wetter, etwa 5°C und nach wie vor eine gute Stimmung bei allen Teilnehmern und Zuschauern.
Um kurz vor 9 machte ich mich zusammen mit Sophie auf den Weg zu meiner heutigen Startlinie, die ein wenig im Inneren des Parks lag. Grund hierfür ist die Streckenlänge, die nur so auf die vermessenen 42,195 km kommt. Der einzige Nachteil war jedoch, dass wir auf die kurz vor uns startenden Halbmarathonis und die Sechs-Stunden-Läufer auflaufen würden, wenn wir die Strecke nicht verlassen wollen. Na dann lasse ich mich überraschen.

Kurz vor dem Startsignal kam ich mit einem anderen Läufer ins Gespräch, der mir mitteilte, dass er eine Zeit von unter 02:50 Stunden anpeilte. Sicher ein Kandidat, mit dem man auf den ersten Runden gut zusammenarbeiten könnte, dachte ich mir … und dachte er sich sicher auch. Mein Namensvetter Patrick (so hieß er tatsächlich) signalisierte, dass wir uns an den vor uns startenden Läufergruppen vorbeimogeln sollten, um am Anfang freie Fahrt zu haben. Ich war ganz seiner Meinung und freute mich auf die kommenden Runden mit dem sympathischen Bayern.
Nach einem letzten Kuss von Sophie begaben wir uns hinter das Startbanner, welches rechtzeitig auseinander gerissen werden sollte. Pünktlich um 9 Uhr hörten wir aus der gut 150 Meter entfernten Grünen Halle das ersehnte Startsignal und wurden freigelassen.

Der Lauf

Nur mit dem besagten Abkürzen über die Innenkurven konnten wir den großen Läufermassen schnell genug entschwinden. Sofern wir die zwei-drei Meter nachher wieder gutmachen, war alles im Bereich des Erlaubten, habe ich mir gedacht. Nach der ersten 90°-Rechtskurve des eigentlichen Streckenkurses folgte sehr bald die zweite, denn dann war die nördliche, kurze Seite des Kurses geschafft. Es folgte die erste lange Gerade, auf der man sich ausreichend Platz verschaffen konnte. Während wir linkerhand an vielen, modernen Reihenhäusern entlang liefen, passierten wir auf der rechten Seite einen kleinen Spielplatz, auf dem Sophie gleich mal das erste Streckenfoto von mir knipste. 

In großen Schritten ging es auf eine leichte Schikane zu, die ich aber nicht als Rechts-Links-Kurve werten möchte. Hier befand sich eine große Musikanlage mit großen Boxen, aus denen bekannte Rock-Lieder dröhnten. Von ACDC mit “Highway to Hell” bis „I was made for loving you“ von Kiss war alles dabei. Und dazu laut genug, dass man als Läufer schon 100 Meter davor und noch 100 Meter dahinter was davon hatte.

Am südlichen Ende des Parks nach etwa 700 Metern folgte die dritte scharfe Rechtskurve und auch hier standen – wie an allen Ecken – mindestens zwei Helfer, die nicht nur auf das Einhalten der Regeln hinsichtlich Abkürzen achteten, sondern in erster Linie lauthals mit anfeuerten. Klasse & Dankeschön!
100 Meter weiter dann die vierte Rechtskurve und schon befanden wir uns auf der Zielgeraden zurück zur Grünen Halle. Während die Hauptstrecke schön fein asphaltiert war, mussten wir schnellen Läufer häufiger Mal nach links oder rechts ausweichen und unsere Überholvorgänge über die Schotterflächen durchführen. Da kamen wir heute nicht drum rum.

Bei KM 1 piepte meine neue GPS-Laufuhr deutlich und zeigte mir 04:01 min an. Für den Startkilometer in Ordnung, jedoch durfte es gern ein wenig langsamer werden. Nach 1100 Metern standen auf der linken Seite zwei Dixi-Klos, gefolgt von mehreren gut bestückten Verpflegungstischen, von denen ich heute wahrscheinlich nicht allzu häufig Gebrauch machen würde. Ich ahnte, dass später zunehmend Betrieb um die Getränketische herrschen wird und es sich meist um Genussläufer handeln wird, die vor den Tischen stehen bleiben werden. Und ich sollte Recht behalten.
Kurz vor Einlauf in die Grüne Halle gab es eine von zwei scharfen Linkskurven auf einer Fläche mit grobem Kopfsteinpflaster, bevor eine sehr enge 180°-Rechtskurve folgte. Erst dann befand man sich bei KM 1,3 und vor dem engen Zugang zum roten Teppich. Die Stimmung wurde besser, die Musik lauter, der Moderator gab sein Bestes und es machte tatsächlich Spaß … noch! Da auf dem Teppich maximal drei Läufer nebeneinander herlaufen konnten, fing das Gedränge eigentlich schon in der ersten Runde an. Mit lauten „Vorsicht-Links“- oder „Vorsicht-Rechts“-Rufen war es nicht getan, denn sowohl Läufer, als auch die Zuschauer und die jungen Cheerleaders waren rundum abgelenkt. Also Arme ausstrecken, ganz leicht Schieben und selbst aufpassen lautete die Devise!

