26. HAJ Hannover Halbmarathon

10.04.2016

Vorher

Es gibt Laufveranstaltungen, die perfekt organisiert sind und dafür mit herrlichem Wetter belohnt werden. Ein solcher Lauf war definitiv auch der diesjährige Hannover Marathon, in dessen Rahmenprogramm auch die Landesmeisterschaften Niedersachsens und Bremens im Halbmarathon ausgetragen wurden. Und so stieg mein Anspruch, als zugezogener Hannoveraner praktisch vor der Haustür eine gute Leistung abzuliefern und bestenfalls auch endlich eine neue Bestzeit zu erzielen. Zudem wollten wir mit unserem Verein - dem Lüneburger SV - eine solide Team-Platzierung in unserem Bundesland ergattern.
Meine Freundin Sophie und ich entschieden uns am Samstag recht spontan, doch einen Blick auf die Marathonmesse und das Veranstaltungsgelände rund um das Neue Rathaus zu werfen. Ursprünglich war geplant, dass ich meine Beine schone und von langen Spaziergängen am Vortag absehe. Und so vereinbarte ich bereits am Freitag mit Jannik, einem Laufkollegen aus einem benachbarten Verein, der bei mir in Laatzen übernachten wollte, dass er meine Startnummer abholt und mir diese am Abend mitbringt.
Naja egal … und dass wir der Marathonmesse einen Besuch abgestattet haben, bereuten wir keineswegs. Die Atmosphäre war der Hammer und meine Motivation stieg deutlich, als ich die breiten Start-/Ziel-Geraden sah. Dazu schien die Sonne und alle Menschen liefen mit einem Lächeln im Gesicht über das Gelände. Traumhaft!

Trotz super Stimmung unter den Ausstellern und Besuchern bot die Messe kaum Schnäppchen, wie ich es von anderen Marathonmessen gewohnt bin. Meist gab es nur 10% Rabatt auf diverse Laufschuh-Einzelpaare und so habe ich mich diesmal zurückgehalten … zur Freude von Sophie :-)
Da ich nicht wusste, ob Jannik vor uns auf der Messe gewesen ist, ging ich um 17:30 Uhr doch noch zur Startnummernausgabe, wo mir die nette Dame mitteilte, dass meine Nummer bereits abgeholt worden sei. Alles klar!

Daraufhin wollten wir Freunde von uns treffen, die sich spontan dazu entschieden haben, den 10-km-Lauf in Hannover mitzulaufen. Das Nachmelde-Büro befand sich im Inneren des Neuen Rathauses und so nutzte ich die Chance, erstmals seit meinem Umzug nach Laatzen Anfang November 2015 einen Blick in dieses gewaltige Gebäude zu werfen. Dort deckten wir uns sogleich mit Streckenplänen und Ausschreibungen anderer Läufe ein.
Im Anschluss gingen wir zu sechst durch den kleinen Maschsee-Park hinter dem Rathaus und spazierten zum besagten See, dem Wahrzeichen Hannovers.

