42. Medibank Melbourne Marathon

13.10.2019

Vorgeschichte

Als meine Freundin Sophie und ich erfahren hatten, dass ihre ältere Schwester Lisa gemeinsam mit ihrem Freund Kai für ein Jahr nach Australien reist, stand für uns ein Besuch „down under“ natürlich völlig außer Frage. Mit der Zeit wurden wir uns über den Reisezeitpunkt einig und entschieden uns dafür, dem deutschen Herbst zu entfliehen und den australischen Frühling zu genießen.

Am internationalen Schnäppchentag „Black Friday“, den 23.11.2018, buchten wir unseren Gabelflug mit der Fluggesellschaft Etihad und freuten uns über die sehr angenehmen Flug- und Umstiegszeiten. In nur 22 Std. 10 min sollte es von Frankfurt über Abu Dhabi nach Sydney gehen, während der Rückflug gut drei Wochen später ab Melbourne via Abu Dhabi 22 Std. 45 min dauern sollte. Was mich besonders freute, war die Tatsache, dass wir unter anderem 14 Std. mit dem weltweit größten Passagierflugzeug – dem A380 – reisen würden.

Und auch preislich meinen wir, ein gutes Los gezogen zu haben, da uns die Langstreckenflüge 833 € pro Person kosteten. Für die Anreise nach Frankfurt würde lediglich noch ein ICE-Ticket in Höhe von 19,90 € p.P. hinzukommen.

Wie es mein Naturell will, recherchierte ich im Vorhinein nach einem Marathon im Südosten Australiens, der gut in unseren Reiseplan passen könnte. Dabei stieß ich auf zwei potentielle Kandidaten: den Blackmores Sydney Marathon am 15.09.2019 oder den Medibank Melbourne Marathon am 13.10.2019. Beide Läufe abzuhaken würde über 4 Wochen Urlaub und viel Überzeugungsarbeit kosten, sodass Sophie und ich uns gemeinsam für den späteren Lauf entschieden. Zum einen passte es besser in ihren Uni-Terminkalender, zum anderen würde das Wetter im Oktober schöner als im September sein.

Meine Anmeldung für Australiens größten Marathon erfolgte am 03.12.2018 und war nicht nur ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk, sondern in erster Linie ein Geburtstagsgeschenk meiner Eltern, die mir den größten Teil der Startgebühr finanzierten. Dankeschön!

Im Verlauf der nächsten Monate nahm unsere Reisplanung mehr und mehr Gestalt an und die Vorfreude auf einen abenteuerlichen Ausflug ans andere Ende der Welt stieg spürbar. Da Sophie als Studentin auf eine möglichst günstige Reise bedacht war und auch ich Spaß an Schnäppchen habe, konzentrierten wir uns auf ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis. In den geplanten drei Wochen wollten wir dennoch möglichst viel sehen und erleben, sodass unsere Wahl auf zwei günstige Inlandsflüge und eine 10-tägige Fahrt mit einem Campervan fiel. Zum Reiseablauf später mehr.

Außerdem ging mit unserem Australien-Urlaub eine weitere Besonderheit einher: Sophies Eltern ließen sich um die Jahreswende herum ebenfalls vom Marathonfieber anstecken und entschieden sich, in Melbourne ihren dritten bzw. vierten Marathon zu laufen. Da sie wussten, was sie erwartet, freute ich mich über deren Entschluss und unterstützte dies gleich mal mit ein paar Trainingstipps. Während für uns der Melbourne-Aufenthalt am Urlaubsende geplant war, würden Sophies Eltern damit starten und noch zwei Wochen hinten dranhängen.

In den Frühlings- und Sommermonaten trainierten wir das eine oder andere Mal gemeinsam und organisierten kurz vor Abreise noch das Zusammentreffen in der südaustralischen Metropole. Alles erschien bestens vorbereitet und die Vorfreude stieg weiter.

 

MO, 23.09.19   -   FRANKFURT

Da unser ICE-Ticket für die Route Hamburg-Frankfurt ausgestellt war und wir bei der Buchung noch nicht ahnten, dass uns mein Jobwechsel nach Melle verschlägt, mussten wir etwas umdisponieren. Entweder musste ein neues Ticket her oder wir fahren mit dem Auto nach Hannover, der nächstliegenden Stadt, durch die der gebuchte Zug fährt. Wir entschieden uns für Letzteres und parkten das Auto am frühen Montagabend in einer Siedlung nördlich des Bahnhofs. Auf dem Fußweg zum Bahnhof machten wir in einem kleinen Penny Markt Halt und kauften uns etwas Verpflegung für die Zugfahrt und Süßigkeiten für Lisa und Kai.

Dann erreichten wir verschwitzt und mit nur wenigen Minuten Puffer das Gleis und setzten erst mal unsere schweren Backpack-Rucksäcke ab. Da ich noch nie mit einem solch großen Ding auf meinem Rücken verreist bin, hatte ich besonders damit zu kämpfen.

Pünktlich um 18:24 Uhr ging es dann los Richtung Frankfurt, das wir ohne weiteren Umstieg ebenfalls pünktlich um 21:00 Uhr erreichten. Der dortige Fußweg zu unserem Hostel-Zimmer war nur wenige hundert Meter lang, sodass wir uns – mit zwei Asia-Nudel-Boxen ausgestattet – schnell ins gemütliche Bett pflanzen und den ersten Urlaubsabend ausklingen lassen konnten.

Die anstrengenden Tage des Umzugs und der Einrichtung unserer ersten gemeinsamen Wohnung waren mit jeder Zelle unseres Körpers zu spüren. Wir waren durch und durch platt, leider auch manchmal etwas schlecht gelaunt und wussten den bevorstehenden Urlaub daher sehr zu schätzen. Nun hieß es, Deutschland und all die Arbeit hinter sich zu lassen!

 

DI, 24.09.19   -   FLUG

Am nächsten Morgen checkten wir um 8 Uhr aus und stapften voll bepackt zum nächsten kleinen Supermarkt, wo wir uns Brötchen und für Sophie Hustenbonbons kauften. Am Bahnhof gab es noch zwei Coffee-to-go dazu und schon waren wir mit der S-Bahn auf dem Weg zum großen Frankfurter Flughafen.

Dort angekommen kontrollierten wir noch schnell unsere Taschen, bevor diese final aufgegeben wurden. Dann ging es mit unseren kleineren Rucksäcken Richtung Boarding-Bereich, wo Sophie uns jeweils eine Thrombose-Spritze in den Bauchspeck verabreichte. Ich hätte das trotz sehr kleiner, dünner Nadel nicht hinbekommen.

Mit knapp zwei Stunden Puffer vor Abflug konnten wir nun unser mitgebrachtes Frühstück genießen und schon mal den sogenannten Dreamliner, die Boeing 787, bestaunen.

Da wir beide bisher noch nie so lange und komfortabel geflogen sind, waren wir entsprechend aufgeregt. Ich persönlich freute mich auf das Tetris-Spielen, während Sophie plante, mehre Filme zu gucken. So waren wir beide glücklich und genossen den ersten gut sechsstündigen Flug nach Abu Dhabi.

Dort ging der Transfer im stark klimatisierten Flughafengebäude sehr schnell vonstatten, sodass wir nur knapp eine Stunde später schon im Wartebereich des nächsten großen Fliegers, des Airbus A380, saßen. Um 21:50 Uhr Ortszeit hoben wir ab und verabschiedeten die Vereinigten Arabischen Emirate, von denen wir aufgrund der Dunkelheit so gut wie nichts gesehen hatten.

Auf den nun folgenden 14 Stunden versuchten wir, eine Mütze Schlaf abzukriegen, was uns leider recht schwerfiel. Erst wenige Stunden vor der Landung waren wir müde genug, um noch etwas Kraft für den bevorstehenden Tag zu tanken. Dieser war zwar in Sydney schon recht weit fortgeschritten, aber wir wollten ja dennoch etwas erleben.

 

MI, 25.09. – DO, 26.09.19   -   SYDNEY

Nach einer sanften Landung um 17:50 Uhr brauchte es noch einige Zeit, bis wir aus dem Sicherheitsbereich heraus waren und unsere unversehrten Rucksäcke vom Kofferband abholen konnten. Draußen wartete bereits Sophies Schwester Lisa auf uns. Ihr Empfang war für Sophie eine große Überraschung, während ich im Vorfeld eingeweiht war. Lisa und ihr Freund Kai wohnten nämlich im knapp 3 Stunden entfernten Canberra, weshalb wir zunächst nicht geplant hatten, uns am Anreisetag schon zu sehen. Der Besuch der Australischen Hauptstadt war erst für die kommenden Tage vorgesehen.

