7. Heide-Ultra-Trail 52 km Schneverdingen

20.06.2020

Vorher

Am 4. Juni – und somit gut zwei Wochen vor Austragung des beliebten Heide Ultra Trails in der Lüneburger Heide – erfragte ich mir beim Veranstalter per E-Mail, ob noch ein Startplatz frei wäre. Klaus Meyer antwortete prompt und versprach mir den letzten verfügbaren Startplatz, sofern ich die moderate Startgebühr in Höhe von 20 € überweise. Gesagt, getan!

Nach über 10 Monaten Ultra-Abstinenz stand mir endlich mal wieder ein attraktiver Lauf von mehr als 42,2 km bevor. Obwohl es auf der 80 km Runde sicher mehr zu erblicken gab, entschied ich mich für die überschaubaren 52 km, auf denen ich auch so manches Highlight der Lüneburger Heide entdecken dürfte.

Aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie mussten jedoch einige Änderungen zum üblichen Ablauf vorgenommen werden. Einerseits sollte im Zeitraum zwischen 7 und 9 Uhr und ausnahmslos einzeln mit mindestens 1 Minute Abstand zueinander gestartet werden und andererseits würde es im Zielbereich kein Treffen und somit auch keine Ehrung der Läufer geben. Dass auf Umkleiden, Toiletten und Duschen verzichtet werden muss, stand natürlich außer Frage. Immerhin wurde uns eine kontaktlose Verpflegung bei KM 20 und 32 zugesichert, was ich gewiss in Anspruch nehmen würde.

Eine weitere Besonderheit, die hier bereits erwähnt werden sollte, ist die Art des Laufs. Neben einer recht spartanischen Markierung der Strecke gab es online einen GPS-Track, den sich die Teilnehmer auf ihre Uhren oder Handys laden konnten. Da meine Uhr eine solche Navigation nicht unterstützt, wählte ich eine 14-tägige Probeversion der App ‚Wikiloc‘, mit der ich im Notfall wieder auf den richtigen Pfad gelangen dürfte. Und um ganz sicher zu gehen, dass sich niemand verläuft, händigt Klaus bei Anmeldung vor Ort eine ausgedruckte Karte im wasserdichten Polybeutel aus. Das dürfte reichen, dachte ich mir, und war gespannt auf meinen ersten Orientierungsultramarathon.

Genauso wie bei meinen beiden Marathons Ende Mai in Hamburg und Bad Neuenahr-Ahrweiler, entschieden meine Freundin Sophie und ich uns dafür, am Vorabend nach Schneverdingen zu reisen. So ging es am Freitag nach der Arbeit und einem etwas früheren Abendessen Richtung Norden, wo wir pünktlich zum Sonnenuntergang den Parkplatz im Start-Ziel-Bereich erreichten.

Dort gab es zum Abschluss des Tages noch etwas Honigmelone und Schokolade, bevor es im Kofferraum ins gemachte Bett ging.

Mein Wecker klingelte um 07:15 Uhr, sodass ich bis zu meinem geplanten Start um 08:45 Uhr noch genügend Zeit zum Frühstücken und Beine lockern hatte. Da es noch überraschend kühl war, zog ich mir vorerst eine Jacke über.

Der Grund, warum ich eine so späte Startzeit wählte, war, dass der Veranstalter seinen Verpflegungsstand bei KM 20 erst ab 10 Uhr eingerichtet haben würde. Schnellere Läufer, die dann schon Stärkung bräuchten, sollten daher frühestens um 08:30 Uhr starten – hieß es in der Ausschreibung.

Als ich mich im Startbereich wenige hundert Meter von unserem Parkplatz entfernt anmeldete, erhielt ich neben dem besagten Streckenplan auch eine kleine Startnummer, die sich ebenfalls in Folie befand. Diese Kleinigkeit verlieh dem Event etwas Offizielles, was wir Läufer aufgrund vieler Veranstaltungsabsagen seit Monaten vermissten.

