1. Herforder Highway Ultra - Mini-Highway (48 km)

20.09.2020

Vorher

Es ist eine verrückte und schwierige Zeit, in der wir uns aktuell befinden. Wunderschöne Laufveranstaltungen werden reihenweise abgesagt und fallen der Corona-Pandemie zum Opfer. Dass große Massenevents aktuell nicht stattfinden, finde ich im Übrigen absolut richtig. Auf große, internationale Läufe kann ich gut und gerne ein paar Monate verzichten, wenn dadurch die Ausbreitung des Virus verlangsamt werden kann.

Umso mehr freue ich mich natürlich über kleinere, kreative Events, die seit Mitte des Jahres zunehmend aus dem Boden sprießen. Das bedeutet gleichzeitig, dass es dieses Jahr mehr Premieren-Läufe gibt, die man auch gerne in seiner Sammlung haben möchte. Vielleicht kann ich in 10 oder 20 Jahren ganz stolz behaupten: „Ich bin bei der ALLERERSTEN Austragung dabei gewesen!“.

Ende Mai kündigte die sympathisch wirkende Herforderin Rosalie Corazza einen kleinen aber feinen Ultramarathon auf ihrer Hausstrecke an. Da ich eher im Osnabrücker und Münsteraner Raum meine Marathons sammele, war mir der Name bisher nicht geläufig. Nach einer kurzen Recherche fand ich heraus, dass ich Rosalie Mitte Januar auf ihrer letzten Runde beim Meller Bahnmarathon angefeuert hatte. Sieh an, einen ersten Kontakt gab es also schon mal :-)

Mit ihrer ersten eigenen Veranstaltung am 20. September bietet Rosalie zunächst 30 Läufern die Möglichkeit, acht oder elf Runden à 6 km zu sammeln, um damit auf 48 km („Mini-Highway“) oder 66 km („Route 66“) zu kommen. Ihr Ziel ist es zudem, ihren ersten Ü60-Trainingslauf in die DUV-Statistik aufnehmen zu lassen, was nun mal einen offiziellen Wettkampf erfordert. Da die erste Resonanz erstaunlich groß war, entschied sich die Veranstalterin bald für eine kleine Erhöhung des Kontingents, sodass am Ende 35 Läufer*innen angekündigt waren.

Da Herford unweit von meinem Wohnort Melle liegt, sicherte auch ich mir am erstmöglichen Anmeldetag einen Startplatz für den „Mini-Highway“ und hatte anschließend fast vier Monate Vorfreude vor mir. Und damit mir in der Zwischenzeit nicht langweilig wird, kamen weitere vier Marathons und zwei Ultras zu meiner Statistik hinzu.

Am Freitag vor dem Herforder Highway Ultra kamen meine Freundin Sophie und ich aus unserem Kurzurlaub in Polen zurück. Während Sophie am Samstag noch zum Fußballtraining wollte, gönnte ich mir einen 31 km langen Trainingslauf zum Tiefsten Punkt der Stadt Melle und zurück. Dieser Lauf gab mir die Gewissheit, dass es am nächsten Tag auch mit den 48 km klappen sollte.

Am Abend folgte dann ein leckeres gemeinsames Abendessen zur Feier unseres sechsten Jahrestages. Dass es diesmal keine Pasta, sondern Kumpir mit Couscous gab, konnte ich sehr gut verkraften.

Am nächsten Morgen klingelte mein Wecker um 6:15 Uhr und ich bereite mir in der Küche ein kleines Frühstück aus Toast, Käse, Honig und Kaffee zu. Währenddessen zog ich mir meinen warmen Trainingsanzug an, der mich auf dem Weg nach Herford vor der morgendlichen Kälte schützen sollte. Erstmals seit Langem plante ich nämlich, mit dem Rennrad zum Wettkampf zu fahren und so nicht nur CO₂ zu sparen, sondern auch ordentlich wach zu werden.