Da Lisa uns mit ihrem großen, alten Campervan abholte, brauchten wir einerseits nicht selbst im Linksverkehr fahren und andererseits keine öffentlichen Verkehrsmittel aufsuchen. So sparten wir etwas Zeit und waren nicht allzu spät im 14 km entfernten, sehr zentral gelegenen Asylum Backpackers Hostel.

Da Sophie keinen Verdacht schöpfen sollte, dass ihre Schwester uns abholen und den ersten Tag in Sydney mit uns verbringen will, war lediglich eine Nacht in einem Zimmer für Zwei gebucht (42 €). Lisa erklärte sich schließlich bereit, im Van zu nächtigen. Vorher spazierten wir aber noch etwas die William Street auf und ab und gönnten uns in einem kleinen asiatischen Imbiss eine bezahlbare Pizza.

Am nächsten Morgen tranken wir im Zimmer noch eine Tasse Kaffee, checkten dann gegen 10 Uhr aus und fuhren gemeinsam Richtung „The Rocks“, dem ältesten Stadtviertel der Stadt in unmittelbarer Nähe zur Sydney Harbour Bridge. Hier wollten wir nach einem reichhaltigen Frühstück unsere private, gut dreistündige Besichtigungstour rund um die Bucht starten. Bereits jetzt blitzte hier und da das weltberühmte Opernhaus zwischen den imposanten Gebäudetürmen hindurch, was uns schon ganz aufgeregt machte.

Als es für Sophie und mich um kurz vor 13 Uhr auf den besagten Rundweg ging, verabschiedete sich Lisa für diese Zeit, um ein wenig Ruhe und Kraft zu tanken. Wir stapften los und visierten zunächst die kolossale Brücke an, von der die Aussicht auf das Opera House am schönsten sein soll.

Trotz Sonnenschein wurde es uns bei dem windigen Spaziergang über die 1.149 Meter lange Brücke ganz schön kalt. Somit waren die knapp 100 Fotos schnell im Handy und wir recht bald auf der anderen Uferseite. Man hätte zwar noch auf die Spitze des ersten Brückenpfeilers steigen können (Pylon Lookout), doch war uns das dann doch etwas zu kalt und zu teuer.

Auf der anderen Seite hatten wir nochmals die Möglichkeit, von einem niedriger gelegenen Aussichtspunkt (Copes Lookout) schöne Fotos zu schießen. Wir fühlten uns wie die absoluten Ober-Touris – die wir ja auch waren – und genossen es einfach, plötzlich in einer völlig neuen Welt zu sein. Der gefürchtete Jetlag war schnell vergessen bzw. trat gar nicht erst ein.

Wir spazierten weiter am Milsons Point vorbei zum ufernahen Freizeitpark „Luna Park“, der mit seinem riesigen Eingangstor und den derzeit noch geschlossenen Fahrgeschäften an einen Geisterpark erinnerte. Wir schlenderten kurz hinein und erinnerten uns schnell an den Wiener Prater. Wie schon im Mai dieses Jahres sind wir auch hier nicht allzu lang geblieben und steuerten somit das nächsten Ziel an.

Anschließend ging es gegen den Uhrzeigersinn um die Lavender Bay herum bis wir am McMahons Point den kleinen Fährhafen erreichten. Von dort ging es mit der Fähre in nur 9 Minuten zum Circular Quay, wo wir die Oper nochmal von Nahem anschauen und fotografieren konnten.

Nach kurzer Abstimmung mit Lisa hatten wir schließlich vereinbart, dass Sophie und ich zu Fuß zu ihr zurücklaufen. In der Zwischenzeit hatte sie den Campervan in einem kostenlosen Areal geparkt, das in der Nähe unseres Hostels lag. Um dort hinzukommen, durchkreuzten wir den wunderschönen Royal Botanic Garden. Wenn noch etwas mehr Zeit gewesen wäre, hätte man auch hier einen wundervollen Nachmittag mit Picknick verbringen können.

Was mich am meisten faszinierte, war das enge Zusammenspiel zwischen Großstadt-Atmosphäre und sattem Grün mit vielen exotischen Bäumen und Pflanzen. Diese Form der Symbiose ist mir aus anderen Ländern bisher nicht bekannt. Und wie sich im Verlauf unserer Reise herausstellen sollte, ist das nicht nur in Sydney der Fall.

Gegen 16 Uhr waren wir zurück am Van und hatten bis zu diesem Zeitpunkt ganze 8 km zu Fuß zurückgelegt. Entsprechend k.o. waren wir mittlerweile und so freuten wir uns sehr darüber, dass Lisa die lange Autofahrt nach Canberra auf sich nahm. Vielen lieben Dank dafür!

Vielleicht war es auch der Jetlag, der mich zum Ende der langen Fahrt tief und fest schlafen lassen hat. Erst knapp 4 Stunden später kamen wir in der dunklen, sehr ruhigen Hauptstadt Canberra an, die mit dem Chaos der 5-Millionen-Einwohner-Stadt Sydney rein gar nichts zu tun hatte.

Hier war die Welt noch in Ordnung, wie wir in den kommenden Tagen erfahren würden.

Am Abend gab es große, leckere Burger, die uns Kai zubereitet hatte. Wir genossen die letzten Stunden des Tages zu viert, tranken ein-zwei Bierchen und tauschten uns über alles Mögliche aus. Dabei wurden auch schon erste Pläne für die Folgetage geschmiedet.

 

FR, 27.09. – SO, 29.09.19   -   CANBERRA

Nachdem wir ausgeschlafen und gesund gefrühstückt hatten, entführte uns Lisa zu einer großen Wiese, wo es häufig unzählige Kängurus zu sehen gibt. Diese sollen sogar recht zahm sein, sodass man sich bis auf wenige Meter an sie heranpirschen kann.

Sophie und ich waren ganz aufgeregt und im ersten Moment etwas enttäuscht, als wir keine Tiere sahen. Doch plötzlich bewegte sich etwas, das sehr gut getarnt war, und verriet uns das Versteck. Mindestens zehn Kängurus lagen im Schatten einiger Bäume und hatten uns sicher längst entdeckt und beobachtet. Wahnsinn!

Als nächstes fuhren wir weiter zum National Arboretum, einer 250 Hektar großen Anlage mit vielen neu gepflanzten Bäumen und einem modernen Besucher-Informationszentrum auf einem der Hügel. Dieses Großprojekt wurde in Folge der großen Brände in 2001 und 2003 gestartet, um die Landschaft allmählich wieder zu renaturieren.

Das nächste kleine Highlight – oder besser gesagt: die nächsten kleinen Highlights – waren zig unterschiedliche Bonsai-Bäume, die in einem separaten Bereich des Informationszentrums ausgestellt waren. Zusätzlich wurden mit Figuren aus Plastik, Stein und Holz reale Szenen aus den Herkunftsländern der Bäume nachgestellt. So konnte man an jedem Baum in eine neue kleine Welt eintauchen.

Anschließend fuhren wir zum 5 km entfernten Botanischen Garten und setzten dort unsere Besichtigung der australischen Tier- und Pflanzenwelt fort. Neben vielen unterschiedlichen Regenwaldpflanzen konnten wir gelegentlich bunte Papageien und so manche Bodenvögel, wie z.B. Enten, beobachten. Außerdem sollte auf Schlangen geachtet werden, die hier stellenweise gesichtet wurden. In solchen Fällen wurden entsprechende Warnschilder aufgestellt.

Einige Zeit später führte unser Weg an einem kleinen Teich mit großen Steinfelsen vorbei. Dass wir darauf aufmerksam geworden sind, war einem seltsamen Geräusch zu verdanken, das in unregelmäßigen Abständen zu hören war. Mich erinnerte es an den Ton, den man erzeugt, wenn man mit der flachen Hand auf einen Porzellanbecher haut. Etwas dumpf, etwas metallisch.

Es dauerte ein paar Minuten, bis wir herausfanden, dass es sich um die Kommunikation der dort lebenden Leguane handelte. Man kann es mit einer Art Grunzen vergleichen, das unterschiedlich häufig und unterschiedlich laut zu hören war.

Nach einem Kaffee und einem Stück Kuchen im schnuckeligen Café des Botanischen Gartens machten wir uns auf den Nachhauseweg. Als Abstecher fuhren wir nochmal zu der großen Känguru-Lichtung von heute Morgen und siehe da … über 30 Kängurus genossen die Abendsonne und ließen sich von uns ganz entspannt fotografieren. Sobald wir jedoch auf wenige Meter herankamen, wurde entweder schnell weggehoppelt und laut gefaucht.

Bevor die Sonne ganz untergegangen war, fuhren wir nach Hause, sammelten Kai ein und fuhren weiter zum Mount Ainslie Lookout, einem nahegelegenen Berg, von dem man einen wunderschönen Ausblick über die Stadt, den Lake Burley Griffin und den Sonnenuntergang hatte.