Meine Vorfreude stieg und ich wurde mal wieder richtig schön nervös. So sollte es vor jedem Lauf sein!

Um 08:30 Uhr weckte ich Sophie ganz vorsichtig, die mir heute mit dem Auto folgen würde. Wir verabredeten uns am offiziellen Verpflegungspunkt in Oberhaverbeck, wo sie beide Male, die ich dort vorbeilaufen würde, auf mich warten wollte. Doch zunächst stand mir in wenigen Augenblicken der Start bevor. Sophie knipste noch ein Vorher-Foto von mir, woraufhin wir uns verabschiedeten und ich erneut zu Klaus und seiner Frau stapfte. Dort prüfte ich ein letztes Mal mein Handy und die Navigations-App. Alles schien zu funktionieren. Kurz nach 08:45 Uhr gab ich den beiden sympathischen Veranstaltern ein Zeichen und verschwand hinter einem Schulgebäude auf den ersten Metern der Strecke.

Der Lauf

Die ersten paar hundert Meter führten mich hinab zum Osterwaldweg, wo es nach links über die Eisenbahnschienen und anschließend aus der Stadt hinausging. Der gepflasterte Fußweg wechselte nach nur einem Kilometer (in 4:43 min) in einen befestigten Waldweg. Es wurde ernst.

Damit war auch gemeint, dass ich nun viel genauer auf wichtige Abzweigungen und die orangenen Markierungspunkte achten musste. Noch ehe ich mich an das Laufen auf Waldboden gewöhnen konnte, passierte es: ich verpasste die erste Rechtsabbiegung. Als ich mich 50 Meter von dieser entfernt hatte, piepte mein Handy laut auf und im Display erschien die Benachrichtigung „Sie haben den Track verlassen“. Na toll, also umdrehen und den schmalen Pfad zwischen den hohen Bäumen finden.

Sobald ich wieder auf der richtigen Route unterwegs war, ertönte ein Glöckchen und die Navigations-App teilte mir mit „Sie befinden sich wieder auf dem Track“. Ich durfte gespannt sein, wie oft ich heute das Warnsignal und die Glöckchen hören würde. Hoffentlich nicht allzu häufig.

Die folgenden zwei Kilometer führten durch einen ersten Waldabschnitt und eine großflächige Heidelandschaft (KM 2 in 4:35 min und KM 3 in 4:24 min). Es war der Vorgeschmack auf das, was mich heute erwarten würde. Aber eines war klar: Ich hatte schon jetzt große Augen bekommen und freute mich wie ein kleines Kind über diesen riesengroßen Läuferspielplatz!

Nach Überquerung der Heberer Straße verlief die Strecke links neben einer Siedlung weiter Richtung Pietzmoor. Dieses sehr eindrucksvolle Moor, das ich bereits vor ein paar Jahren mit Sophies Familie besucht hatte, war heute leider gesperrt, sodass der Veranstalter die Strecke hier kürzen und an anderer Stelle verlängern musste.

In genau dem Augenblick, als ich mein Handy wieder im Trageriemen des Rucksacks verstaut hatte, verpasste ich ein zweites Mal eine Abbiegung. Also kramte ich das Handy wieder heraus und schaute aufs Display: ich hätte links abbiegen müssen. Noch vor KM 4 ein zweites Mal verlaufen – wenn das in dieser Frequenz weitergeht, würde es mir keinen großen Spaß machen. Ich versuchte mich ab sofort, noch besser zu konzentrieren.

Nach einer eckigen Schlaufe am Pietzmoor vorbei, erreichte ich wieder die Heberer Straße, die ich erneut überquerte (KM 4 und 5 in je 4:33 min). Die nächsten zwei Kilometer führten recht flach durch weitläufige Heidelandschaft weiter Richtung Osten (KM 6 in 4:22 min und KM 7 in 4:25 min), bevor ich in den nächsten Waldabschnitt eintauchen durfte. An dieser Stelle gab es das erste Mal einen Holzsteg, der über etwas mooriges Gelände führte. Dieser war der erste kleine Höhepunkt des Tages für mich (KM 8 in 4:35 min).