Die folgenden beiden Kilometer wurden zum Glück langsamer (KM 2 in 04:08 min und KM 3 in 04:10 min) und so konnte ich mich mit Patrick absprechen, welche Pläne wir für den heutigen Tag hatten. Auch er startete erstmals bei dieser Veranstaltung und war über meine Bestzeit von 02:43:50 Stunden erstaunt. Jedoch machte ich ihm deutlich, dass ich heute nicht topfit sei. Insgeheim war ich mir zudem sehr sicher, dass er mich bald hinter sich lassen könnte, aber allzu sehr Tiefstapeln wollte ich auch wieder nicht.
Bis einschließlich KM 10 verlief das Rennen recht gleichmäßig und ganz nach meinem Geschmack: mal führte Patrick unser Duo an und mal wieder ich und bis auf zwei Ausnahmen von Kilometerzeiten unter 4 min, bewegten wir uns bei etwa 04:06 min/km.
Was die vielen Überrundungen betrifft, so lagen die Knackpunkte tatsächlich nur auf dem roten Teppich und in den Kurven. Jeweils auf den Geraden war es kein Problem, mal auszuweichen, auch wenn der Schotter in Summe ein paar Sekunden kosten mochte.

Nach den ersten 10 Kilometern in 40:40 min folgten ein paar flottere Runden. Die Beine waren zwar müde und die Kurven machten sie müder, aber zumindest hielt mein linkes Knie der Belastung stand. So kam es, dass wir das Tempo minimal erhöhten: Die KM 11 bis 18 lagen im Schnitt bei 03:58 min/km und fühlten sich dennoch gut an. Nichtsdestotrotz antwortete ich Patrick auf seine Frage, ob mir das Tempo gefällt, dass mir Kilometerzeiten von über 4 Minuten besser täten.

Und so kam, was kommen musste. Ab KM 18 löste sich mein Kontrahent Zentimeter für Zentimeter, Meter um Meter. Er schaute sich noch drei-viermal um, doch ich signalisierte ihm mit Handbewegungen, er solle allein weiterlaufen. „Allein“ stimmt natürlich nicht ganz, denn um uns herum waren immer noch unzählige Läuferinnen und Läufer, aber Ihr wisst, was ich meine.
Bis zur Halbmarathon-Marke blieb ich auf Tuchfühlung und konnte schließlich eine Durchgangszeit von 01:24:59 Stunden verbuchen. Diese Zeit mal Zwei und ich wäre überglücklich. Aber so einfach würde es heute nicht werden.
Mit zunehmender Zeit riskierte ich auch den einen oder anderen Blick auf den Bildschirm über dem Ausgang aus der Halle. Dieser zeigte den aktuellen Runden- und Kilometerstand und die Platzierung eines jeden Läufers nach dessen Übertreten der Ziellinie. Die dortige elektronische Messmatte zählt nämlich nicht nur die Runden, sondern sendet die Infos unmittelbar an den besagten Bildschirm. Doch da die Zahlen recht klein und die Informationen umfangreich waren, war diese Auskunft wohl eher etwas für die Zuschauer und die langsameren Läufer.

Nach den ersten 16 Runden (= 21,1 km) folgte eine Serie aus 6 km in einem Tempo von etwa 04:08 min/km (+/- 3 sek). Eine solche Geschwindigkeit bis ins Ziel zu halten, wäre wie gesagt ein Traum, aber erste Probleme im rechten Fußgelenk machten sich bemerkbar. Diese waren ganz klar den vielen Rechtskurven geschuldet, sodass ich die Kurven von nun an noch etwas weiter nehmen musste. Echt ärgerlich für den Laufrhythmus, aber hier herrschten zum Glück gleiche Bedingungen für alle.

