Mexiko

Mein 1. Laufband-Marathon

02.04.2013

Von Anfang Januar bis Ende Mai 2013 hatte ich die Möglichkeit, ein Semester lang im mexikanischen Aguascalientes an der ITESM Tecnológico de Monterrey zu studieren. Seitdem ich am Tag vor Semesterbeginn eine Führung über den gesamten Campus erhalten und hierbei auch die verschiedenen Sportstätten inkl. Fitness-Center gesehen habe, reifte in mir der Gedanke, einen Marathon auf dem Laufband zu laufen. Obwohl ich bisher noch nie länger als 30 Sekunden am Stück auf einem Laufband stand, nahm ich mir diese Herausforderung fest vor. Challenge accepted!

In den Folgewochen und -monaten ging ich hin und wieder in Freistunden oder nach dem Unterricht ins Fitness-Studio und gewöhnte mich langsam an das stumpfe Geradeauslaufen. Die Laufbänder waren groß, robust und nichts klackerte während des Trainings. Da sie allerdings so eingestellt waren, dass sie sich nach 30 Minuten automatisch ausschalteten, lief ich meistens zweimal eine halbe Stunde und somit zwischen 13 und 14,5 Kilometer. Fünf Wochen vor dem eigentlichen Laufband-Marathon passierte es ganz unvorbereitet, dass ich mein Training von 2 x 30 min auf 5 x 30 min ausgedehnt habe. In diesen 2,5 Stunden sind es schließlich bei angenehmem Tempo (05:00 min/km) ganze 30 Kilometer geworden. Wenn der Abstand zwischen den beiden einzigen Vorlesungen des Tages größer gewesen wäre, hätte ich die 42,2 km wahrscheinlich dann schon geschafft.

Nunja, nachdem ich an meinem vorlesungsfreien Montag, den 01.04.2013, erstmals seit Langem wieder 15 km am Stück im Freien gelaufen bin und mich am nächsten Tag immer noch gut gefühlt habe, entschied ich mich am Dienstagmorgen spontan, den Laufband-Marathon in der etwa fünfstündigen Pause zwischen zwei Unterrichtsstunden zu absolvieren.

Gegen 11.30 Uhr ging ich mit meiner großen Sporttasche zu den Umkleideräumen und bereitete mich so gut es ging vor: Lieblings-Laufshirt, Schuhe ordentlich geschnürt, Flasche Wasser, Handtuch für den Schweiß und die Banane für den Hunger zwischendurch. Außerdem wollte ich mir im Vorfeld schon eine Strategie bzw. einen ungefähren Plan überlegen, wie und in welchem Tempo ich die einzelnen 30-min-Blöcke absolvieren möchte. Welche Zielzeit soll ich anvisieren? 03:15:00? 03:30:00? Oder noch langsamer? Nur flach oder mit Steigungen? Ein gleichbleibendes Tempo oder variieren? Mit Pausen oder alles flott durchziehen?

Ohne ausgereifte Taktik ging ich zu den Laufbändern und wählte eines in der Mitte. Meine Hoffnung war, dass sich im Laufe der Zeit jemand dazugesellt, mit dem/der ich mich etwas unterhalten könnte. Für weitere Ablenkung sollten die motivierende Musik und der Fernseher sorgen, der permanent verschiedene Sportprogramme ohne Ton sendete. Mal war es Fußball oder Radfahren, ein anderes Mal Klettern oder Schwimmen.

Um 11.45 Uhr startete ich dann endlich das Laufband. In wenigen Sekunden war das Tempo von 12,5 km/h erreicht (= 04:48 min/km) und ohne jeglicher Steigung oder Variierung der Geschwindigkeit spulte ich die ersten drei halbstündigen Blöcke ab (je 6,25 km). Die zwei Pausen dazwischen betrugen nur ein paar Sekunden, da das Laufband lediglich einmal stoppen und dann wieder starten musste. Meinen Beinen ging es nach anderthalb Stunden und 18,75 km immer noch sehr gut. Alles locker, keine Schmerzen und nur minimale Langeweile!

Hunger verspürte ich keinen, Durst dafür umso mehr. Und so musste ich während der dritten Unterbrechung nach den ersten drei Blöcken kurz zum Wasserspender gehen und meine Flasche auffüllen. Nach knapp 2 Minuten stand ich dann wieder auf dem Band und stellte abermals 12,5 km/h ein. Von nun an wurde es aber etwas schwieriger, das Tempo zu halten, und so sehnte ich mich jetzt schon nach der nächsten kurzen Pause. Nach exakt 2 Stunden und 25 Kilometern hatte ich eigentlich schon genug für heute! Die vierte Unterbrechung dauerte diesmal vier Minuten und die darauffolgende fünfte Pause sogar schon sechs Minuten. Meinem Körper ging es gut, aber mein Kopf war nicht ganz so locker wie er sollte. Das Tempo behielt ich dennoch bei, da ich zum Ende des Laufes nicht langsamer werden wollte.

Nach fünf gleichen Blöcken (= 31,25 km in 02:30:00 Std.) musste ich mir überlegen, wie ich meinen Kopf austricksen kann. Die Ablenkung in Form von Gesprächen mit anderen Läufern war kaum möglich. Zwar waren einige Kommilitonen da, die ich kannte, jedoch litt meine Konzentration jedes Mal, wenn ich nach links und rechts schaute. Gleichzeitig nervte mich die Digitalanzeige direkt vor meiner Nase und so warf ich mein Handtuch über das Display und schaute nur geradeaus. Einfach nicht mehr nachdenken! Laufen, danach duschen und abends ein Bierchen … oder zwei! Motivation musste her! Aber da war keine! Blödes Training!

Irgendwie schaffte ich es, auch die sechste Etappe in 12,5 km/h zu absolvieren. Endlich war es soweit: der letzte halbstündige Block ist Geschichte! Nach 37,5 km fehlten mir nun lediglich 4,7 km. Die letzte Zielgerade! Bevor ich diese startete, ging ich nochmal zum Wasserspender und lockerte nochmals meine Beine, die mittlerweile ganz schön müde geworden sind. Ohne es zu merken, pausierte ich diesmal ganze acht Minuten. Puuh, das wird knapp, immerhin hatte ich nach dem Lauf auch noch geplant, zum Unterricht zu gehen. Tschakka! Rauf auf’s Band, nochmal 12,5 km/h, nochmal Leiden!

Nach 22:40 min zeigte das Display dann endlich die ersehnten 4,7 Kilometer an, YES! Ein ganzer Marathon auf dem Laufband. Leider nicht ohne Pause, aber das machte nichts! Meine reine Laufzeit betrug letztlich 03:22:40 Stunden und zählt man die vier längeren Pausen hinzu, bin ich noch unter 03:45:00 Stunden geblieben.

Ein kleines bisschen Stolz, ein großes bisschen Müdigkeit!

Zum Dehnen und Lockern blieben nur ein paar Minuten. Dann ging’s schnell unter die Dusche und nichts wie auf zum Unterricht. Im Klassenraum realisierte ich dann erst, was ich geleistet habe. Ein spontaner Marathon in der großen Freistunde. Verrückt!!!