Um 7:15 Uhr machte ich mich auf den knapp 25 km langen Weg über Riemsloh und Enger in den Westen Herfords. Die aufgehende Sonne sorgte für positive Stimmung und große Vorfreude in Bezug auf mein heutiges Vorhaben. Nur leider hatte ich die Hügel und den leichten Gegenwind unterschätzt, sodass ich etwas länger als eine Stunde brauchte.

© Rosalie Corazza
© Rosalie Corazza

Um 8:20 Uhr auf dem Hinterhof von Familie Corazza angekommen, musste ich erst mal meine verschwitzten Klamotten wechseln und mich in meine geplante Laufmontur schmeißen. Währenddessen füllte sich der kleine Schotterplatz zunehmend mit weiteren Teilnehmern, die alle wirklich top ausgestattet waren und gut trainiert wirkten. Wie bereits erwähnt, hatte ich bisher mit der Herforder und Bielefelder Marathonszene nichts zu tun, sodass ich noch kein Gesicht persönlich kannte.

Nachdem auch ich meine Startnummer für sehr faire 10 € abgeholt und mich in die Haftungsausschlussliste eingetragen hatte, begutachtete ich den reichhaltigen Verpflegungstisch. Dieser bot neben Cola, Eistee und Wasser auch hochwertige Energiegels, Cracker, Reis-Riegel, Gummibärchen, Feigen und Schokolade. Wer behauptet, das sei zu wenig Auswahl, ist ein verwöhnter Schnösel.

Gemäß den Corona-Richtlinien, die auch bei dieser Veranstaltung zu beachten waren, sollte sich jeder Teilnehmer vor Nutzung des Getränkeangebots oder der bereitliegenden Greifzangen die Hände desinfizieren. Bei Nichteinhaltung des Mindestabstands von 1,5 Metern galt es, einen Mundschutz zu tragen.

Ich war mir zwar sicher, dass die allermeisten Teilnehmer auf die Hygiene achten würden, doch wollte ich nichts dem Zufall überlassen und entschied mich bewusst für das Tragen eines Trinkrucksacks. Die darin befindliche 1-Liter-Trinkblase und zwei Energiegels sollten für 48 km locker ausreichen.

Doch sobald ich den Rucksack aufgesetzt hatte, bemerkte ich, wie mein unterer Rücken nass wurde. Na toll, die Trinkblase hatte ganz unten ein kleines Loch bekommen. Somit war diese Option raus, sodass ich alternativ eine Trinkflasche neben mein Rennrad platzierte und bei Bedarf dort meine kurze Trinkpause einlegen konnte. Das einzig Gute an der Sache war nun, dass ich ohne Ballast auf dem Rücken laufen konnte.

Nachdem der letzte Toilettengang erledigt, Arme sowie Gesicht mit Sonnenmilch eingecremt und die Beine gedehnt waren, war ich bereit für meinen 81. Marathon/Ultra!

Nach einer kurzen Einführung wies uns Rosalie an, uns hinter der Startlinie mit Mindestabstand hintereinander aufzustellen. Der Menschenpulk von insgesamt 34 Leuten ließ sich nur schwer in eine Reihe bringen, sodass sich die meisten irgendwo im Garten verteilten. Ich befand mich im vorderen Drittel und hoffte, gleich freie Bahn zu haben.

Kurz nach 9 Uhr war es soweit und Rosalie bat um ein gemeinsames Countdown-Zählen: 10 … 9 … 8 … währenddessen kreiste eine Drohne über unseren Köpfen und ich freute mich schon jetzt auf das hoffentlich gut geschnittene Event-Video … 7 … 6 … 5 … alle wurden etwas unruhig und nervös … 4 … 3 … 2 … ein letzter Blick auf die GPS-Uhr … 1 … Los geht’s!

 

Der Lauf

Nach wenigen Sekunden überquerte ich die Startlinie, drückte aufs Startknöpfchen meiner Uhr und lief den Führenden hinterher, die bereits vom Hof runter und nach rechts in die Hochstraße gelaufen sind. Die ersten 400 m führten geradeaus auf die Diebrocker Straße zu, die offiziell über die Fußgängerampel überquert werden sollte. Inoffiziell durften wir die Straße so kreuzen, dass sich niemand in Gefahr begibt. Also entschieden wir schnellen Jungs uns dafür, nach links und rechts zu schauen und rüber zu laufen, wenn kein Auto kam.