Zwischenzeitig verspürte ich aber Lust auf mehr und drückte den einen oder anderen Kilometer unter die 4-min-Grenze (KM 28 und 33 in 03:59 min). Es war nach wie vor die Stimmung, die die Strapazen vergesse ließ, und auch die vielen jungen Läufer sorgten für Ablenkung. Besonders amüsant waren die tapferen Teilnehmer mit Down Syndrom, die sich von den Anfeuerungsrufen und der Rock-Musik besonders mitreißen ließen. Häufig tanzten sie minutenlang auf der Stelle, bevor es im Trab weiterging. Meinen Respekt verdienen diese Menschen allemal. Sie zeigen uns, zu was der Körper trotz vermeintlicher Einschränkung fähig ist.
Irgendwann zwischen KM 25 und 30 riskierte ich dank einer großen Lücke am Verpflegungstisch einen ersten Griff zu einem Getränkebecher. Allerdings erwischte ich leider nur warmen Zitronentee und da ich nicht weiß, wie dieser auf meinen Magen anschlägt, trank ich lediglich einen kleinen Schluck und warf den Becher wieder weg. Keine Zeit verlieren und vielleicht klappt es bei einer der nächsten Runden besser. Noch hielt sich der Durst in Grenzen.

Zwei Runden später ging der Griff abermals zu einem Becher, doch diesmal erwischte ich ein Iso-Getränk. Auch hier flossen nur ein-zwei Schlucke in den Rachen, der Rest in eine der aufgestellten Mülltonnen. Schade, aber die letzten paar Kilometer packe ich das schon, dachte ich mir.
Fünf Runden vor Schluss kam dann der Mann mit dem Hammer. Knapp 7 Kilometer musste ich nun kämpfen, wie ich es schon zu häufig musste. Die müden Beine fingen an zu Verkrampfen. Waden und Oberschenkel gleichermaßen. Jeder Schritt wurde kürzer, als der vorherige, und das wurde an den Kilometerzeiten mehr als sichtbar: KM 37 in 04:21 min, KM 38 in 04:32 min, KM 39 in 04:40 min, KM 40 in 04:47 min, KM 41 in 04:44 min und KM 42 in 04:50 min.
Die einzige Motivation gab mir nur noch Sophie, indem sie mich auf den letzten 4 Runden am Streckenrand aufbaute und ganz kurze Passagen begleitete. Den restlichen Rummel um mich herum nahm ich gar nicht mehr wahr. Roter Teppich hin oder her, Musik links rein, rechts raus, völlige Leere im Kopf und müde Augenlider, die mir zufielen. Auf meiner 29. Runde schaute mich Sophie vom rechten Streckenrand fragend an und reichte mir einen Becher. „Leitungswasser“ rief sie mir zu. „Endlich!“ dachte ich mir und war dafür unendlich dankbar. Den Becher trank ich direkt leer und hoffte, dass Sophie bei der nächsten Runde wieder gegenüber vom Getränkestand stehen würde. Sie wusste bereits, dass es mir miserabel ging. Erstens habe ich ihr dieses zugerufen und zweitens sah man es mir sicher an.
Auf meiner 30. Runde stand sie wieder da und ich schlug die entsprechende Richtung ein: rechts vorbei an allen Läufern. Ob ich Sophie ein „Danke“ zugerufen habe, weiß ich nicht mehr, aber dankbar war ich allemal. Und auch auf meiner vorletzten Runde gab es für mich den dritten ersehnten Becher Wasser. Diesmal rief ich Sophie zu, sie solle bei der nächsten Runde in der Halle auf mich warten. Sie antwortete schnell, dass sie im Ziel auf mich warten würde. Das erlösende Ende dieser Rundendreherei war zum Greifen nah.
Schon nach einem Drittel der 32. Runde piepte meine Uhr und kündigte den 42. Kilometer an. So folgten also noch etwa 750 Meter, für die ich 05:48 Minuten bis zur 3-Stunden-Grenze gehabt hätte. Das sollte doch machbar sein, oder?

Da es mir nicht mehr auf Sekunden ankam, ersparte ich mir einen Schlusssprint und joggte zum wohl verdienten zweiten Platz. Den Einlauf auf dem roten Teppich nach nunmehr 160 scharfen Rechtskurven und 64 Linkskurven konnte ich dann wider Erwarten doch genießen! Ich streckte die Arme aus, schaute nach links in die Halle hinein und freute mich auf die Ziellinie, hinter der ich sofort stehen geblieben bin. 02:57:40 Stunden! Das war’s: Marathon Nummer 20! ZWANZIG Mal diese Quälerei … und wieder war’s schlimm … und wieder war’s GEIL!