© Stephan Barz
© Stephan Barz

Wenig später war die Bundesstraße B3 erreicht, die ebenfalls überquert werden musste. Da der Feldweg aber nicht direkt gegenüber weiterging, lief ich zunächst intuitiv nach links und hoffte, dass ich mit meiner Entscheidung richtig lag. Doch noch bevor ich mich in der App vergewissern konnte, kehrte ich nach 30 Metern wieder um, um dann feststellen zu müssen, dass ich richtig gelaufen war. Ohje, meine Eingewöhnungsphase in das Orientierungslaufen dauerte scheinbar noch an!

Bis KM 11,3 ging es nun wieder flach durch die ausgedehnte Lüneburger Heide und so konnte ich es ein wenig rollen lassen (KM 9 bis 11 in 4:29 min, 4:26 min und 4:33 min).

© Stephan Barz
© Stephan Barz

Dass ich bald ein viertes Mal Probleme mit der Orientierung bekommen dürfte, stand außer Frage, nur wann genau würde das passieren? Exakt bei KM 11,3 ertönte das Warnsignal, sodass ich das Handy wieder zücken und die Route überprüfen musste: vor etwa 50 Metern hätte ich nach rechts gemusst. Dass ich die Abbiegung verpasste, hing auch damit zusammen, dass der folgende Streckenabschnitt nun richtig schön zugewachsen und recht unwegsam war. 

Es folgten ein paar Zusatzkilometer durch ein Paradies für Zecken. Diese Passage war der Ersatz für das gesperrte Pietzmoor, welches ich definitiv bevorzugt hätte. Aber was soll’s, ein Abenteuer war das hier allemal.

Meine Durchgangszeiten spiegelten wider, dass der Untergrund viele Löcher und Stolperfallen bot (KM 12 in 4:59 min und KM 13 in 4:54 min). Ich musste ziemlich aufpassen, dass ich nicht umknickte, denn zu diesem frühen Zeitpunkt des Rennens wäre ein dicker Knöchel alles andere als lustig.

Als ich auf diesem Stück den ersten Läufer aus dem Frühstarterfeld eingeholt hatte, wusste ich endlich, dass ich nicht allein hier draußen war. Es war tatsächlich ein recht beruhigendes Gefühl.

Als das Gras wieder etwas niedriger und der Untergrund etwas gleichmäßiger war, konnte ich mein Tempo auch wieder erhöhen (KM 14 in 4:37 min und KM 15 in 4:34 min). Schnell waren die nächsten Läufer eingeholt, die auf diesem Teilstück lieber wanderten als liefen. Unter anderem begegnete ich Christian Hottas, Christine Schröder und Ralf Lietz, die ich allesamt auch bei meinem Marathon in Hamburg-Moorfleet vor vier Wochen getroffen hatte.

Nach KM 16 (in 4:30 min) lief ich auf den Hof Tütsberg zu, der erstmals seit Langem auf hier ansässige Zivilisation schließen ließ. Auch das war eine willkommene Abwechslung, bevor es über einen leichten Anstieg wieder in die Heidelandschaft ging (KM 17 in 4:51 min).

Es ging rechts am Wulfsberg und links am Twieselmoor vorbei, stets über gut zu laufende Sandwege, bevor das erste Etappenziel in greifbare Nähe kam: der erste Halt an der Verpflegungsstation. Kurz zuvor überholte ich noch Stephan Barz und seine Frau, die ich ebenfalls von den kleinen Läufen in und um Hamburg kenne. Dankenswerterweise darf ich eine Handvoll Fotos von Stephan nutzen, um diesen Bericht etwas lebendiger zu gestalten. Vielen Dank!

Nach drei weiteren guten Kilometern freute ich mich auf eine kleine Belohnung, etwas Wasser und ein Wiedersehen mit Sophie (KM 18 bis 20 in 4:30 min, 4:23 min und 4:39 min).