Auf der anderen Straßenseite ging es nach rechts leicht bergauf, bis die Herforder Ringstraße über eine Brücke überquert werden konnte. Diese Bundesstraße war womöglich das namensgebende Element für diese Veranstaltung, da sie pro Runde zweimal überquert wurde. Kurz vor KM 1 (in 4:21 min) bogen wir links ab und befanden uns parallel zur „Highway“ im Schatten der hohen Sträucher.

© Rosalie Corazza
© Rosalie Corazza

Obwohl es schon einige Zeit recht sonnig war, froren meine Hände und Unterarme noch ganz ordentlich. Mein Kontrahent, mit dem ich nun das Läuferfeld anführte, fragte kurzerhand nach meinen heutigen Ambitionen, woraufhin ich ihm mitteilte, ich wolle erst mal warm werden und anschließend Spaß haben. Er hingegen bereite sich auf einen längeren und bergigeren Ultra-Trail vor, sodass er den heutigen Lauf als schnelle und flache Einheit betrachte. Ich hoffte, dass sich mein „Locker“ und sein „Schnell“ gut und lange ergänzten, um auf der Strecke hin und wieder einen netten Gesprächspartner zu haben.

Lang genug bin ich einsame Rennen gelaufen und konnte nicht selten mit 30-60 min Vorsprung gewinnen. Heute sah es nach einem ausgeglichenen Rennverlauf aus und ich wünschte mir tatsächlich, etwas aus meinen Reserven gelockt zu werden.

© Rosalie Corazza
© Rosalie Corazza

Der zweite Kilometer führte fast durchgehend bergab und war noch komplett asphaltiert, was sich auch in unserem Tempo widerspiegelte (KM 2 in 4:10 min). Vorbei an einzelnen Wohnhäusern und Bauernhöfen war man recht schnell außerhalb der Stadt und mitten in der sattgrünen Natur. Die Streckenwahl erwies sich schon jetzt als eine glatte 1 mit Sternchen und das wollte ich Rosalie bei der nächsten Gelegenheit – beispielsweise bei einer möglichen Überrundung – auch mitteilen.

Der flache Kilometer 3 (in 4:29 min) stand ganz im Zeichen der Natur und führte über einen schattigen Schotterweg parallel zum Bächlein Kinsbeke weiter Richtung Westen.

© Rosalie Corazza
© Rosalie Corazza

Am Ende des Weges angekommen, musste kurz vor dem Friedhof Diebrock rechts auf die Hausheider Straße abgebogen werden. In genau diesem Moment kam von rechts ein Auto angerauscht und wir zwei erschraken uns. Zum Glück ist nichts passiert und da wir ja wussten, dass die Strecke nicht abgesperrt war, mussten wir infolgedessen etwas vorsichtiger sein.

© Rosalie Corazza
© Rosalie Corazza

Wenige hundert Meter weiter galt es, die nächste Landstraße zu überqueren, um schließlich dem heutigen Endgegner gegenüber zu stehen: Die Halb-Asphalt-Halb-Schotter-Straße ‚Im Barrenholze‘ hatte auf nur 300 Metern ganze 33 Höhenmeter in petto. Motiviert durch die Konkurrenz und mit immer noch frischen Beinen war ein Hochlaufen noch kein Problem (KM 4 in 4:50 min). Wie es später auf meinen letzten Runden aussehen würde, wollte ich mir lieber nicht ausmalen.

© Rosalie Corazza
© Rosalie Corazza

Oben angekommen hätte es für uns auch einfach weiter geradeaus gehen können, doch die Veranstalterin hatte sich hier einen ganz besonderen Schlenker einfallen lassen. Es ging nach rechts in ein Waldstück hinein, bevor 50 Meter später das Ende des kurzen Trail-Abschnitts erreicht war. Von hier aus liefen wir nach links über einen etwas raueren Feldweg allmählich wieder zurück in die Zivilisation.