Da es nun sehr kühl geworden war, kuschelten Sophie und ich uns aneinander und genossen die Aussicht Arm in Arm. Nach zwei-drei obligatorischen Fotos schlenderten wir zurück zum Auto und entdeckten auch dort nochmal eine kleine Känguru-Familie. Schon aufregend, wie viele dieser schönen Tiere es hier doch gab.

Zurück in Lisas und Kais WG bereiteten wir gemeinsam das Abendessen zu und chillten anschließend auf dem Sofa. Da uns die vielen Eindrücke und womöglich auch noch der Jetlag ordentlich müde gemacht hatten, ging es zeitig ins Bett.

Am nächsten Morgen war ich bereits um 05:50 Uhr hellwach, was ich mir zunutze machen wollte. Ein etwas längerer Trainingslauf war geplant und da es dafür tagsüber zu wenig Zeit gab, musste der frühe Morgen herhalten. Aber etwas Gutes hatte die frühe Uhrzeit, denn erstens waren die Temperaturen zu diesem Zeitpunkt noch sehr angenehm und zweitens war das die beste Vorbereitung für den Melbourne Marathon, der in 15 Tagen um 7 Uhr starten sollte.

Somit war ich bereits um 6 Uhr in meinen Laufklamotten vor dem Haus und fröstelte ein wenig, bevor meine Uhr ein GPS-Signal gefunden hatte. Auf nüchternen Magen waren mindestens 30 km geplant, die einmal vollständig um den Lake Burley Griffin im Herzen Canberras herumführen sollten. Die Laufstrecke konnte währenddessen aber noch abgekürzt werden, denn rund um den See waren drei unterschiedliche Runden im Angebot: der blau markierte Western Loop mit 16 km, der gelb markierte Central Loop mit 4,9 km und der rot markierte Eastern Loop mit 9 km.

Nach knapp 2 km durch verschlafene Siedlungen erreichte ich den See und startete zunächst mit dem Western Loop in westlicher Richtung. Das Schönste in der ersten Stunde des Tages war die absolute Ruhe. Lediglich ein paar Papageien zwitscherten und drei-vier Radfahrer grüßten freundlich, ansonsten war aber nichts zu hören. Der leichte Nebel über dem stillen Wasser verstärkte diese Atmosphäre zusätzlich.

Über leicht wellige Laufwege ging es meistens ufernah im Uhrzeigersinn um den See herum und je weiter ich mich von der Stadt entfernte, desto mehr dachte ich über wilde Tiere nach: Was ist, wenn mir hier eine Schlange oder ähnliches begegnet und ich das Tier nicht früh genug entdecke? Sobald mir diese Gedanken kamen, lenkten mich zwei Kängurus ab, die durch einen hohen Gitterzaun voneinander getrennt waren. Die beiden schienen sich zu kennen oder zumindest zu mögen und doch waren sie auf so unschöne Weise isoliert. Es war ein Bild, das mich etwas traurig und nachdenklich machte, denn in unserer Zivilisation gab/ gibt es immer wieder ähnliche Situationen (Berliner Mauer oder die Grenze zwischen USA und Mexiko).

Als es auf der nördlichen Seite wieder Richtung Osten ging, entdeckte ich zwei Heißluftballons, die bereits ihre Ballonfahrten über den See hinter sich hatten und zur Landung ansetzten. In der Nähe der Stadt ging die blaue Route dann kurz in die gelbe über (Central Loop). Hier waren nun auch mehr Sportler und Spaziergänger zu sehen, die wahrscheinlich nur die kurzen 4,9 km absolvierten. Weiter im Osten startete schließlich die rote Route (Eastern Loop), die wieder wesentlich ruhiger gelegen war. Vorbei an einigen ufernahen Häuschen überquerte ich am östlichsten Punkt einen schmalen Zufluss und hatte eine recht lange Gerade vor mir. Diese machte mich ziemlich mürbe, zumal bereits über 22 km mit leerem Magen hinter mir lagen. Nur 10 km noch!

Nach der Durchquerung eines Naturschutzgebiets, das etwas abseits des Sees lag, lief ich durch eine moderne Siedlung, in der ich die roten Wegweiser vermisste. Hoffentlich verlaufe ich mich jetzt nicht, dachte ich mir. Wenige hundert Meter später waren die Schilder aber wieder lückenlos vorhanden, was sich wirklich über 99 % so durchzog. Eine solch gute Ausschilderung kenne ich aus Deutschland ehrlicherweise nicht.

Als dann wieder die gelbe Central Loop Strecke erreicht war, folgte nur 2 km später die blaue Western Loop Route und damit auch wieder der etwas welligere Teil. Auf den letzten Kilometern musste ich also nochmal Höhenmeter fressen; die Belohnung in Form von Duschen und Frühstück wollte verdient werden. Nach genau 30 km erreichte ich schließlich den Ausgangspunkt meiner großen Seerunde und musste nur noch leicht ansteigende 2 km zurück zum Haus zurücklegen.

Insgesamt ist ein ordentlicher Trainingslauf mit einem Durchschnittstempo von 04:36 min/km zustande gekommen. Damit war ich voll und ganz zufrieden!

Zu Hause schliefen tatsächlich noch alle, sodass ich mich ganz leise ins Badezimmer verzog, duschte und dann noch für ein paar Minuten zu Sophie ins Bett legte. Als sie langsam wach wurde, glaubte sie kaum, dass ich heute schon ein solches Pensum hinter mir hatte.

Zum Frühstück gab es wieder gesundes, sehr leckeres Müsli mit frischem Obst und jeden Morgen witzelten wir aufs Neue: Wer weiß, was wir die nächsten 10 Tage über unterwegs so bekommen? Wir schätzten das Gesunde also echt wert.

Nachdem wir den Morgen ganz entspannt hinter uns gebracht hatten und Sophie noch ein paar Saltos auf dem Trampolin bewältigte, machten wir uns für den nächsten Tagespunkt bereit: die Fahrt in ein Naturschutzgebiet.

Dieses Naturschutzgebiet war bekannt für seine große Fläche und die Artenvielfalt sowohl auf Tier- als auch auf Pflanzenseite. Wir freuten uns am meisten darauf, (hoffentlich) zum ersten Mal Koalas in freier Wildbahn zu erleben.

Nachdem wir mit dem Campervan einige Kilometer in den Park hineingefahren sind, machten wir an einer Koala-Aufzuchtstation halt. Hier waren bereits die ersten Tiere zu sehen und wir kamen aus dem Staunen nicht mehr heraus. Während eines Spaziergangs entdeckten wir nicht nur ein paar Wallabys - eine kleinere Unterart der Kängurus - sondern tatsächlich auch einen Koala außerhalb eines Geheges weit oben in einer Eukalyptus-Baumgabel.

In einem weiteren Teil des Parks erspähten wir unter anderem eine kleine Schildkröte und ein Schnabeltier, von dessen lustig klingendem englischen Namen wir lange Zeit eine Art Ohrwurm hatten: Platypus!

Am Sonntag, den 29.09. - dem letzten ganzen Tag, den wir mit Lisa verbringen konnten - war ein besonderer Höhepunkt geplant. Der Tag sollte etwas früher starten und uns zum Pebbly Beach verschlagen. Was diesen Strand so außergewöhnlich macht, wird gleich verraten.

Zuvor machten wir unterwegs Halt im Örtchen Braidwood, das einem kleinen, verschlafenen Dorf aus einem Western-Film ähnelte. Alle Geschäfte rechts und links der Hauptstraße hatten ihre alte, ursprüngliche Fassade behalten und verkauften unterschiedliche Kuriositäten und Antiquitäten. Unter anderem besuchten wir einen Laden, der ganzjährig Massen an Weihnachtsdekoration verkauft, oder ein Geschäft mit unzähligen Stoffen unterschiedlicher Muster. Weiterhin gab es zwei-drei Antiquitäten-Geschäfte, in denen wir uns Ideen und Anregungen für unsere eigene Wohnung holten.

Nach einer kleinen Stärkung in einer urigen Bäckerei fuhren wir weiter Richtung Küste und erreichten gegen 13:30 Uhr Pebbly Beach. Die letzten Kilometer hinab zum Strand verliefen durch einen extrem dichten Regenwald und machten uns bereits sprachlos. Noch sprachloser wurden wir dann aber, als wir die vielen zahmen Kängurus am Sandstrand entdeckten, die sich hier sogar streicheln ließen.

Nicht nur die erwachsenen Tiere, sondern auch trächtige Känguru-Mamis und ihre kleinen Winzlinge konnte man vorsichtig anfassen. Der absolute Wahnsinn! Natürlich achteten wir - wie vielerorts hingewiesen - darauf, dass kein Känguru etwas von unseren Dingen zu essen bekam. Füttern war selbstverständlich strengstens verboten, wurde aber von anderen Besuchern leider nicht immer ganz beachtet.

An dieser Stelle möchte ich die folgenden sechs Fotos für sich sprechen lassen.