Auf einem schattigen Parkplatz in Oberhaverbeck hatten Klaus und seine Frau mehrere Campingtische und Stühle ausgestellt und mit allerlei leckeren Dingen bestückt. Um den Hygienerichtlinien während der Pandemie gerecht zu werden, waren kleine Portionen in beschrifteten Papiertüten vorbereitet, sodass nicht jeder mit den verschwitzten Händen in große Behälter greifen musste. Das nenne ich mal Service!

Ich griff zu einem Tütchen mit fünf Salzbrezen und ließ mir von Sophie eine Wasserflasche reichen. Dieses kleine Menü musste für die kommenden 16 km ausreichen. Nach einer Pause von knapp zwei Minuten, die mir wie ein paar Sekunden vorkam, ging es für mich weiter Richtung Nordosten (KM 21 in 6:47 min).

Sobald die Gemeinde Oberhaverbeck hinter mir lag und ich mich auf den spannenderen Teil der heutigen Strecke freute, verpasste ich zum fünften Mal die Abbiegung. Das gewohnte Signal in meinem Handy ertönte und ich machte kehrt. Es ging nun geradewegs in das sogenannte Oberhaverbecker Holz – ein flaches Waldstück, das mich sehr stark an meine Heimstrecke in den Meller Bergen erinnerte. Hier überholte ich weitere Läufer mit Trinkrucksäcken und Hoka One One Schuhen, die unmissverständlich darauf hindeuteten, dass sie Teil des Teilnehmerfeldes waren. Ich rollte das Feld somit mehr und mehr von hinten auf und das fühlte sich ganz gut an (KM 22 bis 24 in 4:35 min, 4:33 min und 4:34 min).

© Stephan Barz
© Stephan Barz

Es ging vorbei an vielen schönen Höhepunkten der Heide. Ob es ein knackiger Trail oder eine schöne Aussicht war, ob es einzelne Hütten oder hohe Bäume waren – alle paar hundert Meter gab es neue Dinge zu bestaunen. Zudem spürte ich, dass es jeden Augenblick steiler werden dürfte (KM 25 in 4:47 min).

Dank des Höhenprofils, das ich mir im Vorfeld angeschaut hatte, wusste ich, was nun auf mich zukommt. Doch zunächst holte ich einen weiteren Läufer ein, mit dem ich heute Morgen auf dem Parkplatz schon ein paar Worte gewechselt hatte. Als ich ihn erreichte, teilte er mir mit, dass es sich um seinen ersten Lauf nördlich des Mittellandkanals handele und es für ihn schön flach sei. Sein Tempo erschien mir auch recht sportlich und als ich erfuhr, dass er die 80 km lief, zollte ich ihm meinen Respekt. Leider brachte er mich mit folgender Aussage zu meinem sechsten Patzer: „Ich müsste jetzt hier rechts abbiegen.“

Daraus schlussfolgerte ich nämlich, dass wir 52-km-Läufer hier nach links sollten, doch als mein Handy erneut klingelte, wusste ich, dass ich falsch war. Schnell machte ich kehrt und folgte dem Läuferkollegen, den ich nach ein paar hundert Metern wieder eingeholt hatte (KM 26 in 4:46 min).

© Stephan Barz
© Stephan Barz

Der nächste Kilometer war der bisher härteste des Tages, sodass wir ihn gemeinsam absolvierten. Im östlichsten Teil der Strecke waren auf kurzer Distanz etwa 20 Höhenmeter zu erklimmen, woraufhin wir den Gipfel des 132 m hohen Holzbergs erreicht hatten (KM 27 in 5:35 min). Hier trennten wir uns wieder, indem ich das Tempo weiter hochhielt und er sich etwas zurückfallen ließ.

Während ich über den Hermann-Löns-Weg lief, wurde ich von traumhaften Ausblicken über den Totengrund belohnt. An dieser Stelle dachte ich an Sophie: All das hätte sie bestenfalls auch sehen sollen, um zu verstehen, warum ich mir diese Strapazen so gern antue.