Gegen 18:30 Uhr brachen Sophie und ich jedoch auf und hüpften auf dem Nach-Hause-Weg noch schnell in den Supermarkt, um uns mit gesunden Sachen für unsere Pasta-Party einzudecken. In Laatzen angekommen, begrüßte uns Jannik, der schon seit knapp 2 Stunden im Auto auf uns wartete.
Beim Kochen und anschließenden Essen wurde sehr viel über das Thema Laufen gesprochen - hoffentlich nicht zum Leidwesen von Sophie. Neben unseren schönsten Lauferlebnissen kamen auch der morgige Wettkampf und unseren persönlichen Ziele zur Sprache. Da ich trainingstechnisch im Rückstand war, schraubte ich meine Erwartungen runter und befand eine Zielzeit rund um 01:17:00 Std. als realistisch.
Gegen 23 Uhr ging es für uns ins Bett bzw. für Jannik aufs Sofa und eine etwas nervös-unruhige Nacht stand uns bevor. Um das Frühstück am nächsten Morgen noch entspannt verdauen zu können, klingelte der Wecker um 7:30 Uhr, also genau 3 Stunden vor dem Startschuss.
Anderthalb Stunden später gingen wir zur S-Bahn an der Station „Laatzen-Zentrum“, die uns in knapp 20 Minuten ohne Umsteigen zum „Aegidientorplatz“ in der Innenstadt brachte. Von dort mussten wir nur noch dem großen Strom an Menschen folgen, der einen in 5 bis 10 Gehminuten zum Start-/Ziel-Bereich brachte. Während es in der Sonne auch für die Zuschauer gut auszuhalten war, musste man im Schatten noch ein wenig frösteln.
Um 09:30 Uhr waren wir mit unseren Vereinskollegen auf den Stufen vor dem Rathaus verabredet, von wo aus wir uns in unterschiedlich kleinen Grüppchen zum Aufwärmen aufmachten. Die Beine waren durch das fehlende Training nach wie vor schwer wie Blei und die 10-15 Minuten Warmlaufen halfen da nicht mehr viel. Meine Hoffnung lag somit darin, dass sich die Beine auf den ersten Wettkampfkilometern einrollen würden.
Nachdem all die Routine wie der letzte Gang zum Dixi-Klo, das Schnüren der Schuhe und das Abgeben des Kleiderbeutels erledigt war, fehlte lediglich noch das GPS-Signal meiner Garmin Laufuhr. Hier wurde ich bis 2 Minuten vor dem Startschuss auf die Folter gespannt. Echt nervig, wenn die Technik ausgerechnet an solch einem Tag streikt.
Nach einem letzten Kuss von Sophie schlüpfte ich um 10:25 Uhr durch eine Öffnung im Absperrzaun in den vordersten Startblock und reihte mich in die vierte oder fünfte Reihe von vorne ein. All meine schnellen Vereinskameraden befanden sich rings um mich herum, sodass wir auch optisch ein starkes Team bildeten.

Und dann pünktlich um 10:30 Uhr wurden wir auf die Strecke gelassen. Nur 3 Sekunden dauerte es, bis auch ich die Zeitmessmatte übertreten hatte, und von da an hieß es ‚Mann gegen Mann‘. Bei einem solchen Meisterschaftsrennen gab es eine enorme Leistungsdichte und so konnte ich mir sicher sein, dass permanent Läufer um mich herum sein würden. Let’s run!

 

Der Lauf

In einem riesengroßen Pulk schoben wir uns über den Friedrichswall Richtung Lavesallee, wo es bei etwa KM 1 (in 03:27 min) zweimal scharf links ab ging. Linkerhand ließen wir den Waterlooplatz hinter uns und bogen auf der Waterloostraße scharf rechts ab. Erst dann folgte eine Art Verschnaufpause, die es einem ermöglichte, eine Art Rhythmus zu finden. Mit KM 2 (in 03:41 min) erreichten wir vor uns den Nordeingang der imposanten HDI-Arena, woraufhin es am Nord- und Westufer des Maschsees um eben diesen herumging. Leider führte der Kurs aufgrund der großen Läufermassen über die breite Asphaltstraße, sodass der See nur durch Bäume und Spaziergänger hindurch zu sehen war.
Die lange Gerade bis zum südlichsten Verpflegungspunkt bei KM 5 ermöglichte es einem, eine geeignete Läufergruppe zu finden, die das gleiche Tempo angingen. Jedoch war ich negativ überrascht, dass mir pro Kilometer ein paar Sekunden auf mein Wunschtempo fehlten (KM 3 in 03:40 min, KM 4 in 03:38 min, KM 5 in 03:39 min). Eine Extraportion Spritzigkeit oder Adrenalin suchte ich vergebens. Auch nach der Wende am Döhrener Turm und während der langen Geraden über die bekannte Hildesheimer Straße konnte ich nicht zulegen (KM 6 in 03:39 min, KM 7 in 03:41 min, KM 8 in 03:39 min). Ganz im Gegenteil. Sobald mich Jannik bei KM 6 eingeholt und wenige hundert Meter später deutlich abgehängt hat, wurde es richtig hart für mich. Ich sah nicht mal mehr das Potenzial, das bisherige Tempo zu halten, geschweige denn zu forcieren. Die Luft war einfach raus und das bei besten Laufbedingungen und bei einem solch wichtigen Lauf wie den Landesmeisterschaften über eine meiner Lieblingsdistanzen. Sch…ade!
Am Aegidientorplatz bei KM 8,5 angekommen, wurde die Stimmung unter den vielen Zuschauern wieder besser und ich wusste, dass ich hier meiner Freundin Sophie begegnen würde. Sie stand am linken Streckenrand zwischen den Zuschauern und somit in der Außenkurve. Mittels meinem linken Daumen, den ich in der Waagerechten hielt, zeigt ich ihr, dass ich mich nur mäßig gut fühlte. Das war in erster Linie auf meine bisherige Leistung und meine Prognose für die kommenden Kilometer bezogen.

