1. Zweigkanal-Brücken Marathon Wallenhorst

20.03.2021

Vorher

Am vorletzten März-Wochenende sollte der 2020 ausgefallene Rom Marathon nachgeholt werden, doch wie schon bald zu erwarten war, hielt die Corona-Pandemie auch im Winter und Frühjahr 2021 alle größeren Events in Schach. Einen Lauf durch die ewige Stadt sollte es für mich auch in diesem Jahr nicht geben.

Nun hofften Sophie und ich darauf, dass unsere Ryanair Flüge ebenfalls offiziell storniert werden, denn dann blieben wir zumindest auf keinen Kosten sitzen. So geschah es dann auch am 9. Januar, sodass ab sofort wieder freie Bahn für eine heimatnahe Marathon-Planung herrschte.

Am selben Tag schrieb ich Andreas aus Lotte bei Osnabrück eine E-Mail mit einer Warteplatz-Anfrage für den durch ihn organisierten 1. Zweigkanal-Brücken Marathon in Wallenhorst, der am vorletzten Samstag im März stattfinden sollte. Eine positive Rückmeldung folgte prompt und Andreas sicherte mir den vorletzten freien Startplatz zu, sodass ich mich nun knapp 2,5 Monate auf diese Premieren-Veranstaltung freuen durfte.

Nachdem meine Schwester Nicole und ich am 6. März bei Andreas‘ Debüt als Marathon-Veranstalter am Start stehen durften und mehrmals den Alfsee bei Rieste umrundeten, folgten für mich 14 Tage mit etwas entspannteren Einheiten. Ich wollte den Zweigkanal-Brücken Marathon nicht ‚volle Pulle‘ laufen, aber eine Zeit von knapp unter drei Stunde wäre schon schön.

So prüfte ich zwei-drei Tage vor dem Lauf mehrmals die Wetterprognose, die aus Läufersicht hätte nicht besser sein können. Gegen kühle Temperaturen hatte ich nichts einzuwenden, sofern es nicht zu windig oder zu nass ist.

Mit meiner besseren Hälfte vereinbarte ich, dass ich sie an dem Samstagmorgen mal ausschlafen lasse und alleine zum Marathon fahre. Der Plan sah vor, dass ich zum Brunch wieder zurück sein wollte, worauf ich mich schon jetzt sehr freute.

Um 6:15 Uhr klingelte mich mein Wecker wach und ich gönnte mir ein ganz normales, kleines Frühstück mit Aufbackbrötchen und Kaffee. Gut gesättigt und mit lockeren Beinen stieg ich eine Stunde später ins Auto, das ich zum Glück nicht kratzen musste, und fuhr ins 30 Minuten entfernte Wallenhorst, wo sich in Start-Ziel-Nähe bereits die ersten Teilnehmer auf ihren Lauf vorbereiteten.

Da ich spätestens um 8 Uhr starten wollte, blieb mir noch mindestens eine halbe Stunde, die ich zum Quatschen und Warmlaufen nutzte. Natürlich fand alles Corona-konform statt, d.h. dass es weder einen Gruppenstart oder Verpflegung, noch eine separate Zeitmessung gab. Mit Abstand erhielt jeder Läufer lediglich einen Jutebeutel von Andreas überreicht, in dem sich eine verschlossene Urkunde und Finisher-Medaille befanden. Beides durfte natürlich erst nach dem Lauf begutachtet werden. Und all das gegen eine freiwillige Spende, Wahnsinn!

Von Irina, die heute ihren 50. Marathon/Ultra absolvieren würde, bekam jeder Teilnehmer eine Flasche Bier gesponsert – natürlich alkoholfrei. Schnell war klar, dass wir Marathon-Sammler nicht viel zum Glücklich-Sein brauchen: ein vermessener Rundkurs, ein wenig Kleinkram und vor allem ein paar gesellige Leute. Auch wenn es nur 15 Teilnehmer waren, die ich bei Überholungen nur kurz antreffen würde, reichte dies schon aus, um aus einem ganz normalen Lauf etwas Besonderes zu machen.

Nachdem ich meine kleinen Geschenke ins Auto geräumt hatte, lief ich mich noch ein paar hundert Meter warm und zog anschließend meinen Trainingsanzug aus. Ein Energiegel für alle Fälle und der Autoschlüssel wanderten in die kleine Hosentasche, bevor ich mich gemeinsam mit Andreas zur Startlinie begab. Dort knipste er noch ein Foto von mir, bevor es für mich um 7:53 Uhr mit einem „Viel Spaß!“ und „Danke, dir auch!“ auf die Strecke ging.