© Stephan Barz
© Stephan Barz

Die folgenden drei Kilometer verliefen weitestgehend flach und führten mich in das urige Örtchen Wilsede (KM 28 bis 30 in 4:37 min, 4:35 min und 4:38 min). Dabei passierte ich eine Schafsherde, die von einer jungen Schäferin in traditioneller Tracht und einem Border Collie Hund bewacht wurde. Auch diesen Augenblick werde ich so schnell nicht vergessen, denn er passte so unglaublich gut in diese Kulisse.

© Christian Hottas
© Christian Hottas

Sobald Wilsede, wo die tatsächliche Trennung beider Ultra-Distanzen lag, hinter mir war, schloss ich zu einem groß gewachsenen Läufer auf, der ebenfalls zum Teilnehmerfeld gehörte. Er schien mich zu kennen und wir unterhielten uns ein paar Minuten ganz angeregt, sodass wir tatsächlich eine weitere Abbiegung verpassten. Nach dem bekannten Signalton ging es erneut 50 Meter zurück und dann nach rechts auf ein etwas unwegsames Bergauf-Stück zu (KM 31 in 5:24 min und KM 32 in 5:33 min).

Die Belohnung nach gut 1,5 km bergauf war der höchste Gipfel der norddeutschen Tiefebene: der 169 m hohe Wilseder Berg. Hier erlaubte ich mir einen kurzen Stopp für ein Selfie.

Anschließend nahm ich wieder etwas Tempo auf und lief alleine weiter. Obwohl … so ganz alleine war ich an diesem Ort nicht, denn durch das gute Wetter kamen immer mehr Wanderer und Spaziergänger zusammen, die dem Ganzen sogar ein Gefühl von Urlaub einhauchten.

Während ich bergab Fahrt aufnahm, verpasste ich zum bereits achten Mal eine Abbiegung. Also nochmal aufs Handy geblickt und zurück auf den Track (KM 33 in 4:41 min). Mir stand nun der Gipfel des Bolterbergs bevor, der nur sieben Meter kleiner als sein vorheriger Nachbar ist.

Fortan ging es zwischen Wald und kahlen Feldern meistens leicht bergab dem Verpflegungsstand entgegen (KM 34 bis 36 in 4:44 min, 4:36 min und 4:35 min). Doch bevor ich mir diesen verdienen konnte, musste nach meinem neunten Fehltritt noch der 136 m hohe Turmberg erklommen werden. An dieser Stelle in Oberhaverbeck hatte ich mich bereits bei KM 22 verlaufen, wie man auf dem folgenden GPS-Track unschwer erkennen kann. 

Nach einer zweieinhalb minütigen Pause, in der ich erneut zu Salzbrezen und Wasser gegriffen hatte, verabschiedete ich mich von den sympathischen Veranstaltern, die von meinem hohen Tempo begeistert waren. Es klang ganz so, dass ich in Führung lag und heute keinen weiteren Läufer mehr einholen würde.

Sophie wartete derweil am Rande des großen Parkplatzes, um ein paar Serienbilder von mir zu machen. Natürlich bekam sie dafür den obligatorischen Luftkuss von mir.

Nach KM 38 (in 7:06 min) folgte ein Abschnitt in Richtung Niederhaverbecker Holz. Unter anderem mussten die kleinen Flüsse Haverbeeke und Wümme überquert und eine grundsätzlich etwas feuchtere Gegend durchlaufen werden. Aus diesem Grund gab es abermals einen Abschnitt über einen Holzsteg, der – wie ich finde – einfach perfekt ins Bild der Lüneburger Heide passt.

© Christian Hottas
© Christian Hottas

Nachdem eine gut vier Kilometer lange Schleife über leicht welliges Terrain gelaufen war, stand mir bald die Marathonmarke bevor (KM 39 bis 42 in 4:37 min, 4:38 min, 4:57 min und 4:37 min). Diese hatte heute natürlich keine Bedeutung, interessierte mich aber dennoch. Nach insgesamt 03:22:10 Stunden war es dann soweit und zumindest die 42,2 km waren schon mal im Sack. Es fehlten noch gut 10 km.