Voller atemberaubender Eindrücke fuhren wir wieder los, bevor es zu regnen anfing. Nach einer gut zweistündigen Fahrt, während der ich erneut etwas Schlaf nachholte, erreichten wir Canberra, wo wir den letzten gemeinsamen Abend zu viert bei einem Abendessen mit Bierchen ausklingen ließen. Außerdem stand wiederholt die Planung unserer nächsten Tage bevor, was leider für ein paar Spannungen zwischen Sophie und mir gesorgt hatte. Interessenskonflikte sind bei einer solch großen Reise wohl unumgänglich.

Am Montagmorgen schliefen wir nochmal ordentlich aus, bevor Lisa mit uns beiden in ein nahegelegenes Einkaufszentrum fuhr, wo wir unsere kürzlich gekaufte Telefon-SIM-Karte vom Anbieter Telstra entsperren ließen. Danach ging es direkt weiter zum kleinen Flughafen von Canberra, von wo aus uns ein Flieger der Airline Tigerair pünktlich um 14:35 Uhr ins 1.200 km entfernte Brisbane brachte. 

Diesen Inlandsflug hatten wir bereits Ende Juni für lediglich 102,90 € p.P. inklusiv 20 kg Gepäck gebucht.

 

MO, 30.09.19   -   BRISBANE

Unsere Ankunft um 16:15 Uhr erfolgte noch bei schönstem Sonnenuntergang, doch als wir den Flughafen verlassen und mit einem Shuttlebus unsere Unterkunft in Innenstadtnähe erreicht hatten, blieb uns heute nur noch „Brisbane by night“. Wir planten einen entspannten Spaziergang durch die City und ein etwas späteres Abendessen in der Hostel-eigenen Küche.

Und was soll ich sagen? - Auch diese Stadt mit ihrem Mix aus traditionellen Bauten und hohen Wolkenkratzern war einfach nur faszinierend. Die magentafarbene Beleuchtung vieler Gebäude und Brücken in dieser Nacht verstärkte unsere Faszination zusätzlich.

Nach der Überquerung des Brisbane Rivers über die Victoria Bridge spazierten wir am südlichen Ufer weiter Richtung Süden vorbei an einem großen Riesenrad, einer indonesischen Pagode, einigen Hotelkomplexen und einem öffentlichen Swimming-Pool samt Sandstrand, der auch um 19 Uhr noch recht gut besucht war.

Der nächste Höhepunkt war ein riesengroßer Baum, der mit unzähligen gelben Lämpchen versehen war und natürlich als beliebter Foto-Stopp diente. Auch Sophie erhielt hier ein kleines Foto-Shooting.

Auf dem Rückweg zum Hostel durchquerten wir noch den modernen Campus der Queensland University of Technology, den Botanischen Garten und eine belebte Hafenpromenade mit gutem Blick auf die wunderschön beleuchtete Story Bridge.

Nach rund 6 km hatten wir aber auch genug und waren ordentlich hungrig. Da wir Zeit und Geld sparen wollten, gab es am heutigen Abend nur Nudeln mit einer fertigen Champignon-Creme-Soße aus dem Glas. Lecker war es nicht gerade, aber erfüllte seinen Zweck.

Am nächsten Morgen wurde ich mal wieder um 6 Uhr von meinem Wecker geweckt, da ich vor der Weiterreise Brisbane gern nochmal laufend erleben wollte. Hierfür lief ich zunächst bergab in Richtung der imposanten Story Bridge, die an diesem Dienstagmorgen sehr stark befahren war. Am Südufer des Flusses angekommen war es endlich etwas ruhiger und ich genoss den Lauf flussaufwärts stets entlang des Wassers.

Das schöne Wetter und die vielen anderen Läufer machten richtig gute Laune und so plante ich, mindestens 20 km zu laufen. Als ich am städtischen Swimming-Pool und dem Riesenrad vorbei war, überquerte ich den Fluss über die Kurilpa Bridge, eine reine Fußgänger- und Fahrradbrücke, und lief auf der anderen Seite weiter stadtauswärts.

Erst nach rund 13 km machte ich kehrt und lief über den perfekt ausgebauten Lauf- und Radweg wieder zurück. Mittlerweile merkte ich die Sonne ganz schön und selbst regelmäßige Trinkpausen an den öffentlichen Wasserspendern sorgten nicht für die nötige Energie. Nach genau 15 km war Schluss mit Tempo und ich joggte langsam zurück zum Hostel. Dabei machte ich noch einen Abstecher durch den kleinen Regenwald, der an den Botanischen Garten angrenzte.

Für insgesamt 20 km brauchte ich schließlich 01:33:55 Std., womit ich recht zufrieden war.

Gegen 08:30 Uhr war ich zurück in unserem Hostel, das zu 98 % von Asiaten bewohnt war - die anderen 2 % waren wir. Um 09:00 Uhr war ich geduscht und um 09:20 Uhr hockten wir beim Frühstück und hatten noch 40 min bis zum Check-Out.

Danach sollte es mit einem Uber-Taxi ins Industriegebiet gehen, wo die Mietstation unseres Campervans angesiedelt war.

DI, 01.10.19   -   NOOSA HEADS

Um 11 Uhr waren wir im Besitz eines sogenannten Spaceships, eines günstigen Campervans, der für die nächsten 10 Tage unser fahrendes Zuhause sein sollte (etwa 435 € für 10 Tage Brisbane  Cairns, exkl. Sprit). Wir erhielten noch eine ausführliche Einweisung, dokumentierten nach typisch deutscher Manier alle Makel am und im Fahrzeug und rollten dann endlich die ersten paar Meter durchs Industriegebiet. Dieses Mal wollte Sophie auch regelmäßig fahren, sodass auch sie sich erst mal in Ruhe an den Linksverkehr gewöhnen musste.

Dann fuhren wir los und ordneten uns auf der autobahnähnlichen Schnellstraße M1 Richtung Norden ein. Die erste Herausforderung war der plötzlich einsetzende Regen und die Koordination zwischen dem Scheibenwischer- und Blinkerhebel. Zum Glück nahmen wir alles mit Humor und erreichten nach etwa zwei Stunden unser heutiges Ziel Noosa Heads, einen beliebten Surfer-Ort.

Nach kurzem Suchen fanden wir einen kostenlosen Parkplatz in einer Siedlung und stapften dann Richtung Küste. Unterwegs entdeckten wir erstmals eine etwas größere Spinne, die ganz ruhig in der Mitte ihres Netzes weilte.

Da es schon Nachmittag war, nahmen wir uns nicht mehr allzu viel vor. Bei bescheidenem Wetter spazierten wir entlang der Küste und beobachteten viele Surfer, die auf die perfekte Welle warteten. Hin und wieder machten wir kurz Halt, um Fotos zu knipsen, etwas zu essen oder uns vor einem schwarzen Truthahn mit gelbrotem Kopf zu retten, der uns plötzlich verfolgte.

Aus diesem Grund konnten wir nicht allzu lange am Dolphin Point bleiben und mussten hoffen, woanders Delfine zu sehen. 

Obwohl uns das Wetter nicht in die Karten spielte und uns nicht mehr viel vom Tag blieb, waren allein die wunderschönen Panoramabilder und die Aussicht aufs Meer eine Reise nach Noosa Heads wert.

Sobald wir uns dem Aussichtspunkt „Hell‘s Gates“ näherten, wurde es immer windiger und stürmischer. Da war der Name wohl Programm, denn „Hell’s Gates“ heißt so viel wie „Die Tore zur Hölle“.

Somit bestimmten wir diesen Ort als unser heutiges Tagesziel, an dem wir umkehrten und zurück zum Campervan gingen. Diese Entscheidung war eine sehr gute, denn wie der Zufall es wollte, entdeckte Sophie kurz vor Ende unserer Wanderung als Erste einen Delfin im Wasser. Und genauer gesagt war es eine kleine Deflinfamilie, die durch die Wellen tobte. Schnell machten wir weitere Passanten und besonders Kinder auf den seltenen Anblick aufmerksam. Unzählige Fotos und Videos wurden gemacht und auch wir freuten uns wie zwei kleine Kinder.

Das war schon mal ein großer Punkt auf unserer Australien-Wunschliste, den wir abhaken konnten.

Als die Dämmerung anfing, fuhren wir im Ort Noosaville zu einem Aldi, wo wir uns für den Abend und die folgenden ein-zwei Tage eindeckten. Erst dann ging es im Dunkeln ein paar Kilometer weiter zu einem Schotterplatz in der Nähe einer großen Tankstelle, an der man umsonst campen durfte. Auch von den sanitären Einrichtungen durfte kostenlos Gebrauch gemacht werden.

Wir merkten aber schnell, dass Nachtfahrten nix für unsere zart besaiteten Nerven waren, und so entschieden wir, unser Nachtlager in den kommenden Tagen früher aufzuschlagen.