Auf zu meinem 91. Marathon/Ultra!

 

Der Lauf

Mir standen sieben Runden à 6,14 km bevor, die zum größten Teil – wie der Name vermuten lässt – am Osnabrücker Zweigkanal entlangführten und neben den zwei Kanalbrücken eine gut 1 km lange Extraschlaufe durch den Penter Wald parat hielten. Diesen besonders schönen Wald kenne ich bereits vom 1. Königstannen-Kanalbrücken-Marathon, den Günter Mitte Oktober letzten Jahres für uns ausgetragen hatte.

Die ersten 1,3 km verliefen auf der östlichen Seite des Kanals schnurgerade Richtung Norden. Der gut zu laufende, breite Schotterweg ließ keine Wünsche offen und hätte sich gerne auch über die gesamte Rundenlänge ziehen können. Doch die erste Unterbrechung folgte nach einer scharfen Rechtskurve, die uns in den Wald leitete. Hier lief ich zunächst über ein Stück Wiese, bevor es links an einem kleinen Teich vorbeiging, in den ein schmaler Bach hineinplätscherte. Der Untergrund wechselte zu einem schmalen Singletrail-Pfad, auf dem es nicht nur viele Wurzeln, sondern nach gut 100 Metern auch einen querliegenden Baum zu überspringen galt.

© Irina Meyer
© Irina Meyer

Nach einer Linkskurve wurde der Waldweg etwas sandiger und ich entschied mich für den festeren linken Wegesrand. Bei KM 2 hätte man erneut links abbiegen müssen, doch ich war irgendwie in Gedanken verloren und übersah die rotweißen Flatterbänder, die auf dieser Passage auf Sichthöhe in einigen Bäumen hingen. Erst meine GPS-Uhr, auf der ich den Rundkurs abgespeichert hatte, erinnerte mich nach knapp 40 Metern daran, dass ich vom Kurs abgekommen bin.

Also machte ich schnell kehrt, bog richtig ab und lief dem Ausgang aus diesem Waldstück entgegen. Nachdem weitere paar hundert Meter auf Sand und Laub hinter mir lagen, versperrte mir ein etwas dickerer Baumstamm den Weg. Da dieser etwas über Kniehöhe war, konnte ich nicht einfach locker drüber springen, sondern musste leicht abbremsen. Egal, diese kurze Unterbrechung meines Rhythmus konnte ich siebenmal verkraften.

Weitere hundert Meter später – etwa bei KM 2,6 – lief ich wieder auf den Kanal zu und bog rechts ab. Die erste zu überquerende Brücke lag direkt vor mir, doch ich musste zunächst drunter hindurchlaufen und bei KM 3 scharf rechts abbiegen, um aus Norden kommend zur Brücke hinaufzulaufen.

Die ersten spürbaren Höhenmeter waren geschafft und auf der anderen Seite konnte ich es wieder entspannt ausrollen lassen, bevor ein weiterer, kurzer Abschnitt auf etwas matschigem Untergrund folgte. Hier musste drei-vier Pfützen ausgewichen werden, doch nach einer baldigen Links-Rechts-Kurve hatte man wieder mehr Ruhe und konnte die westliche Kanalseite Richtung Süden abspulen.

Auf den vor mir liegenden zwei Kilometern konnte ich zwar etwas abschalten und meine Beine arbeiten lassen, jedoch war der Untergrund gespickt von vielen Golfballgroßen Kieselsteinen, sodass es manchmal schwierig war, die Ideallinie zu finden. Ehrlicherweise ist das hier Meckern auf hohem Niveau, doch wenn ich an die ‚sehr gute‘ Kanalseite zu Beginn des Rundkurses zurückdenke, dann ist diese gerade mal ‚befriedigend‘.

Als ich nach 5,7 km am südlichsten Punkt angekommen war, ging es nach rechts auf ein kurzes, aber knackiges Bergaufstück, das mich zur zweiten Brücke brachte. Nach der scharfen Linkskurve sowie der zweiten Kanalüberquerung, leiteten mich die Pfeile auf der anderen Seite erst nach rechts, sodass ich die Brücke wieder erst unterqueren musste. Schon bald piepte meine Uhr zum sechsten Mal und weitere 140 Meter später war die erste Runde geschafft.

Auch wenn die Kanalkilometer anderes vermuten lassen, so ist Andreas‘ Streckenwahl doch sehr kurzweilig. Die zwei Brückenabschnitte mit einigen wenigen Höhenmetern, der Penter Wald mit seiner Cross-Strecke und die paar Sportler und Spaziergänger um mich herum ließen die erste Runde sehr kurz erscheinen. Mit der Zeit von 25:41 min (= 4:11 min/km) war ich überaus zufrieden und gern wollte ich dieses Tempo möglichst lange halten.