Wie bereits erwähnt, langweilig war die Strecke keinesfalls!

© Rosalie Corazza
© Rosalie Corazza

Mit Zivilisation war der westliche Ortsrand Herfords gemeint, sodass wir einerseits durch ein kleines Industriegebiet liefen und andererseits auch wieder auf den Highway zusteuerten. Langsam aber sicher kündigte sich das Ende der ersten Runde an (KM 5 in 4:22 min), doch bevor es soweit war, mussten die zwei Ampeln an den Auf- und Abfahrten der Ringstraße überquert werden. Auch hier galt für uns die inoffizielle Regel, dass eine Querung der Straße auch bei Rot geduldet wird, wenn diese gefahrlos möglich ist. Wir rauschten mit gleichbleibendem Tempo vorbei und hatten Glück, dass kein Auto in Sicht war.

Auf Höhe der Straße ‚Obere Kreienbrede‘ sollten wir schließlich rechts abbiegen, um nach knapp 50 Metern wieder umkehren zu dürfen. Nur dank dieses kurzen Wendepunktstücks wurden uns exakt sechs Kilometer je Runde garantiert. Zurück an der Engerstraße ging es rechts ab, bevor 200 Meter weiter wieder rechts in die Zielstraße abgebogen wurde (KM 6 in 4:04 min).

© Rosalie Corazza
© Rosalie Corazza

Nach einer sehr kurzweiligen und schönen Runde erreichten wir mit dem Hinterhof gleichzeitig das Start-Ziel-Gelände. Hier musste der hölzerne Pfosten des Carports gegen den Uhrzeigersinn umrundet werden, bevor die zweite Runde anbrach.

Zu zweit ging es flott weiter und ich ahnte bereits, dass wir bald zu dritt unterwegs sein dürften. Der aktuell Drittplatzierte bog in die Hofeinfahrt ein, während wir hinausliefen, d.h. dass sein Rückstand nur wenige Sekunden betrug.

Wie bereits erwähnt, herrschte ein gewisses Kribbeln, denn der Gesamtsieg müsste heute hart erarbeitet werden. Noch ehe ich diesen Gedanken zu Ende denken konnte, gab es einen Wechsel an der zweiten Position. Damit verbunden hatte ich bald einen neuen Gesprächspartner, der mir mitteilte, er laufe heute seinen ersten Marathon. Respekt! Seine starken Referenzzeiten über den Halbmarathon ließen auf einen ambitionierten Konkurrenten schließen. … noch mehr Kribbeln!

© Oliver Rogall
© Oliver Rogall

Doch was nun zu den wichtigsten Dingen zählte, war ein gleichmäßiger und ruhiger Rhythmus. Wir zwei unterhielten uns sporadisch alle paar Minuten mal und sparten gleichzeitig Energie für das letzte Drittel. Auch musste bald mit höheren Temperaturen gerechnet werden, denn dieser Spätsommertag sollte wärmer werden, als die Tage zuvor.

Nach knapp drei Runden hatten wir das erste Drittel hinter uns und steuerten stramm auf die Halbzeit zu. Gern wird in diesem Kontext auch das Wort ‚Bergfest‘ genutzt, denn nach vier von acht Runden (und vier von acht knackigen Anstiegen) freute ich mich, dass der besagte Endgegner nur noch vier Mal bezwungen werden musste.

In der Zwischenzeit hatte ich tatsächlich mal die Gelegenheit gehabt, Rosalie bei einer Überrundung für die wundervolle Streckenwahl und die lückenlose pinke Markierung zu danken. Es war nur ein kurzes und schnelles Lob, da ich weiter aufs Gaspedal drückte, aber es kam von Herzen.

Natürlich zählt Pink nicht zu meinen Lieblingsfarben, aber es machte die Veranstaltung zu etwas Besonderem und war ein Alleinstellungsmerkmal. 