Gleichzeitig merkte ich, dass die Beine nun müde wurden. Der vergleichsweise kleine Wümmeberg mit seinen 104 Metern verlangte mir einiges ab (KM 43 in 4:47 min und KM 44 in 05:02 min). Es folgten ein paar flache, gerade Wege durch den Wald, bevor ein weiterer Höhepunkt bevorstand: Auf einer Länge von knapp 2,5 km ging es nun über einen sehr schmalen Singletrail-Pfad zwischen sehr hohen Bäumen hindurch. Ich fühlte mich plötzlich wie in den dichten Wäldern Kaliforniens und träumte durchaus ein wenig von Urlaub. Dass ich schon so viele Strapazen hinter mir hatte, war plötzlich vergessen (KM 45 bis 47 in 4:43 min, 4:48 min und 4:38 min).

Erst die Überquerung der Bundesstraße B3 holte mich aus dieser Träumerei heraus. Tatsächlich musste ich an dieser Stelle erstmals gezwungenermaßen stehen bleiben, denn es fuhren mindestens fünf oder sechs Autos an mir vorbei, bevor ich weiterlaufen konnte (KM 48 in 4:55 min).

Westlich der B3 ging es über den fast kürzesten Weg zurück nach Schneverdingen, wo ich vor knapp vier Stunden gestartet war. Obwohl ich keine bestimmte Zielzeit verfolgte, drehte ich hier nochmals auf und testete, was meine Beine hergaben (KM 49 bis 51 in 4:27 min, 4:35 min und 4:34 min). Es machte unglaublich Spaß und ich war mir zu jeder Zeit sicher, dass ich hier in der Heide nochmal einen solchen Lauf mitmachen möchte.

© Stephan Barz
© Stephan Barz

Es war also beinahe etwas traurig, dass es gleich zu Ende ging. Doch damit der Abschied nicht allzu schwerfällt, hatte sich der Veranstalter noch eine Kleinigkeit für uns einfallen lassen. Als ich linkerhand einen Golfplatz hinter mir ließ und rechterhand eine große Fabrik auftauchte, wurde der Laufweg plötzlich ganz schmal und mit Brennnesseln zugewuchert. Zudem kreuzten zwei umgefallene dicke Bäume den Weg – drüberspringen war nicht möglich, drunterkrabbeln nur mit größter Mühe. Na gut, jetzt wollte ich doch gern ins Ziel (KM 52 in 4:43 min).

Ich lief an einigen Sportstätten vorbei, bis der Bahnübergang von heute Morgen erreicht war. Die letzten 400 Meter waren somit dieselben wie die ersten 400 Meter des Tages. Über die Ostdeutsche Straße ging es gen Norden, bis nach insgesamt 52,74 km und 04:11:34 Stunden Laufzeit die Sporthalle Timmerahde erreicht war.

Meine neun Strecken-Ausrutscher haben mich somit nur 740 Meter gekostet. Das ist völlig in Ordnung!

 

Nachher

Im menschenleeren Zielbereich wartet lediglich Sophie auf mich, die ich mit großem Grinsen auf dem Gesicht begrüßte.

Das Erste, was ich dann machte, war das Ausziehen meiner durchgeschwitzten Klamotten. Ich sehnte mich nach trockenen Sachen und machte mich am Kofferraum unseres Autos ein wenig frisch.

Kurze Zeit später erschien der Zweitplatzierte im Ziel, den ich bei KM 31 kurz vor dem Wilseder Berg getroffen hatte. Er schien sein Tempo also auch noch gut gehalten zu haben. Nachdem er uns freundlicherweise angeboten hatte, in seinem Ferienhaus eine warme Dusche nehmen zu können, boten wir ihm eine Mitfahrgelegenheit an. Leider war seine Freundin damit nicht einverstanden, was etwas schade war. Unser Angebot bestand aber trotzdem, sodass wir zehn Minuten später irgendwo im Zentrum der Stadt gelandet waren. Von dort rief ich meine Eltern zurück, die sich in der Zwischenzeit Sorgen um mich gemacht hatten.