 

MI, 02.10.19   -   HERVEY BAY

Am nächsten Morgen frühstückten wir in Ruhe und genossen dabei die Gesellschaft einiger Hühner. Dazu gab es schönes Vogelgezwitscher vom nahegelegenen Teich und wir fühlten uns langsam wie richtige Campervan-Camper.

Nachdem das Geschirr gespült war und wir den Wagen wieder beladen hatten, fuhren wir weiter nach Hervey Bay, von wo aus es gelegentlich Wale zu sehen gibt. Wir waren also gespannt, ob unsere Glückssträhne vom Vortag noch anhielt.

Zwar nahm die Regenwahrscheinlichkeit heute ab, aber ein starker Wind blieb. So hatten wir Mühe, uns auf dem 868 Meter langen Steg namens „Urangan Pier“ zu halten. Besonders interessant waren die Pelikane, denen der Sturm wenig ausmachte. Und obwohl wir so weit aufs offene Meer rausgelaufen sind, gab es heute leider keine Wale zu sehen.

Da uns Hervey Bay nicht allzu sehr fesselte, fuhren wir bald weiter, um den Strand auch noch andernorts zu genießen. Dort entschieden wir uns schließlich dafür, unter einer strandnahen, kalten Dusche zu duschen. So schmerzhaft das in den ersten Minuten war, so sehr härtete es uns hoffentlich auch ab – und das kostenlos.

Leider ließ ich währenddessen das Licht im Campervan an, was dazu führte, dass sich die Autobatterie entladen hatte. Nachdem wir bei Spaceships angerufen und Bescheid gegeben hatten, hielten wir ein älteres Paar in ihrem großen SUV an und erhielten prompt freundliche Starthilfe. Nach wenigen Augenblicken war wieder alles in bester Ordnung und wir fuhren zu einem Supermarkt namens Woolworths, um für den Abend einzukaufen.

 

DO, 03.10.19   -   BUNDABERG

Am nächsten Morgen entschieden wir uns dazu, am Meer zu frühstücken, also ging es sehr zeitig los Richtung Bundaberg, wo wir uns den bewachten Strand „Oaks Beach“ rauspickten. Da das Wetter von nun an besser wurde, hofften wir auf ein erstes Bad im Pazifik. Auch das stand ganz oben auf unserer Wunschliste.

Nachdem wir in der prallen Sonne gefrühstückt und das Geschirr im sauberen Sanitärhäuschen gespült hatten, machte ich mich zu einem flotten 7 km Trainingslauf zum „Mon Repos Turtle Centre“ auf. Der letzte KM war mit leichter Windunterstützung knapp schneller als 03:30 min, was mich enorm freute.

Zur Belohnung ging es endlich in den kühlen Ozean und erstaunlicherweise konnte auch Sophie überzeugt werden, mit reinzugehen. Die Wellen haben einfach nur Spaß gemacht!

Unsere heutige Übernachtung sollte möglichst weit im Norden sein, damit wir in den nächsten Tagen durchschnittlich weniger fahren müssen. Somit legten wir heute vor dem Frühstück bereits 100 km und nach dem Strandaufenthalt über 200 km zurück, um gemeinsam mit anderen Campern am Calliope River unser Lager aufzuschlagen.

Da hier keine sanitären Einrichtungen vorhanden waren, musste auf den Sichtschutz der Natur zurückgegriffen werden. Im Großen und Ganzen war die Nacht hier recht angenehm – und abermals kostenlos.

 

FR, 04.10. – SA, 05.10.19   -   YEPOON, HAY POINT, MACKAY

Am Freitagmorgen wollten wir ebenfalls früh aufbrechen, um im 145 km entfernten Örtchen Yeppoon bei Rockhampton zu frühstücken und uns dort abermals in die Wellen zu stürzen.

Leider stand dieser Tag ganz im Zeichen organisatorischer Dinge, sodass wir nach einem entspannten Frühstück recht viel Zeit am Handy verbracht hatten. Unser Ziel war es, den Höhepunkt unserer Reise fix zu machen: einen Tagestrip zu den Whitsunday Islands am kommenden Sonntag.

Diesen buchten wir online für umgerechnet 98 € p.P. und waren froh darüber, diesen Stress endlich vom Hals zu haben. Dass sich all das und die Kosten voll und ganz gelohnt haben werden, wird sich sehr bald herausstellen.

Zur Belohnung ging es schließlich doch noch für eine halbe Stunde ins Wasser, bevor wir uns erneut unter freiem Himmel abduschten, schnell etwas zu Essen kauften und weitere 190 km in gut zwei Stunden zurücklegten.

In der Nacht auf Samstag parkten wir unmittelbar neben dem Bruce Highway auf dem kostenlosen „Waverley Creek“ Rastplatz, wo es glücklicherweise wieder öffentliche Toiletten gab. Während Sophie sich bettfertig machte und ich bei offener Kofferraumklappe im Bett lag, hörte ich plötzlich ein immer lauter werdendes Klopfen: Es war ein Känguru, dass den leeren Highway entlang hoppelte. Echt cool!

 

Am nächsten Morgen fuhren wir erneut erst 150 km gen Norden, bevor es den ersten Tageshöhepunkt gab. Unser Ziel war der Aussichtspunkt „Hay Point“ oberhalb des größten Kohlehafens der südlichen Hemisphäre. Und erst als wir oben angekommen waren, wurde uns bewusst, wie riesig die Hafenanlage wirklich war. Die Panorama-Funktion meines Handys kam auf jeden Fall an ihre Grenze.

Knapp 50 km weiter nördlich lag der kleine Ort Dolphin Heads, den wir uns als heutigen Frühstücks- und Badeort ausgesucht hatten. Die Kulisse gefiel uns bisher mit am besten und wir freuten uns darüber, dass wir heute ein paar Stunden länger an diesem Strand verbringen konnten. 

Der logistisch beste kostenlose Übernachtungsplatz war dieses Mal eine BP Tankstelle bei Bloomsbury, deren Toiletten von Campern mitbenutzt werden durften. Von hier aus waren es am nächsten Morgen nur noch 63 km nach Airlie Beach, dem Startpunkt unserer Whitsunday Tour.

SO, 06.10.19   -   WHITSUNDAY ISLANDS

Gefrühstückt wurde heute während unserer gut 45-minütigen Autofahrt nach Airlie Beach, wo wir so pünktlich ankamen, dass noch Zeit zum Geschirrspülen war. Gespült wurde diesmal auf der öffentlichen Toilette eines luxuriösen Restaurants. Leben am Limit, würde ich sagen.

Um 9 Uhr waren wir an dem kleinen Hafen angekommen, von dem aus unsere Reise zu den traumhaften Postkarten-Stränden der Whitsunday Islands starten sollte. Wir gönnten uns noch schnell einen großen Cappuccino, cremten uns vorbildlich mit Sonnencreme ein und bekamen dünne Sicherheitsanzüge gegen Quallenangriffe überreicht. Heute stand unser erster Schnorchelgang im berühmten Great Barrier Reef bevor, der größten von Lebewesen geschaffene Struktur der Erde. Wir konnten die bunten Korallen und Fische kaum erwarten und waren gleichzeitig sehr beruhigt, dass alles überwacht vonstattengehen würde. Ein wenig Respekt vor giftigen Tieren blieb dennoch.

Nach einer gut 1,5-stündigen, rasanten Fahrt in dem gelben Schnellboot namens „Big Fury“ erreichten wir unser Schnorchel-Territorium. Unser australischer Guide verteilte Schnorchel, Masken und Flossen an fast alle der knapp 30-köpfigen Besatzung und erklärte die Regeln. Leider konnten wir ihn aufgrund seines starken Akzents kaum verstehen, aber eines war deutlich geworden: Nicht auf die Korallen treten!

Dann endlich war es soweit. Wir konnten uns einen Traum erfüllen und einmal im Leben im Great Barrier Reef schnorcheln! Eine Unterwasserkamera war natürlich mit von der Partie.

Nach gut 30 min war das Abenteuer schon zu Ende und wir entsprechend unterkühlt. Auf dem Boot trockneten wir uns kurz ab, bevor die schnelle Fahrt auch schon weiterging. Nächster Halt war Whitehaven Beach, der wohl weißeste Strand, den ich je gesehen habe und den ich jemals gesehen haben werde.

Sophie und ich hatten leuchtende Augen und freuten uns bereits auf traumhafte Fotos. Doch bevor unser Fotoshooting starten konnte, wurden wir zu einem leckeren Lunch gebeten. 

Es gab frisches Obst, Salate, leckeren Aufschnitt, Garnelen und Brötchen, also konnte sich niemand beschweren. Für uns war es sogar das luxuriöseste Essen seit Beginn unserer Campervan-Tour.