Von nun an sollte die Strecke etwas kurviger und abwechslungsreicher durch die Innenstadt Hannovers führen, wovon ich mir etwas mehr Motivation für meine müden Beine erhoffte. Hinzu kamen vermehrt langsame Marathonis, die bereits anderthalb Stunden vor uns gestartet sind und die es für uns flotteren Läufer zu überholen galt. Nicht selten kam es zu „Achtung“-Rufen und Slalom-Laufen. All das gepaart mit der schwindenden Motivation führte von nun an zu recht langsamen Kilometerabschnitten (KM 9 in 03:47 min, KM 10 in 03:54 min, KM 11 in 03:48 min, KM 12 in 03:46 min).
Der folgende Abschnitt bis einschließlich KM 15 führte durch die beliebte Oststadt Hannovers, die ich unter anderem aus meinem Berufsalltag als Außendienstler recht gut kannte. In diesem Bereich des Streckenverlaufs waren die Marathon- und Halbmarathonstrecken nur in wenigen Teilen identisch. Während die Marathonis wesentlich längere Schlaufen raus aus der Stadt und wieder hinein laufen mussten, blieben wir permanent in Innenstadtnähe. So kam es, dass ich auf einem kurzen gemeinsamen Stück eine große Gruppe von 4-Stunden-Marathonis inklusiv Zugläufern mit Ballons überholte und ihnen während des Überholens zurief, sie seien die wahren Helden des Tages. Und das meinte ich absolut ernst, denn ich weiß, wie es ist, als Marathonläufer ständig von irgendwelchen Wilden überholt zu werden, die den eigenen Rhythmus stören könnten.
Mein eigener, nicht ganz vorhandener Rhythmus hingegen war nicht gestört und lag nach wie vor in einem viel zu langsamen Bereich (KM 13 in 03:55 min, KM 14 in 03:48 min, KM 15 in 03:46 min). Schneller wird es heute wohl nicht mehr werden.

Nach KM 16 (in 03:53 min) ging es für mich und meine immer kleiner werdende Gruppe über die Appelstraße stramm Richtung Herrenhäuser Gärten zu. An der U-Bahn-Station ‚Appelstraße‘ führte der Kurs uns jedoch scharf links herum und wieder Richtung Innenstadt. Allzu weit hatten wir es nach KM 17 (in 03:58 min) nicht mehr, aber es zog sich mittlerweile ganz schön. Besonders das Wetter setzte nun spürbar zu, denn die morgendliche Kühle ist der hochstehenden und wärmenden Sonne gewichen. Was den zahlreichen Zuschauern gut tat, war für uns nicht von Vorteil.
Auf der langen Geraden bis KM 18 (in 03:56 min) passierten wir den Prinzengarten und die bekannte Leibniz Universität, bevor es dann in einem kleinen Rechts-Schlenker bis KM 19 (in 03:52 min) noch zweimal über die Leine ging. Erst dann befand ich mich – mittlerweile seelenallein – auf der erlösenden Zielgeraden. Auf der Uhr war von dieser Erlösung jedoch nichts zu spüren, denn der 20. Kilometer hätte in Anbetracht der nahenden Ziellinie gern etwas schneller sein dürfen (03:54 min).

