1. Hollager Berg Marathon

20.02.2021

Vorher

Am 28. Januar verkündete Marathonläufer und Organisator Günter einen weiteren, landschaftlich attraktiven Marathon im Umland von Osnabrück: den Hollager Berg Marathon. Mit „landschaftlich attraktiv“ ist häufig gemeint, dass es stets bergauf und bergab sowie über Stock und Stein geht. Auch wenn ich die schwierigen Streckenprofile jedes Mal verfluche, so wollte ich mir diese Premiere nicht entgehen lassen und sicherte mir am selben Tag einen der begehrten Startplätze.

Die detaillierte Ausschreibung mit dem Titel ‚Marathon als Individualsport‘ erhielten wir per E-Mail und die darin beschriebenen Teilnahmebedingungen galt es schriftlich zu bestätigten. So durfte am Samstag, den 20. Februar ganztägig einzeln oder maximal zu zweit gestartet werden, die Verpflegung sowie Zeitmessung erfolgten in Eigenregie und auch sonst gab es nichts, was zu Kontakten zwischen den Teilnehmern führen könnte. Absolut Corona-konform also!

Da sich der extreme Winter fast vollständig verzogen hatte und uns ein sonniges Frühlings-Wochenende bevorstand, plante meine Freundin Sophie, mich dieses Mal wieder zu begleiten. Im Gegenzug versprach ich ihr, am Samstagmorgen mit ihr auszuschlafen, in Ruhe zu frühstücken und erst zum frühen Nachmittag zum Wettkampf zu fahren. Somit machte ich erstmals von dem ganztägigen Startrecht Gebrauch – mit der einzigen Bedingung, vor Sonnenuntergang im Ziel sein zu wollen.

Nach einer entspannten Nacht und einem ebenso entspannten Brunch fuhren wir der Sonne und dem hellblauen Himmel entgegen und erreichten um 13:15 Uhr den Parkplatz vor der Haselandhalle in Hollage. Dass wir hier absolut richtig waren, erkannten wir an zwei-drei bunt gekleideten Finishern, die ihren Lauf bereits hinter sich hatten. Man sah ihnen aber auch an, dass es sich um eine anspruchsvolle Strecke gehandelt hat, denn wirklich frisch sah niemand mehr aus.

Sophie und ich ließen uns von dem schönen Wetter anstecken und freuten uns regelrecht auf unsere frühlingshaften Läufe. Während mir sieben Runden à 6,29 km (= 44,03 km) mit insgesamt 520 Höhenmetern bevorstanden, wollte Sophie mindestens zwei Runden absolvieren. Zudem plante sie, auf ihrer ersten Runde das Handy mitzunehmen und ein paar Eindrücke fotografisch festzuhalten.

Nachdem ich mir meine Verpflegung und eventuelle Wechselklamotten im Kofferraum bereitgelegt hatte, lief ich mich noch ein paar Minuten ein und entdeckte dabei schon die ersten Streckenmarkierungen.

Günter hat sich am Vorabend die Mühe gemacht und neben Klebepfeilen und Kreidepfeilen auch rotweiße Flatterbänder angebracht. So konnten wir Läufer uns praktisch nicht verirren, auch wenn die Strecke viele Kurven und Abbiegungen aufweisen sollte. Den Start-Ziel-Punkt hingegen markierte er mit ausreichend großen Schildern, sodass auch Spätankömmlinge wie ich keine Probleme mit dem Finden des Starts bekamen.

Als es 13:28 Uhr war und ich viel lieber um halb zwei starten wollte, drückten Sophie und ich uns einfach noch zwei Minuten. Dann war es endlich soweit und ich durfte am bisher wärmsten Tag des Jahres zu meinem 89. Marathon aufbrechen! 

 

Der Lauf

Nach einem „Auf die Plätze – fertig – Los!“ durch Sophie setzte ich mich in Bewegung und lächelte noch ein letztes Mal in die Kameralinse. Als ich einige Meter davongelaufen war, hörte ich sie noch hinterherrufen: „Nicht zu schnell!“

Ob es heute wieder ein Lauf unter 3 Stunden werden kann, wagte ich zu bezweifeln, aber zumindest wollte ich dieser Marke wieder so nah wie möglich kommen.