Mit vollen Bäuchen ging es nun ans Fotos-Knipsen und ehrlicherweise weiß ich nicht mehr, wie viele wir in den folgenden 30 min geschossen haben. Es waren auf jeden Fall weit über 300.

Während der nächsten halbstündigen Bootsfahrt ging es an einem Strandabschnitt vorbei, auf dem in größeren Abständen kleine private Hubschrauber standen. Hier machten also die Reichen Picknick. Wie viel dieser Spaß wohl kosten mag, konnte und wollte ich mir nicht ausmalen. Für mich wäre das nix.

Unser nächster Halt war 10 Fußminuten vom Aussichtspunkt Hill Inlet Lookout entfernt. Dieser Moment war der, auf den wir viele Tage hingefiebert hatten. Ein Postkartenmotiv erwartete uns und es war ein schöner Zufall, dass wir uns diesen durch eine kurze Wanderung bergauf erarbeiten mussten.

Oben angekommen fiel uns die Kinnlade runter. Eine wunderschöne Flussmündung mit türkisblauem Wasser, strahlend weißen Sandstränden und all das so riesig, dass es auf kein Foto passte. Wir genossen den Ausblick zunächst nur und warteten, bis die anderen Touristen fertig fotografiert hatten, um so schönere Panoramabilder machen zu können.

Knapp 15 Minuten später, die uns wie 2-3 min vorkamen, mussten wir auch schon wieder aufbrechen und den kleinen Berg hinunterlaufen. Am Strand angekommen fiel uns auf, wie viele schöne Korallen dort herumlagen, und da wir diese der Natur zuliebe nicht mitnehmen wollten, knipsten wir auch hiervon fleißig Fotos.

Als die gesamte Besatzung mit einem kleinen motorisierten Schlauchboot zu unserem großen Speedboat „Big Fury“ gebracht worden sind, machten wir uns auf den Heimweg. Während der erneut sehr rasanten Fahrt wurden von einem Reiseführer leckere Kekse verteilt, was die Situation etwas paradox erscheinen ließ. Eine solch abenteuerliche Kaffeefahrt hatten wir wohl noch nie.

Am Hafen von Airlie Beach angekommen machten wir uns schnell auf die Suche nach einer öffentlichen Dusche, um zumindest den Schweiß und die Sonnencreme schnell abzuwaschen. Zum Glück wurden wir bald fündig und so ging es wenig später schon weiter Richtung Schlafplatz.

Da wir uns am nächsten Tag auch wieder viel vorgenommen hatten, entschieden wir uns zum zweiten Mal seit Reisebeginn für eine nächtliche Autofahrt. Wir wollten möglichst nah an Townsville herankommen und so fiel die Entscheidung zugunsten eines Rasthofs 140 km nördlich von Airlie Beach (Wilson Creek Rest Area).

 

MO, 07.10.19   -   MAGNETIC ISLAND

Am nächsten Morgen war unsere Lust zu Schnorcheln so groß, dass es uns auf die Insel Magnetic Island zog. Auch dort soll es schöne Unterwasserwelten geben. Bereits am Vorabend hatten wir Tagestickets (17,50 € p.P.) für die knapp einstündige Fährfahrt zwischen Townsville und Nelly Bay gebucht.

Und so freute es mich, dass wir nach dem frühen Wachwerden die 130 km bis Townsville schnell hinter uns gebracht hatten und bereits um 11 Uhr auf Magnetic Island waren.

Zu Fuß machten wir uns auf den Weg Richtung Süden, wo wir auf der Höhe eines großen Backpacker-Hostels einen mit vier gelben Bojen abgesteckten Bereich im Wasser entdeckten. Als wir an der Bar nach einem geeigneten Schnorchelplatz fragten, sagte man uns, dass dieser quadratische Bereich im Meer perfekt dafür wäre.

Also zogen wir uns schnell die Neoprenanzüge an, die wir uns von Lisa und Kai ausleihen durften. Zwar war das flache Wasser angenehm warm, jedoch hatten wir etwas Angst vor Quallen.

Zu Beginn war unsere Schnorcheltour einfach super und wir genossen die Ruhe, die um uns herum herrschte. Es war zwar nicht so bunt, wie am Vortag, aber dennoch sehr spannend. Als Sophie merkte, dass ihr der markierte Bereich im offenen Meer zu weit entfernt war, kehrte sie zum Strand zurück. Ich traute mich noch etwas weiter raus und war überrascht, welch schöne Korallen plötzlich erschienen. Hier musste Sophie später nochmal her, war mein Gedanke, und so knipste ich mit der Unterwasserkamera schon mal ein paar Fotos. Den kleinen Rochen, der sich schnell von mir entfernte, erwischte ich leider nicht mehr.

Nachdem auch ich mir eine kurze Pause am Strand gegönnt hatte, gingen wir nochmal zu zweit ins Wasser. Und siehe da: Dank Sophies Aufmerksamkeit entdeckten wir nur eine Armlänge unter uns tatsächlich zwei gefleckte Bodenhaie. Sophie bekam ein wenig Panik, sodass ich abgelenkt war und auch hier kein Foto schießen konnte. Nun ja, immerhin haben wir uns gegenseitig als Zeugen.

Kurz bevor wir genug vom Schnorcheln hatten, erlebten wir den Höhepunkt des Tages: einen mindestens 40 cm langen Landkarten-Kugelfisch. Und dieser Höhepunkt war nicht nur positiv, denn als wir merkten, dass dieser Fisch Interesse an uns hatte und keineswegs scheu war, bekamen wir beide Panik. Wir versuchten wie wild zu entkommen: Sophie kraulend schneller, als ich brustschwimmend. Als wir die Hälfte der Strecke zum rettenden Strand geschafft hatten, drehte ich mich um und sah nur wenige Meter hinter uns immer noch den Kugelfisch, der uns zu folgen schien. Ich gab Sophie ein Zeichen und wir schwammen weiter so schnell wir konnten.

Ganz außer Atem lagen wir uns am Strand schließlich in den Armen und nach wenigen Augenblicken kam die Frage auf, ob ich diesmal Fotos geschossen hatte. Ja, dieses Mal hatte ich Glück!

Diesen Schock mussten wir erst mal verdauen und so gönnten wir uns in der Hostel-Bar eine große Dose Cola und ein paar mitgebrachte Cracker. Dabei entschieden wir, kein weiteres Mal ins Wasser zu gehen, sondern vielmehr entspannt den Weg zurück zum Campervan einzuschlagen. Es war zwar noch früher Nachmittag, aber wir wollten eine weitere Nachtfahrt vermeiden.

Um uns den Fußmarsch zur Fähre zu ersparen, wählten wir den Bus, und anstelle die Umgebung zu genießen, rekapitulierten wir pausenlos die Kugelfisch-Geschichte. Das werden wir beide sicher nie vergessen.

Als wir am Festland angekommen waren und mit dem Campervan noch einen Abstecher zum Supermarkt Coles gemacht hatten, fuhren wir zu einem kleinen Parkplatz am 35 km entfernten Saunders Beach. Hier waren alle Parkplätze, die für eine Übernachtung zugelassen waren, besetzt, sodass wir uns auf einen Tagesparkplatz stellten und uns erst mal Abendessen machten.

Während wir aßen, fuhren plötzlich zwei Autos weg, die jeweils einen der beliebten Übernachtungsparkplätze belegt hatten. Allgegenwärtig schwang ich mich hinters Steuer und rollte in die soeben frei gewordene Lücke. Perfekt! So konnten wir über Nacht hier bleiben, ohne eine Strafe zu riskieren, und am nächsten Morgen entspannt ausschlafen und am Strand frühstücken.

 

DI, 08.10.19   -   SAUNDERS BEACH & BALGAL BEACH

Noch bevor Sophie richtig wach wurde, entschied ich mich für einen 10 km Trainingslauf am fast brettflachen Strand. Die Sonne schien um 7:30 Uhr bereits ganz ordentlich und ich genoss die morgendliche Ruhe sehr. Genau so hatte ich mir den Urlaub vorgestellt: Schnorchelabenteuer, Campen am Strand, Sonnenschein pur und Laufen vorm Frühstück!

Als ich zum Campervan zurückkehrte, war Sophie bereits wach und saß draußen im Campingstuhl. Wir bereiteten uns das allmorgendliche Frühstück aus Brötchen, Schmelzkäse, Marmelade, viel Obst, Kaffee und Multivitaminsaft vor und suchten uns hierzu einen Platz im Schatten eines Baumes.

Anschließend entspannten wir ein wenig am Strand und sonnten uns. Heute war ein besonderer Tag, denn wir belohnten uns für die vielen kilometerreichen Tage zuvor. Dank unseres Puffers standen heute nur 40 km auf dem Plan, bevor ein weiterer schöner Übernachtungsort auf uns warten würde. Unserer Rechnung zufolge sollten die restlichen 300 km an den letzten zwei Tagen kein Problem darstellen.