Danach planten wir den Rest unseres Tages, der auf jeden Fall in der Nähe von Wasser stattfinden sollte. Unsere Wahl fiel auf den 18 km entfernten Brunausee, wo nicht nur Baden erlaubt ist, sondern auch das kostenlose Parken und Übernachten. Letzteres wollten wir jedoch spontan entscheiden.

Nachdem ich uns im Aldi einige Kleinigkeiten zu essen und ein paar Getränke besorgt hatte, gönnten wir uns ein ordentliches Picknick in der Sonne. Es war sogar so gemütlich, dass ich für ein paar Minuten wegnickte.

Bevor es an die Abendplanung ging, trauten wir uns noch kurz ins kalte Seewasser, wo wir uns nach dem anstrengenden Tag schnell frisch machen konnten. Anschließend fuhren wir zum Edeka nach Bispingen, um für unser Frühstück am nächsten Tag einzukaufen. Die Entscheidung zugunsten einer Übernachtung war somit gefallen, denn der Brunausee gefiel uns so gut, dass wir uns gern auch morgen nochmal hier sonnen wollten.

Auf dem Rückweg zum Parkplatz kauften wir zudem zwei große Dönertaschen und eine Pommes, die zum Abendessen völlig ausreichten.

Am nächsten Morgen schliefen wir zunächst bis 11 Uhr aus, frühstückten, cremten uns mit Sonnenmilch ein und spazierten hinunter zum See, wo wir ein gemütliches Plätzchen gefunden hatten. Besonders tolle Unterhaltung boten uns die paarungswilligen Libellen, die in Scharen um uns herumflogen. Da durfte ein Foto natürlich nicht fehlen.

Am späten Nachmittag entschied ich mich spontan dazu, meine müden Beine etwas zu lockern und eine kurze Runde um den See zu laufen. Den Anstoß gab mir die App ‚Strava‘, die auf ein hier befindliches Segment hindeutete. Das bedeutet, dass hier virtuell eine Strecke um den See markiert ist, um deren Bestzeit sich Läufer nun duellieren können. Die aktuelle Zeit von 7:03 min für die 1,63 km lange Seerunde (= 4:19 min/km) erschien mir trotz schwerer Beine machbar. Ich zog mir daher meine Laufschuhe an und lief drauf los. Inklusive Hin- und Rückweg zum imaginären Startpunkt betrug mein heutiges Läufchen knapp 3 km. Den See konnte ich dabei in 5:48 min (= 3:33 min/km) und somit in neuer Bestzeit umrunden.

Zurück nach Hause ging es für uns am frühen Abend, sodass wir gegen 20 Uhr in Melle ankamen. Dort räumten wir alle Sachen aus dem Auto und verdienten uns so eine wohltuende Dusche.

Unser Fazit für dieses sehr sonnige Wochenende fiel durchweg positiv aus. Trotz aller Strapazen und sportlicher Anstrengungen – oder gerade wegen dieser Anstrengungen – haben wir das Wochenende total genossen.

 

Nachdem eine Woche später dann auch noch ein Überraschungsumschlag von Klaus Meyer in unserem Briefkasten landete, in dem sich eine Mappe samt Urkunde und Medaille befand, war das Projekt „Heide-Ultra-Trail“ endgültig vollkommen!

Und ich war mir sicher: Ja! Ich muss nochmal nach Schneverdingen und dieser Veranstaltung einen zweiten Besuch abstatten … vielleicht auch mal über 80 km, wer weiß …

Zahlen & Fakten

Distanz

 

Gelaufene Zeit (Netto)

 

Gelaufene Zeit (Brutto)

 

Altersklasse

 

AK-Platzierung

 

Platzierung (Männer)

 

Gesamtplatzierung

52 km

 

04:11:34 Std.

 

04:11:34 Std.

 

M30 (86-90)

 

1.

 

1. von 26 (3,8 %)

 

1. von 34 (2,9 %)