Die erste Unterbrechung meines Tempos folgte jedoch schon nach 100 Metern, denn dort musste einer Holzbarriere im Zickzack ausgewichen werden. Dahinter verbarg sich bereits der erste Höhepunkt dieser Route. 

Der Hollager Steinbruch, den wir zu Beginn einer jeden Runde einmal durchlaufen sollten, ähnelte einem alten Krater, in dessen Innern eine Schutzhütte und ein paar Bänke standen. Außerdem befand sich in dessen Mitte ein riesiger Steinhaufen, den wir gegen den Uhrzeigersinn umrunden sollten.

Dadurch dass es in diesem Steinbruch recht schattig war, hatte die Sonne bisher keine Chance gehabt, die letzten Eisflächen und Pfützen zu beseitigen. Entsprechend matschig waren hier die 50-100 Meter, bevor es über denselben Weg wieder hinausging.

Wieder an der Holzbarriere angekommen, zeigten die kleinen Klebepfeile nach rechts und führten mich in den sonnendurchfluteten und sehr baumreichen Hollager Wald. Der nächste Abschnitt verlief oben im Uhrzeigersinn um den Steinbruch herum und war gespickt von vielen Wurzeln und kleinen Rechts-Links-Schlenkern.

An dieser Stelle musste man die Augen offen halten, um auch die nächsten Markierungen nicht zu übersehen. Doch Günter hatte sich viel Mühe gegeben und ausreichend rote Punkte aufgesprüht.

Der erste Kilometer war noch nicht ganz rum und es ist gefühlt schon viel passiert. Ob Singletrails, enge Kurven oder ein umgeknickter Baum, unter dem wir hindurchlaufen mussten – die Strecke war an Abwechslung einfach nicht zu überbieten.

Für mich ging es weiter in südwestliche Richtung, also der tiefstehenden Sonne entgegen. Dadurch war es schon mal etwas schwierig, die Pfeile zu entdecken, obwohl sie hier extra groß aufgesprüht wurden.

Nach ein paar weiteren Rechts-Links-Schlenkern erreichte ich langsam aber sicher den westlichsten Punkt des Kurses. An dieser Stelle warteten zwei Treppen auf mich, die ich vorsichtig hinablief. Natürlich bremste es einen wieder aus, aber da mussten alle durch. Ohne Treppen oder dergleichen wäre es Günter wahrscheinlich zu langweilig geworden.

Zur Belohnung folgten nun 1,3 km auf Asphalt, die zunächst einem abschüssigen Radweg in Richtung Süden starteten. Hier konnte ich endlich etwas durchatmen und meinen Blick wieder nach oben wenden. Das ständige Nach-Unten-Gucken und Auf-Wurzeln-Achten kostete schon jetzt ein wenig Konzentration.

Die Linksabbiegung in die Talstraße war, wie der Straßenname vermuten lässt, mit 68 m üNN gleichzeitig der tiefste Punkt des Kurses. Von hier aus ging es 500 Meter flach geradeaus, bevor wieder nach links auf die 200 Meter lange und steil ansteigende Bergstraße abgebogen werden musste. Schnell waren wieder 20 positive Höhenmeter erklommen.

Als die Kreuzung mit der Straße ‚Am Hollager Berg‘ erreicht war, bog ich ein drittes Mal links ab und befand mich vorerst wieder auf einem flachen Asphaltstück.

Obwohl ich bald wieder nach rechts in den Wald einbiegen sollte, wanderte mein Blick ganz kurz nach links, denn was ich dort vor einem Haus sitzen sah, irritierte mich etwas. Dort hatten die Bewohner doch tatsächlich ein altes Skelett in einen alten Schaukelstuhl gesetzt. Die Botschaft dahinter war mir nicht ganz klar, denn immerhin war Halloween fast vier Monate her.

Diese Zivilisation hinter mir lassend, ging es über ein welliges und leicht ansteigendes Stück wieder in den Hollager Wald hinein. Recht bald war mit 109 m üNN auch der höchste Punkt des Kurses erreicht.

Gleichzeitig bedeutete es, die Konzentration wieder hochzufahren und nicht nur auf Wurzeln am Boden, sondern auch auf Pfeile an Bäumen oder Flatterbänder zu achten.