 

Nachher

Von irgendwo wurde mir eine kleine Flasche Wasser gereicht, die ich gern entgegennahm und in zwei Zügen leerte. Dann folgte ebenso schnell ein Mikro, das mir gefühlt 4 Sekunden nach Zieleinlauf vor den Mund gehalten wurde. Warum ich nicht so erschöpft, wie der Sieger sei, wurde ich gefragt. „Bitte was?!?“ Ich sehe nicht erschöpft aus, habe ich mich gefragt. Wie ist das möglich, während ich doch an einen großen Blumenkübel gelehnt bin und mir schummrig vor Augen wird? Ich antwortete, das sei die Erfahrung, und fügte direkt hinzu, meine Antwort sei nur Spaß. Daraufhin folgte ich Frage zum Thema Spaß und ob mir der Lauf Spaß bereitet habe. Ich sagte meine ehrliche Meinung und sprach in erster Linie ein ganz großes Lob an die Stimmung in der Halle aus: „Chapeau!“. Dass ich zum Ende des Laufs hin kaum noch Spaß verspürt habe, ließ ich natürlich außen vor.
Nachdem mir die Hauptorganisatorin ebenfalls gratuliert und mir eine weitere Flasche Multivitaminsaft gereicht hat, wechselte ich noch ein-zwei Worte mit dem Sieger und widmete mich dann nur noch Sophie. Ich dankte ihr für die unermüdliche Unterstützung gerade zum Ende hin und freute mich, dass sie auch Spaß gehabt hat, wie sie mir versicherte.
Wir machten uns gemeinsam auf den Weg zum Auto und fuhren dieses dann näher an das Veranstaltungsgelände. So konnte ich mit meinen Dusch- und Wechselsachen schneller unter die Dusche hüpfen und mich auf die Siegerehrung vorbereiten. Die Duschen befanden sich – sehr abenteuerlich – in einem aufblasbaren Zelt, ähnlich einer Hüpfburg. Das Wasser war zum Glück nicht kalt, aber für mich Warmduscher dennoch kein Genuss. Umso schneller war ich fertig und so kam es mir entgegen, dass die Siegerehrung nicht lange auf sich warten ließ.
Nachdem Sophie und ich uns noch schnell mit dem barfuß laufenden Pumuckl abfotografieren ließen, folgte um 13:15 Uhr die Ehrung der ersten drei Läuferinnen und Läufer. Die Siegerin bei den Damen war im Übrigen mit ihren 03:20:23 Stunde Gesamtdritte des gesamten Läuferfeldes, nicht schlecht.

Wie ich nun realisierte, kam der Sieger beinahe genau 4 Minuten vor mir ins Ziel. Auch er musste federn lassen. Wäre ich heute Knie-technisch fit und ausgeschlafen gewesen, wäre es zwischen uns beiden sicher noch spannend geworden.
Und was meine Zeit betrifft, da gab es nachträglich noch eine merkwürdige Korrektur von 8 Sekunden, die mir hinzuaddiert wurden. Meine offizielle Zeit beträgt somit 02:57:48 Stunden, naja, was soll’s?
Als Preis erhielten wir zusätzlich zu einem schönen Pokal aus durchsichtigem Kunststoff einen Geschenkkorb mit Spezialitäten aus Fürth und Umgebung: neben verschiedenen Teesorten gab es Kandiszucker, eine Ringelblumen Salbe, einen Fruchtriegel und einen orangenen Regenschirm. Eine sehr schöne Idee, wie ich finde, und für mich Fürth-Touristen ein gelungenes Andenken an ein wunderschönes, kurzes Wochenende.
Zum Abschluss sind Sophie und ich noch in die Nürnberger Innenstadt gefahren, um unseren Kurztrip bei einer großen Pizza mit anschließendem Espresso Macchiato zu krönen.

Zahlen & Fakten

Distanz

 

Gelaufene Zeit (Netto)

 

Gelaufene Zeit (Brutto)

 

Altersklasse

 

AK-Platzierung

 

Platzierung (Männer)

 

Gesamtplatzierung

42,195 km

 

02:57:48 Std.

 

02:57:48 Std.

 

Männl. Hauptklasse (87-96)

 

1. von 2 (50,0 %)

 

2. von 22 (9,1 %)

 

2. von 29 (6,9 %)