Nachdem ich auf der ersten Hälfte des Rennens nur einmal an einer roten Ampel stehen bleiben musste (KM 17), gönnte ich mir im Start-Ziel-Bereich eine zweite kurze Pause, während der ich erstmals etwas Wasser trank (KM 24). Auch die fünfte Runde, die ich aufgrund meiner Trinkpause mit etwas Rückstand auf den Führenden begann, verlief noch recht reibungslos.

Meine ersten fünf Rundenzeiten lagen allesamt nah beieinander: Runde 1 in 25:49 min, Runde 2 in 25:30 min, Runde 3 in 25:57 min, Runde 4 in 25:23 min und Runde 5 in 25:37 min. Damit war die vierte Runde nur 34 Sekunden schneller, als die bisher langsamste dritte Runde. Dass es so gleichmäßig bleibt, war kaum vorstellbar.

Obwohl der Konkurrenzdruck nach wie vor da war, spürte ich ab KM 33 einen gewissen Leistungsabfall (in 4:37 min). Es folgte der steile Berg ‚Im Barrenholze‘, der mich beinahe zum Gehen gezwungen hätte. KM 34 absolvierte ich in 5:55 min und damit fast eine Minute langsamer, als eine Runde zuvor an selber Stätte.

War das schon der Mann mit dem Hammer? War der gestrige Trainingslauf doch zu lang? – Spontan würde ich beides mit einem kleinlauten „Ja“ beantworten. Mein Kontrahent zog unterdessen an mir vorbei und fragte, ob alles in Ordnung sei. Ich entgegnete nur, der Mann mit dem Hammer klopfe bei mir an.

Er gab mir noch ein paar motivierende Worte mit auf den Weg und zog anschließend mit großen Schritten davon. Meine leise Hoffnung lag noch auf dem Energiegel, das ich mir nun gestatten musste. Wenn es die richtigen Kohlenhydrate sind, die gleich zur richtigen Zeit am richtigen Ort im Körper ankommen würden, könnte ich noch einen letzten Angriff auf den Gesamtsieg wagen.

Runde 6 mit 28:20 min war schließlich 2:23 min langsamer, als die bisher langsamste.

Nachdem es bei KM 38 wieder spürbar bergab ging, schien ich wieder zu Kräften zu kommen. Vielleicht war es auch nur dank des Gefälles ein subjektives Gefühl, das mich gleich täuschen würde. Aber Nein, denn nach KM 38 in 4:16 min folgte der flache KM 39 in 4:30 min und – Schwups – war ich wieder am Führenden dran.

© Oliver Rogall
© Oliver Rogall

Auch der Bergauf-Kilometer war etwas vielversprechender, als zuvor (KM 40 in 5:33 min). Ich schöpfte also wieder Energie und Zuversicht und freute mich besonders darüber, dem Endgegner nur noch ein einziges Mal begegnen zu müssen.

Die letzten Kilometer waren geprägt von Sonnenschein und Hitze, sodass ich vor Beginn der letzten Runde erneut anhalten und trinken musste. Diese Pause war strategisch wichtig, denn ein zweiter Einbruch aufgrund von Durst würde sicher noch härter sein, als das erste Anklopfen des Hammermanns.

Ein letztes Mal ging es mühsam hinauf zur Highway-Brücke (KM 43 in 4:58 min), ein letztes Mal entspannt bergab (KM 44 in 4:13 min), ein letztes Mal flach durchs Kinsbeke-Tal (KM 45 in 4:34 min), ein aller-aller-letztes Mal diesen immer steiler werdenden Berg hinauf (KM 46 in 5:49 min), ein letztes Mal zurück in den Westen Herfords (KM 47 in 4:54 min) und dann – endlich – konnte ich es gelockert ausrollen lassen. Erst einen Kilometer vor dem Ziel konnte ich mir wirklich sicher sein, dass der heutige, hart erkämpfte Sieg ungefährdet war.

Damit hätte ich nicht gerechnet und auch die Anstrengungen und den Kampf gegen den eigenen Körper hätte ich so nicht erwartet. Das zeigt mal wieder, dass ein Ultramarathon zurecht mit dem Wörtchen „Ultra“ beginnt.