Nun ging es einen knappen Kilometer leicht kurvig, aber zumeist geradeaus Richtung Osten, bis bei KM 3,5 der östlichste Punkt der Route erreicht war. Dieser Abschnitt gefiel mir besonders gut, da er über einen kurzen Schotterweg und harten Waldboden führte und ich so auch mal die Umgebung links und rechts von mir bestaunen und genießen konnte.

Nach einem 160°-Linksschlenker befand ich mich dann bald wieder auf dem Rückweg, der zunächst in einen mehrere hundert Meter langen, leicht abschüssigen Waldweg überging. An dieser Stelle hätte man gut Tempo machen und somit ein paar verlorene Sekunden aufholen können, doch eine riesige Pfütze mit sehr viel Matsch versperrte mir den Weg.

Ich erkannte, dass diese Fläche rechts herum am besten zu umgehen war, und stapfte durch den knöcheltiefen Schlamm. Nach vier bis fünf vorsichtigen Schritten nahm ich wieder Geschwindigkeit auf, bis kurz vor der Uhlandstraße der nördlichste Punkt der Route erreicht war.

Es waren erst knapp 5 km geschafft, doch der nächste Höhepunkt wartete bereits auf mich. Es war ein Streckenabschnitt, der durch eine mehrere Meter tiefe Kuhle inmitten des Waldes führte, obwohl man auch ganz bequem hätte daran vorbeilaufen können. Mir war sofort klar, dass Günter sich mit diesem großen „Loch im Wald“ einen Spaß erlaubt hat, denn diese Streckenwahl ist charakteristisch für ihn. Einfach kann ja jeder!

Die letzten gut 1,3 km bis in den Start-Ziel-Bereich waren vorwiegend flach, verliefen meist über viel Laub und wiesen nochmal vier Rechtskurven und zwei Linkskurven auf. Außerdem gab es auch hier einen matschigen Single-Trail-Pfad, der aber noch ganz gut zu belaufen war.

Am Ende stieß ich auf den schmalen Waldweg, über den ich zu Beginn der Runde gestartet war. Es handelte sich also um eine Art Zubringer zur Marathonrunde, der jeweils am Anfang und am Ende gelaufen werden sollte.

Nachdem ich meine erste von sieben Runden in 27:00 min gemeistert hatte (= 4:18 min/km), konnte ich kaum glauben, was in dieser kurzen Zeit alles passiert war. Die Strecke war hammerhart und kraftraubend, aber auch kurzweilig und spannend.

Im Start-Ziel-Bereich erblickte ich Günter an seinem Auto und zollte ihm erneut Respekt für seine astreine Streckenwahl. Dass ich hier eine zehnsekündige Pause einlegte und ein-zwei Sätze wechselte, war mir dann auch egal. Eine Zeit von unter 3 Stunden ist auf diesem Kurs ohnehin nicht möglich.

Günters Frage, ob die Strecke denn gut markiert sei, beantwortete ich mit einem deutlichen „Absolut!“. Dann fügte ich noch ein „Du willst uns doch nur ärgern!“ hinzu und bezog mich dabei auf die Abschnitte, die einen – gewollt oder ungewollt – aus dem Rhythmus brachten. Ob die Extraschlaufe durch den Steinbruch, eine Treppe mit 21 Stufen oder die komische Kuhle im Wald – all das war fies und witzig zugleich!

Meine zweite Runde startete natürlich wieder mit dem Schlenker durch den Hollager Steinbruch, in dem ich vergeblich nach einer Ideallinie durch die matschige Eisfläche suchte. Erst als ich den zu überquerenden Steinhaufen erreichte, war ich froh, dass meine Füße noch trocken waren.

Dann ging es wieder aus dem Steinbruch hinaus und nach rechts auf den Waldweg, der im Uhrzeigersinn um diesen herumführte. Von hier aus hatte man einen schönen Blick in das große Loch, aus dem man soeben erst gekommen war.

Als die nächsten paar hundert Meter über Stock und Stein sowie die Treppe hinter mir lagen, folgte meine zwischenzeitige Belohnung in Form des abschüssigen Radwegs neben dem Fürstenauer Weg und der Talstraße.