Kurz vor der Weiterfahrt am Nachmittag passierte etwas Unerwartetes: Die Autobatterie war erneut leer, obwohl wir keine unnötige Elektronik angelassen hatten. Na toll, nicht schon wieder! Wir fragten ein junges Pärchen am Strand, ob es uns Starthilfe geben könnte, und auch hier stießen wir auf absolute Hilfsbereitschaft.

Am 40 km nördlich gelegenen Balgal Beach angekommen, trafen wir auf den bisher schönsten Campingplatz der Tour. Und auch dieser war – wie alle zuvor – kostenlos. Wir parkten den Van rückwärts zwischen zwei Bäume, sodass die Motorhaube im Falle einer leeren Batterie leicht zu erreichen war.

Dann spazierten wir zum benachbarten Kiosk „Fisherman’s Landing“, wo wir uns ein besonderes Abendessen gönnten. Es gab fettige, aber leckere Fish ‘n Chips und zwei Bundaberg dazu. Um nicht so vollgestopft ins Bett zu fallen, überzeugte ich Sophie von einem Spaziergang, bei dem wir wieder schöne Muscheln und Korallen entdeckten und diese natürlich wieder nur fotografierten.

Als es noch später und dunkler geworden war, entdeckte einer von uns plötzlich einen Vogel in einer Astgabel, der mir recht bekannt vorkam. Ich hatte irgendwann gelesen, dass Australien einen Nationalvogel mit dem lustigen Namen „Kookaburra“ hat. Nachdem wir uns im Internet vergewissert hatten, dass es tatsächlich ein Kookaburra war, tauchten am Strand plötzlich drei weitere auf, die im Lichtkegel einer Laterne auf Fliegenjagd waren. Wir fanden es so cool, dass wir die Tiere noch lange Zeit beobachteten, bevor es ins Bett ging.

MI, 09.10.19   -   MISSION BEACH & BABINDA BOULDERS

Am nächsten Morgen war ich erneut vor 7 Uhr wach, sodass ich mir dieses Mal einen 12 km Trainingslauf am Strand entlang gönnte. In der heißen Morgensonne war ich schnell aus der Puste und so freute ich mich, beim bevorstehenden Melbourne Marathon am Sonntag sehr wahrscheinlich läuferfreundlichere Bedingungen zu haben.

Nach dem Frühstück blieben wir noch kurze Zeit am Strand, sonnten uns wieder, lasen in unseren spannenden Büchern und machten uns anschließend auf den gut zweistündigen Weg zum Mission Beach. Dort begrüßte uns einer der längsten und menschenleersten Sandstrände der Umgebung.

Hier verbrachten wir etwa eine Stunde, bevor es weitere 87 km Richtung Norden ging. Unser Tagesziel waren die „Babinda Boulders“ im Landesinneren, wo es einen schönen Ort zum Übernachten geben soll. Und unsere Reise-App sollte Recht behalten, denn am Rande des Dschungels gab es einen ruhig gelegenen Parkplatz mit guten sanitären Einrichtungen und bereits einigen Übernachtungsgästen.

Da es schon zu Dämmern anfing, verschoben wir die Besichtigung der Umgebung auf den nächsten Morgen und machten uns im Beisein nerviger Hühner unser Abendessen fertig. Aufgrund vieler Mücken und bissiger Fliegen verlagerten wir das Essen erneut in das Innere unseres Campervans.

DO, 10.10. – FR, 11.10.19   -   CAIRNS

Bevor unsere lange Reise heute Nachmittag in Cairns zu Ende gehen sollte, wollten wir noch einmal in den Dschungel eintauchen. Damit war gemeint, dass wir wissen wollten, worum es sich bei den „Babinda Boulders“ wirklich handelt. Noch vor dem Frühstück spazierten wir mehrere hundert Meter in Richtung des Naturschutzgebiets und entdeckten einen Flussausläufer, in dem bedenkenlos gebadet werden darf. Anders als in anderen Badeorten dieser Region, soll es hier zum Glück keine Krokodile geben.

Doch zunächst entschieden wir uns zu Frühstücken und alle Klamotten zusammen zu räumen. Die kleine Wanderung zu den „Babinda Boulders“ und ein letztes Bad im kühlen Nass sollten dann die Belohnung sein.

Als der Campervan leer- und die zwei großen Rucksäcke vollgeräumt waren, verließen wir unseren letzten Übernachtungsparkplatz, fuhren an das Naturschutzgebiet ran und spazierten knapp 1 km zu den „Babinda Boulders“, einem großen Areal aus großen, glatten Steinen, die mitten im Flussbett lagen. Dieses Bild in Kombination mit dem dahinterliegenden Dschungel war einfach traumhaft schön. 

Schade, dass heute der zeitliche Schuh drückte und wir nach wenigen Minuten schon wieder zurücklaufen mussten. Für das Schwimmen im kalten Fluss blieb uns eine Viertelstunde und wir nutzten auch diese Zeit für Über- und Unterwasser-Fotos.

Sophie und ich waren uns absolut einig: Dieser Ort hat unserer Campervan-Reise noch einmal die Krone aufgesetzt. Während wir neun Tage auf Küstennähe fokussiert waren, war dieses Ambiente einfach überwältigend.

Knapp eine Stunde Autofahrt und 68 km lagen noch vor uns, bevor die Rückgabe unseres rüstigen Spaceships namens „Goose“ bevorstand. Wir tankten also zum letzten Mal an einer kleinen, verlassenen Tankstelle und wurden dabei etwas wehmütig. Es war schon eine tolle Zeit mit unserer fahrbaren Unterkunft und so schön flexibel waren wir selten zuvor unterwegs.

In Cairns angekommen hatten wir noch knapp eine Stunde Zeit, um unsere schweren Taschen im Hostel „Reef Backpackers“ unterzubringen und das Auto zu waschen. Da der Ort nicht allzu groß war, lag alles nah beieinander und so schafften wir es, „Goose“ pünktlich um 15 Uhr im Industriegebiet der Stadt abzugeben. Bei der Rückgabe ging alles recht schnell, sodass wir bald schon wieder auf dem Fußweg zurück in die City waren.

Dabei fiel uns auf, wie hässlich der Strand dieser beliebten Stadt eigentlich war. Natürlich machte die Ebbe das Bild nicht schöner, aber wir konnten uns das Meer ja hindenken und fanden es trotzdem nicht schön hier.

Als wir den 4 km langen Weg gegen den Wind hinter uns hatten, gönnten wir uns ein Eis auf die Hand und spazierten mit kleinem Umweg zurück zu unserem Hostel. Hier kam eine richtige Backpacker- und Studenten-Atmosphäre auf und wir freuten uns, dieses 33 € günstige Zimmer inklusiv Frühstück ergattert zu haben.

Nachdem wir uns kurz ausgeruht und frisch gemacht hatten, ging es hinein ins Nachtleben von Cairns. Wir waren jedoch weniger am Feiern, sondern mehr an gutem Essen interessiert. Heute sollte es leckere Burger geben, nachdem wir uns zehn Tage von Nudeln, Reis und Gemüse ernährt hatten.

Auf der Suche nach einer guten Lokalität, entdeckten wir zwei Bäume, in denen unzählige Fledermäuse hockten. Extrem viele von ihnen flogen wie wild um diese Bäume herum, machten einen grässlichen Lärm und waren sogar ein wenig Angsteinflößend. Sophie als bekennender Vampir-Fan war super fasziniert und konnte nicht genug kriegen.

Nachdem wir unsere kleinen, aber sehr leckeren Burger gegessen hatten, ging es auf direktem Wege ins Hostel, wo wir nur noch todmüde ins Bett fielen.

 

Am nächsten Morgen durften wir unsere großen Rucksäcke nach dem Check-Out in einen kleinen Lagerraum schließen, sodass wir unbeschwert in einen sonnigen Tag starten konnten. Bis zu unserem nächsten Flug Richtung Melbourne hatten wir noch einige Stunden Zeit, die wir mit Shopping verbringen wollten.

In erster Linie brauchten wir Mitbringsel für unsere Familien und so starteten wir auf einem Food-Market, wo es neben vielen Lebensmitteln auch Stände mit handgemachten Souvenirs gab. All unsere Sinne wurden angesprochen, wir probierten uns durch viel Obst, gönnten uns einen Kaffee und spazierten danach durch weitere Straßen und Läden der Stadt.

Nach einigen Stunden in vielen Geschäften brauchten wir zur Abwechslung mal etwas Anderes und schauten hierfür in unsere Australien-App, die wir vor Reisebeginn heruntergeladen hatten. Dadurch stießen wir auf ein kleines Museum im Zentrum mit freiem Eintritt, in dem seltsame Skulpturen ausgestellt waren. Die Künstlerin vereinte in ihren Werken menschlich erscheinende Figuren mit einer Art Monster. Interessanterweise nutzte sie sogar echte kleine Härchen, beispielsweise an Armen und Beinen, um ihre Geschöpfe noch lebendiger wirken zu lassen. Ehrlicherweise waren wir beeindruckt und angewidert zugleich.