Sobald ich wieder in die Hochstraße einbog und wenig später den lang ersehnten Hinterhof erreichte, waren die Strapazen endgültig vorüber.

Nach 03:36:15 Stunden hatte ich es geschafft und war geschafft! Endlich!

© Eva Kuhn
© Eva Kuhn

Nachher

Im Zielbereich suchte ich zunächst meine Wasserflasche auf und trank sie gleich mal halbleer. Mit den Leuten vor Ort kam ich dabei schnell ins Gespräch und wir unterhielten uns über diesen tollen Lauf. Rosalies Mann nahm unterdessen die Zielzeit auf, die ja für den DUV-Eintrag wichtig war.

Gut vier Minuten später folgte der Zweitplatzierte, der zum Ende hin ebenfalls ordentlich zu kämpfen hatte. Weitere knapp vier Minuten nach ihm begrüßten wir bereits den Dritten im Bunde. Wenn man sich diese lange Distanz vor Augen führt, kann bei unseren Zeiten von einer hohen Leistungsdichte gesprochen werden. Auch das – ohne arrogant klingen zu wollen – ist eine Anerkennung für diese Laufveranstaltung! Schön, dass so etwas in dieser Zeit zustande gekommen ist.

Wenige Augenblicke später beendete auch Rosalie eine ihrer elf Runden und nutzte die Gelegenheit, den bisherigen Finishern ihre wohlverdienten Medaillen am pinken Band zu überreichen. Mir wurde zudem ein Siegerpräsent in Form eines hochwertigen Bieres sowie besonderer Schokolade überreicht. Mit solch einer Anerkennung hatte ich gar nicht gerechnet und freute mich daher doppelt.

Während ich mich noch ein wenig im Garten der Corazzas aufhalten und entspannen durfte, telefonierte ich mit meinen Eltern und erzählte ihnen zeitnah von meinem Lauferlebnis. Anschließend deckte ich mich nochmals mit ein paar Crackern, einem Energieriegel und Gummibärchen ein, denn mir stand immerhin noch eine mindestens einstündige Rückfahrt nach Melle bevor.

Als meine heutigen Errungenschaften sicher im Rucksack verstaut waren und ich mich mit trockener Sportgarnitur aufs Rennrad schwang, ging es mit leichtem Rückenwind schnurstracks Richtung Westen. Meine salzig-süße Verpflegung schien Wunder zu wirken, den nach nur 56 Minuten war ich zu Hause angekommen, wo eine warme Dusche auf mich wartete.

Außerdem fotografierte ich nochmals ganz stolz meine Ausbeute und schickte das Foto an Sophie, die heute mit ihrer Fußballmannschaft im ersten Bezirksliga-Spiel der neuen Saison ebenfalls erfolgreich war.

Was bleibt mir noch zu sagen? – Meistens findet an dieser Stelle ein kurzes Resümee statt, doch wenn ich loslege, brauche ich wieder zig Sätze, um diesen tollen Tag in Worte zu fassen.

Ob ich den Endgegner heute wirklich zum aller-aller-letzten Mal bezwungen habe, muss ich nochmal überdenken. Abhängig vom Zeitpunkt einer potentiellen zweiten Austragung, lasse ich eine Revanche zu … so viel steht fest.

 

Kleiner Nachtrag: Der Begriff Highway spielt nicht auf die Schnellstraße an, die wir zweimal je Runde überqueren mussten, sondern ist eine humorvolle Übersetzung der Straße "Hochstraße", in der Rosalie mit ihrer Familie wohnt.

:-)

 

Zahlen & Fakten

Distanz

 

Gelaufene Zeit (Netto)

 

Gelaufene Zeit (Brutto)

 

Altersklasse

 

AK-Platzierung

 

Platzierung (Männer)

 

Gesamtplatzierung

48 km

 

03:36:15 Std.

 

03:36:15 Std.

 

M30 (86-90)

 

1. von 1

 

1. von 11 (9,1 %)

 

1. von 18 (5,6 %)