Genauso freute ich mich nach der steilen Bergstraße aber wieder auf den angenehmen Mix aus Waldwegen und Singletrails. Man will ja immer das, was man aktuell nicht hat …

Der nächste Kilometer verlief wieder über gut zu laufende Wald- und Schotterwege, die zumeist flach oder leicht wellig waren. Hier und da begegneten mir Spaziergänger und auch die eine oder andere Reiterin auf ihrem Pferd, die sich aber alle gut überholen ließen. Insgesamt wirkte dieses Terrain sehr einladend für Freizeitsportler und besonders das Trail-Laufen war hier wunderbar möglich.

Doch irgendwas störte mich heute und ich kam noch nicht so recht dahinter, was es war. Gut möglich, dass mir der fehlende Rhythmus ein bisschen auf die Laune schlug. Wahrscheinlich hatte ich mich im Vorfeld zu sehr auf ein gleichmäßiges Tempo eingestellt, das bei einem Berg Marathon (!) aber auch fernab der Realität gewesen wäre.

Umso mehr freute ich mich, kurz vor KM 10 meiner Sophie zu begegnen. Sie hatte mich schon von Weitem bemerkt und sich früh genug in Fotografier-Stellung begeben. Beim Vorbeilaufen ließ ich zunächst etwas Dampf ab: „Alter, ist das heftig heute!“ und holte mir im Anschluss noch einen Motivationskuss ab.

So konnte ich zumindest ein wenig gestärkt in das zweite Viertel des Rennens starten.

Auf dem nächsten Abschnitt dachte ich darüber nach, was Sophie wohl noch alles fotografiert haben könnte. Ganz sicher war ich mir, dass sie den Steinbruch aus unterschiedlichen Perspektiven festgehalten hat, und auch der Rest des Waldes bot viele unterschiedliche Fotomotive.

Besonders spannend waren die Dinge, die ich während meines Rennens übersehen hatte. So hat sie mir nachträglich bewiesen, dass ich sieben Mal unter einem abgeknickten Baum hindurchgelaufen bin (das Foto ist weiter oben). Kaum zu glauben, dass ich mich daran nicht mehr erinnern konnte. Und auch die zwei bunt bemalten Masken am linken Streckenrand schien ich völlig übersehen zu haben.

Eh ich mich versah, war die zweite Runde in 27:30 min geschafft (= 4:22 min/km) und ich begab mich ohne allzu langer Pause am Wendepunkt direkt auf meine dritte Runde.

Ich versuchte, die schönen Dinge dieser abwechslungsreichen Strecke zu genießen. Doch so besonders die Durchquerung und Umrundung des Steinbruchs auch waren, so sehr genoss ich es auch, wenn nach gut 1 km die Treppe erreicht war und sie hinter mir lag.

Um verlorene Sekunden aus dem ersten Abschnitt wieder rauszuholen, schaltete ich auf den folgenden 1,3 Kilometern auf Asphalt einen Gang hoch. Das war bis zu Beginn der steil ansteigenden Bergstraße auch kein Problem, doch dann schlugen die Höhenmeter wieder gnadenlos zu.

Auch waren die warmen Temperaturen und die Sonne recht ungewohnt für mich, denn so sommerlich hatten wir es in diesem Jahr verständlicherweise noch nicht. Der schattige Wald war mir somit umso lieber und ich versuchte, den Lauf einigermaßen geschmeidig über die Bühne zu bringen.

Dass meine dritte Runde schließlich wieder etwas schneller wurde (in 27:23 min; entspricht 4:21 min/km), überraschte mich ein wenig. Dennoch musste eine kurze Unterbrechung her, denn die Temperaturen zwangen mich zu einer Trinkpause. Zum Glück war Sophie wieder im Start-Ziel-Bereich angekommen, sodass sie mir die Wasserflasche reichen konnte und ich so ein paar Sekunden sparen konnte.

Nach einem weiteren Motivationskuss ging es endlich dem Bergfest entgegen: Runde 4 von 7 wartete auf mich. Diese startete – wie bereits bekannt – durch den Steinbruch und führte anschließend durch den westlichen Teil des Waldes. Nachdem ich die Treppe vorsichtig hinabgestiegen bin, war auf dem breiten Fürstenauer Weg irgendwas anders als zuvor. Auf der gegenüberliegenden Straßenseite ist ein dicker Baum mitten auf die Fahrbahn gekippt, sodass die Verkehrsteilnehmer teilweise über „meinen“ Radweg ausweichen mussten.