© Irina Meyer
© Irina Meyer

Zu Beginn der zweiten Runde genoss ich wieder den perfekten Schotterweg unter den Füßen und beobachtete dabei ein paar Enten-Paare, die auf dem ruhigen Wasser ihre Runden drehten. Alles war noch sehr idyllisch und ich durfte gespannt sein, ob später am Tag auf dem Wasser noch mehr Action herrschen würde.

Eh ich mich versah, befand ich mich schon wieder im Penter Wald, in dem ich weitere Teilnehmer antraf, die heute bereits vor mir gestartet waren. Wir begrüßten uns während meines Überholvorgangs kurz und wünschten uns gegenseitig weiterhin viel Spaß und Erfolg. Die kurzen Wiedersehen und Dialoge waren sehr unterhaltsam und so winkten wir uns sogar von Kanalseite zu Kanalseite zu oder riefen etwas rüber. Ein Treffen unter Gleichgesinnten an irgendeinem Kanal irgendwo auf der Welt – das macht Spaß!

Nachdem ich auf meiner zweiten Runde jede Abbiegung auf Anhieb gefunden und mich daher nicht verlaufen hatte, konnte ich auf eine etwas schnellere Rundenzeit zurückblicken (25:17 min = 4:07 min/km). Von nun an sollte es eigentlich nicht viel schneller werden, dachte ich mir, und startete ohne Unterbrechung in meine dritte Runde.

Es mag seltsam klingen, aber bei Andreas‘ heutiger Streckenwahl gefiel mir besonders der Mix aus Wald und Kanal: Während man sich zu 25 % auf etwas unwegsamen Cross-Abschnitten austoben konnte, war auf 75 % der Strecke stumpfes Kilometer-Ballern angesagt. Diese Anteile kommen mir entgegen und machen mir besonders Spaß. So steht einem Sub-3-Std.-Marathon vorerst nichts im Wege.

© Irina Meyer
© Irina Meyer

Sobald die erste Stunde vergangen war, begegnete ich vereinzelt anderen Passanten, Radfahrern und Hundebesitzern. Das Kanalwasser jedoch blieb still und strahlte immer noch eine enorme Ruhe aus. Die einzige Unterbrechung dieser Ruhe geschah durch das Hämmern eines Spechts. Oder waren es sogar zwei? Noch nie habe ich dieses Hämmern so laut und deutlich gehört, wie am heutigen Morgen. Es war im gesamten nördlichen Teil des Rundkurses nicht zu überhören und es schien mich so sehr abzulenken, dass ich nicht mehr aufs Tempo achtete.

Eh ich mich versah, war die dritte Runde nach nur 25:11 min (= 4:06 min/km) passé. Zwar wurde ich von Runde zu Runde schneller, doch es fühlte sich noch recht kontrolliert an. Mittlerweile steckte ich in meinem gewünschten Rhythmus, kannte die Streckengegebenheiten und konnte somit entspannt Kilometer um Kilometer abspulen.

Auch die vierte Runde konnte ich nochmals eine Sekunde schneller absolvieren, als die vorherige (25:10 min = 4:06 min/km). Dieser Zeitpunkt war im Übrigen mental sehr wichtig, denn bei einem 7-Runden-Kurs liegt die Halbmarathonmarke inmitten der vierten Runde. Mit 01:28:47 Std. war ich durchaus zufrieden, zumal ich heute mit einer schnelleren zweiten Hälfte rechnete.

Nach insgesamt 24,56 km startete ich – noch immer ohne Verpflegungsstopp – in meine nunmehr fünfte Runde um den Zweigkanalabschnitt.

© Irina Meyer
© Irina Meyer

Gegen 10 Uhr morgens wurde es nicht nur rings um den Kanal lebendiger, sondern auch auf dem Wasser gab es endlich was zu sehen. Zunächst kam mir ein langes Containerschiff entgegen, mit dem ich mich viel lieber auf gleicher Höhe duelliert hätte. Somit war ich gespannt, ob ich es nach der Kanalüberquerung im Norden wieder einholen würde. Da es sonst keine Konkurrenz auf Augenhöhe gab, musste ich mir anderweitigen Ansporn suchen 

Aufgrund des Schlenkers durch den Penter Wald verlor ich zu viel Zeit, sodass das Containerschiff bald nicht mehr zu sehen, geschweige denn einzuholen war. Meiner Motivation machte dies keinen Abbruch, denn mit 25:16 min (= 4:07 min/km) auf meiner fünften Runde war ich mehr als zufrieden.