Am frühen Nachmittag ging es für uns erneut zum Food-Market, wo Sophie und ich uns eine sehr leckere asiatische Bowl mit Gemüse und Reis kauften. Anschließend holten wir im Hostel unsere Rucksäcke ab, mit denen wir einige Straßen weitergingen und uns dort ein Uber-Taxi zum Flughafen bestellten. Dieses war nach wenigen Augenblicken da und brachte uns für 10 € in zehn Minuten an unseren Zielort. Dort hatten wir noch etwas Zeit, unsere Mitbringsel zu verstauen, bevor das Gepäck aufgegeben wurde.

Um 18:25 Uhr startete unser Flieger der Fluglinie TigerAir Richtung Süden. Für günstige 92,29 € p.P. flogen wir nun über vier Stunden nach Melbourne, wo wir schließlich um 22:50 Uhr landeten. Nun war der letzte große Ort unserer dreiwöchigen Australien-Reise erreicht. Wir waren aufgeregt und freuten uns in den nächsten Tagen auf ganz unterschiedliche Dinge.

Während für mich der Marathon am Sonntag im Fokus stand, freute sich Sophie auf ihre - mit Ausnahme ihrer Zwillingsschwester - komplette Familie. Sophies Eltern hatten sich, wie anfangs beschrieben, ebenfalls von diesem besonderen Marathon überzeugen lassen und fleißig auf Melbourne hintrainiert. Seit über einer Woche bereisten sie die australische Ostküste, ähnlich wie wir, und freuten sich auch schon auf die Familienzusammenführung. Sophies ältere Schwester Lisa ist einen Teil gemeinsam mit ihnen gereist und wird uns genauso vom Streckenrand aus unterstützen, wie Kai, der am selben Abend nach Melbourne geflogen kam, wie wir.

Da unsere Ankunft am Flughafen von Melbourne so spät abends war, sind die anderen Drei schon tagsüber angereist, haben im gebuchten Appartement eingecheckt und sogar schon die Startunterlagen für uns Läufer abgeholt. Obwohl alles reibungslos klappte und wir von Kai am Mietwagen bereits erwartet wurden, zogen sich die Fahrt in die Innenstadt, die Parkplatzsuche und der Fußweg zur Unterkunft ganz schön in die Länge. Letztlich trafen wir erst nach Mitternacht aufeinander und hielten die Begrüßungszeremonie dementsprechend kurz.

Wir knabberten ein paar Chips, tranken ein Bierchen und verzichteten demnach auf ein vernünftiges Abendessen. Erst nach 2 Uhr lagen wir in unseren Betten und schliefen nach einem abenteuerlichen und anstrengenden Tag endlich ein.

 

SA, 12.10. – DI, 15.10.19   -   MELBOURNE

Am frühen Morgen vor dem Marathon hatten Sophies Eltern und ich spontan Lust, unsere müden Beine zu lockern, und so liefen wir zum Carlton Garden, einem kleinen Park, den wir dann mehrmals durchquerten. Dabei gab es nicht nur schöne Oldtimer zu bestaunen, die dort heute ausgestellt waren, sondern auch eine kleine Demonstration einiger junger Menschen, von denen eine Handvoll oben-ohne herumlief. So ist das nun mal in einer Metropole. Läuft man knapp 4 km umher und schon erlebt man solche Kuriositäten.

Zu Hause angekommen sprangen wir nacheinander unter die Dusche und bereiteten dann gemeinsam mit Sophie, Lisa und Kai ein reichhaltiges Frühstück vor. Da es zu sechst immer etwas stressiger als zu zweit ist, verloren wir morgens etwas Zeit und konzentrierten uns daher auf nur einen Tageshöhepunkt. Mit dem Mietwagen und Lisas und Kais Van fuhren wir durch den zähflüssigen Verkehr der Stadt und erreichten nach 13 km und mehr als 30 min den berühmten Strand Brighton Beach.

Von hier aus hatten wir einerseits einen tollen Ausblick auf die Skyline von Melbourne und andererseits etwas Ruhe vom städtischen Trubel. Wir schlenderten entspannt in südliche Richtung, bis wir das Wahrzeichen dieses Strands erreichten:  die 82 bunten und vielfotografierten Strandhäuschen.

Auch wir kamen aus dem Staunen nicht mehr raus und schnell hatte jeder von uns seine 3-4 Lieblingshäuschen ausgemacht. Nachdem wir es uns auf einer mitgebrachten Decke gemütlich gemacht und einen Kaffee getrunken hatten, spazierten wir fast alle Häuschen einmal ab und machten unzählige Fotos.

Als der Abend näherkam, entschieden wir uns, zurück zum Appartement zu fahren. Während der Autofahrt startete ich den Livestream zum Marathon-Rekordversuch von Eliud Kipchoge in Wien. Und wie es der Zufall wollte, befand sich Eliud auf seinen letzten Kilometern, bevor er als erster Mensch den Marathon in weniger als zwei Stunden absolvierte. Unter konstruierten Idealbedingungen und mit über 40 wechselnden Tempomachern benötigte er nur 01:59:40 Std. – also wenn das mal keine Motivation für morgen war?!

Im Appartement angekommen machten wir uns recht bald an das Abendessen und selbstverständlich gab es leckere Pasta. 

Vor dem Schlafengehen tauschten wir unser Schlafzimmer mit dem Schlafsofa, auf dem Lisa und Kai in der Nacht zuvor geschlafen hatten. So würden wir die beiden hoffentlich nicht wecken, wenn wir morgens um 05:00 Uhr aufstehen mussten.

 

Vorher

Die Nacht war eine sehr kurze und leider auch recht unbequeme, denn das quietschende Schlafsofa war alles andere als rückenfreundlich. Immerhin hatte ich in den Nächten zuvor sehr gut geschlafen, sodass ich mir keine weiteren Sorgen machte.

Um 05:15 Uhr frühstückten wir zu viert eine Kleinigkeit und machten uns einen schnellen Kaffee. Gegen 06:00 Uhr verließen wir das Appartement und spazierten durch die verschlafene Innenstadt von Melbourne. Der entspannte Fußweg bis zum Startgelände dauerte etwa 30 Minuten, die wir unter anderem zum Warmhüpfen und Banane-Essen nutzten.

Mit Sophie hatten wir zudem besprochen, wann und wo sie am Streckenrand auf uns warten würde. Da es sich um einen großen Rundkurs in einer unbekannten Stadt handelte, wählten wir die vermeintlich einfachste Option: Nach ein paar Fotos vom Start würde Sophie auf Lisa und Kai warten und mit ihnen zu KM 35 kommen. Nachdem ich vorbei sein würde, wollten wir uns beim Zieleinlauf im großen Melbourne Cricket Ground Stadion wiedersehen. Zu viert würde es dann erneut zu KM 35 gehen und dort auf Sophies Eltern warten. Das große Wiedersehen zu sechst sollte dann wieder im Stadion sein.

Dass dieser Plan funktionierte, war ich mir sicher, aber die Entfernungen zwischen diesen Stationen und das Hindurchkommen durch extrem viele Zuschauer hatte ich etwas unterschätzt. Auch unsere lieben Betreuer hatten einige Kilometer vor sich. Großen Respekt und vielen lieben Dank für die Unterstützung!

Wie geplant erreichten wir den Startbereich, wo wir uns zunächst zu den Toiletten durchfragten. Da ausreichend viele Dixis vorhanden waren, war auch das schnell erledigt.

Sophie knipste noch Fotos von uns, wie wir zuversichtlich vor der Skyline und der aufgehenden Morgensonne posierten.

Dann ging alles ganz schnell. Wir verabschiedeten uns voneinander und wünschten uns gegenseitig viel Spaß und Erfolg! 

Sophie ging zusammen mit mir in Richtung Startlinie, wo auch wir uns mit einem Kuss verabschiedeten. Nachdem ein junges Mädchen mit schiefer Stimme die australische Nationalhymne gesungen hatte, war es soweit und der Marathon konnte pünktlich um 07:00 Uhr gestartet werden.

Plötzlich kam eine Nervosität und Aufregung auf, wie ich sie mittlerweile ganz selten habe. War ich ausreichend vorbereitet? Konnte ich mein Ziel einer Zeit von unter 3 Stunden erreichen oder sollte ich ganz locker laufen? Was passiert, wenn ich den Lauf nicht genießen kann? War ich überhaupt richtig angezogen?

Bevor ich Antworten auf all diese komischen Fragen hatte, ertönte der Countdown und nur Sekunden später der Startschuss. Auf geht’s, Melbourne! Zeig, was du kannst!

 

 

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