Genau in diesem Moment tauchte hinter mir ein Feuerwehrwagen auf, der sicher aus diesem Grund gerufen worden war. Ich durfte also gespannt sein, wie die Lage hier in knapp einer halben Stunde aussehen würde.

Mit ein wenig Nervenkitzel ging es also weiter über die Talstraße, die Bergstraße, vorbei am freundlichen Skelett von Nebenan und zurück in den Wald hinein, der mich mit seinen zum Teil sehr hohen Bäumen jede Runde aufs Neue faszinierte.

Ich folgte weiterhin Günters sorgfältig markierter Strecke, kannte diese aber mittlerweile recht gut und wusste jedes Mal, welche Besonderheit nach der nächsten Abzweigung auf mich wartete. So konnte ich die flachen und abschüssigen Stücke immer sehr gut zum Abschalten und Beschleunigen nutzen, während ein paar kurvige, matschige Abschnitte und die Kuhle mitten im Wald mich jedes Mal rausbrachten.

Mit der bisher langsamsten Rundenzeit von 27:45 min (= 4:25 min/km), wollte und konnte ich dennoch zufrieden sein.

Da ich diesmal noch keine zweite Trinkpause brauchte, drehte ich mich am Wendepunkt schnell um und lief meiner fünften Runde entgegen. Mit recht schweren Beinen, einem müden Kopf und nur noch mittelguter Laune meisterte ich tapfer jede Hürde dieser anspruchsvollen Strecke. Jedes Mal, wenn Asphalt oder etwas Zivilisation zu sehen war, fühlte ich mich etwas weniger verloren, was mich kurzzeitig aufmunterte.

Da ich bereit ahnte, dass die fünfte Runde die bisher langsamste werden würde, entschied ich mich diesmal wieder für ein Energie-Gel, das ich regelmäßig bei meinen langen Läufen mit mir führe. So drückte ich mir die klebrige Kohlenhydratmasse knapp 500 Meter vor Runden-Ende in den Mund und zerkaute sie.

Nach ernüchternden 28:31 min (= 4:32 min/km) waren knapp 31,5 km geschafft. Sophie signalisierte ich mit einem ausgestreckten Arm, dass ich dringend Wasser benötige, um einerseits meinen Durst zu stillen und andererseits den klebrigen Mund wieder sauber zu bekommen.

Von nun an standen mir noch zwei harte Runden und knapp 12,6 km bevor und ich hoffte auf die Wirkung des Gels. Andererseits wollte ich mich nicht allzu sehr stressen und viel lieber die schöne Natur und die tiefstehende Nachmittagssonne genießen. Wer weiß, ob und wann ich hier nochmal herkomme?

Nachdem der Steinbruch, der Waldweg drum herum und die Treppenstufen hinter mir lagen, lief ich wieder an einem geräumten Fürstenauer Weg entlang. Die Feuerwehr hatte gute und schnelle Arbeit geleistet und den umgekippten Baum in kleine Stücke zersägt.

Als meine geliebten 1,3 Asphaltkilometer zum vorletzten Mal geschafft waren und ich wieder in den Wald eintauchte, bemerkte ich minimal die Wirkung meiner Energiezufuhr. Gefühlt hatte ich Beine wie in Runde 2 oder 3 und konnte alle mehr oder weniger anstrengenden Abschnitte recht gleichmäßig absolvieren. Auch ärgerte mich die Kuhle im Wald nicht mehr so sehr, wie am Anfang. Doch das mochte auch damit zusammenhängen, dass es – wie gesagt – das bereits vorletzte Mal war.

Nach meinem letzten Kilometer auf Laub erreichte ich das Ende der sechsten Runde in einer Zeit von 28:09 min (= 4:29 min/km), was zwar immer noch langsamer als am Anfang war, aber dennoch zufriedenstellend ist. Ich durfte gespannt sein, ob ich auf den letzten 6,29 km nochmal aufdrehen würde.

Bei meinen Mehrrunden-Marathons ist es zur Gewohnheit geworden, dass ich meine letzte Runde als Abschiedsrunde bezeichne. Es kommt schon mal vor, dass ich einzelnen Strecken lieber keinen zweiten Besuch abstatten möchte, und vielleicht zählt die heutige Laufstätte dazu.