© Irina Meyer
© Irina Meyer

Dank der kühlen Temperaturen brauchte ich immer noch keine flüssige Verpflegung und so ließ ich mein Auto unbeachtet stehen, während es auf die sechste und vorletzte Runde ging. Dennoch gönnte ich mir ein halbes Energiegel, das ich von Beginn an mit mir mittrug, in der Hoffnung, keinen spontanen Einbruch zu erleiden.

Für zusätzliche Ablenkung sorgte nun ein weiteres, deutlich kleineres Schiff. Es handelte sich um die Wasserschutzpolizei, die dem Containerschiff von vorhin folgte. Somit war wieder kein Duell zwischen Mensch und Maschine möglich, aber was soll’s.

Da ich zum Ende meiner sechsten Runde merkte, wie die Beine immer schwerer wurden, stopfte ich mir die zweite Hälfte des Energiegels auch noch rein. Dieses glibberige Gel ohne Wasser hinunterzuschlucken, war mit trockenem Mund nicht so einfach, aber da es gleich nur noch 6,14 km bis in Ziel waren, wollte ich keine Pause mehr einlegen.

© Irina Meyer
© Irina Meyer

Nach Runde 6 in 25:23 min (= 4:08 min/km) folgte bereits die letzte, die ich gern in persönlicher Bestzeit absolvieren wollte. Somit schlug ich ein Tempo im Bereich von 4:00 min/km an, das auf den beiden Kanalpromenaden auch gut zu halten war. Lediglich die 1 km lange Cross-Passage durch den Penter Wald sowie die beiden Brückenquerungen machten es etwas schwieriger, die Geschwindigkeit zu halten.

Am Ende ging die Rechnung trotzdem auf und ich strahlte mit der Sonne um die Wette. Die letzte Runde war nach nur 24:44 min (= 4:02 min/km) eingetütet und ich konnte endlich nach 02:56:47 Std. auf den Stoppknopf meiner Uhr drücken.

Für die zweite Hälfte benötigte ich mit 01:28:00 Std. exakt 47 Sekunden weniger und obwohl dies recht wenig klingt, so war dieser sogenannte negative Split definitiv spürbar. Das Gefühl war einfach der Hammer!

Nachher

Nachdem ich es im Ziel leicht austrudeln lassen habe, stapfte ich zurück zum Auto, wo ich mir neben einer Flasche Wasser auch trockene Klamotten gönnte. Außerdem war ich gespannt auf den Inhalt des großen Umschlags, den Organisator Andreas uns zu Beginn ausgehändigt hatte.

Ich nahm sowohl den Umschlag als auch das Bierchen von Jubilarin Irina und schlenderte damit zurück zum sonnigen Start-Ziel-Bereich. Hier machte ich es mir gemütlich und quatschte noch ein wenig mit Andreas‘ Frau Kerstin, die sich mit ihren heutigen knapp 25 Kilometern auf ihr Marathon-Debüt in vier Wochen vorbereitete.

Zudem erfuhr ich von ihr die Geschichte hinter der heutigen Forellen-Finisher-Medaille, denn Andreas ist neben der vielen Lauferei auch leidenschaftlicher Angler und geht diesem Hobby unter anderem am Osnabrücker Stichkanal nach.

Nach kurzer Zeit gesellte sich auch Marathonsammler Gerd Junker zu uns, der heute ausnahmsweise nicht mitlief, sondern nur etwas spazieren war. Auch mit ihm tauschte ich mich über alles Mögliche aus, bevor es so langsam Zeit für den Nachhauseweg war.

Kurz vor 12 Uhr fuhr ich los, kurz vor 12:30 Uhr kam ich zu Hause an und verschwand dort zuallererst unter die Dusche. Anschließend bereiteten Sophie und ich uns ein verspätetes Frühstück vor, das wir in vollen Zügen genossen.

Für mich war dies der perfekte Start in ein schönes Wochenende!

 

Zahlen & Fakten

Distanz

 

Gelaufene Zeit (Netto)

 

Gelaufene Zeit (Brutto)

 

Altersklasse

 

AK-Platzierung

 

Platzierung (Männer)

 

Gesamtplatzierung

42,98 km

 

02:56:47 Std.

 

02:56:47 Std.

 

M30 (87-91)

 

1.

 

1. von 10 (10 %)

 

1. von 15 (6,7 %)