Ich verabschiedete mich dennoch im Guten von all den Besonderheiten links und rechts der Strecke. Gerne empfehle ich jedem Naturliebhaber hier mal zum Laufen oder Wandern herzukommen, denn der kleine Hollager Berg bzw. Hollager Wald hat viel Abwechslungsreiches zu bieten.

Eh ich mich versah und meine Asphaltstrecke samt Anstieg über die Bergstraße hinter mir hatte, wollte ich die letzten drei Kilometer nochmal einen Gang zulegen. Überall, wo es möglich war, lief ich ein paar Sekunden pro Kilometer schneller, als zuvor (KM 41 in 4:12 min).

Bei meiner letzten Durchquerung des Lochs ahnte ich, dass mich das etwas Zeit kosten würde, doch anschließend ging es flott weiter (KM 42 in 4:19 min). Und auf dem letzten, laubbedeckten und etwas kurvigen Stück ließ ich die Bremse komplett los und raste förmlich zwischen den Bäumen hindurch (KM 43 in 3:58 min).

Die letzten Meter verliefen dann wieder über den Zubringer schnurstracks auf die Haselandhalle zu. Dort wartete bereits Sophie auf mich und hielt das Handy für ein Finisherfoto bereit.

Die siebte und letzte Runde beendete ich in 27:03 min (= 4:18 min/km), was nur drei Sekunden langsamer war, als meine erste und schnellste Runde. Nach einem zwischenzeitigen Tief konnte ich den Lauf nach 03:16:15 Std. letztlich doch als Erfolg verbuchen.

Ende gut, alles gut!

 

Nachher

Summiert man meine sieben Rundenzeiten zusammen entsteht eine kleine Differenz zu meiner tatsächlichen Gesamtzeit. Dies war den kurzen Pausen am Wendepunkt im Start-Ziel-Bereich geschuldet, was diesmal völlig okay war. Diesen Wettkampf wollte ich bewusst mit weniger Hektik angehen, da ansonsten das Verletzungsrisiko zu hoch gewesen wäre.

Auch Sophie schlug sich tapfer über zwei anstrengende Runden und belohnte sich schließlich mit einem sonnigen 14 km Lauf. Ihr haben die vielen Eindrücke ebenfalls sehr gefallen und das Wetter ist ohnehin ganz nach ihrem Geschmack. Dass die Beine nun nach Erholung verlangen, ist völlig in Ordnung.

Während wir uns am Auto verpflegten und ich mir trockene Klamotten überzog, bemerkten wir eine große Gruppe aus mindestens 15 Jugendlichen, die auf dem angrenzenden Fußballplatz ausgelassen Fußball spielten. Ehrlicherweise war das ein recht ungewohntes Bild in der jetzigen Zeit, in der Kontakte in solch großen Gruppen vermieden werden sollten.

Als plötzlich zwei Polizeiautos auftauchten, bestätigte dies unser komisches Gefühl und nicht nur die Jugendlichen, sondern auch wir wurden nervös. Es folgte ein wildes Gerenne, das sich recht schnell zu einer Art Verfolgungsjagd entwickelte. Wir beobachteten, wie einige Jungen an uns vorbeiliefen und sich im Steinbruch verstecken wollten. Proaktiv verpetzten wollten wir die Jugendlichen nicht, doch als uns kurz vor unserer Abfahrt ein Polizist nach deren Fluchtrichtung fragte, konnte ich einfach nicht lügen.

Wie die Geschichte endete, wissen wir nicht, denn nach so viel Action wollten auch wir einfach schnell nach Hause, wo endlich eine warme Dusche auf uns wartete. Dankenswerterweise fuhr Sophie zurück, sodass ich meiner Family per WhatsApp mitteilen konnte, dass es mir nach meinem bereits 89. Marathon sehr gut ging.

Zu Hause angekommen, war der Tag schon so weit fortgeschritten, dass wir einfach nur noch herumgammelten. Dieser erste Vorgeschmack auf den Frühling und Sommer hat uns richtig gut gefallen.

 

Zahlen & Fakten

Distanz

 

Gelaufene Zeit (Netto)

 

Gelaufene Zeit (Brutto)

 

Altersklasse

 

AK-Platzierung

 

Platzierung (Männer)

 

Gesamtplatzierung

43,2 km

 

03:16:15 Std.

 

03:16:15 Std.

 

M30 (87-91)

 

1.

 

1. von 11 (9,1 %)

 

1. von 18 (5,6 %)