Über die breite Straße ‚Leibnizufer‘ und den anschließenden ‚Friedrichswall‘ lief ich dem Zielbanner entgegen, welches schon von weitem zu sehen war. Zudem waren der laute Moderator und die Musik deutlich zu hören, sodass ich bis KM 21 (in 03:45 min) noch ein paar Sekunden herauskitzeln konnte.
Zwischenzeitig verlor ich ein-zwei Gedanken an die Topläufer des Marathons, denn mit Anna und Lisa Hahner haben sich hier zwei sehr starke deutsche Läuferinnen auf die Strecke begeben. Beide habe ich bereits persönlich getroffen und wünschte Ihnen – und insbesondere Anna Hahner – das Erreichen der fehlenden Marathon-Olympianorm für Rio de Janeiro 2016. Wie sich später herausstellte, gewann Anna zwar den Marathon, jedoch mit einer Zeit von 02:30:35 Stunden ganze 5 Sekunden zu langsam. Lisa hingegen brauchte als Fünftplatzierte 02:34:56 Stunden, war jedoch dank ihres DM-Titel aus dem Vorjahr bereits automatisch für Rio qualifiziert. Und was ich noch nicht ahnte, war, dass Sophie sogar ein emotionales Finisher-Foto der beiden erwischt hat.

Mein Zieleinlauf folgte weniger emotional knapp 12 Minuten später. Mit Enttäuschung musste ich auf der großen Digitaluhr über dem Zielbanner sehen, dass für mich heute lediglich eine 01:19:19 Stunden rausgesprungen ist. Das bot sehr viel Luft nach oben, wenn man bedenkt, dass ich bei wesentlich schlechteren Bedingungen in Neuenkirchen 2014 gut 3,5 Minuten und in Husum 2015 bei heftigem Wind gut 3 Minuten schneller war. Abhaken!

Nachher

Sofort nach dem Zieleinlauf dachte ich nicht nur an meine persönliche, schlechte Leistung, sondern vielmehr an unsere Mannschaftsleistung, zu der ich aller Voraussicht nach nicht beigetragen hatte. So mein erster Gedanke, denn es befanden sich schnellere Läufer auf der Strecke, als ich. Doch wie sich bald herausstellte, ist Jonathan an einer Stelle in der Oststadt auf die Marathonstrecke abgebogen und hat dadurch ein paar Extrakilometer absolviert. Dadurch rutschte ich auf den dritten Platz im Verein und komplettierte mit einer miserablen Zeit das Triple aus Philipp (01:11:10 Std.) und Torsten (01:14:12 Std.). In Summe erzielten wir eine Zeit von 03:44:44 Std., was leider nur zum 4. Mannschaftsrang reichte (die 3. Mannschaft hatte mit 03:36:57 Std. einen deutlichen Abstand).
Um schnell auf andere Gedanken zu kommen, suchte ich in den Zuschauermassen vor dem Neuen Rathaus nach meiner Freundin. Irgendwann entdeckten wir uns und vielen uns in den Arm. Ich war natürlich froh, dass Sophie als Zuschauerin so schönes Wetter und viel Trubel um sich herum gehabt hatte. Gleichzeitig war sie froh darüber, dass es mir gut ging, und was die schlechte Leistung betraf, versuchte sie, mir gut zuzureden. Dankeschön! Aber auch dieser Lauf bedarf wieder Zeit, um abgehakt zu werden.
Für weitere Ablenkung sorgten unsere Freunde, die sich pünktlich um 13:00 Uhr auf den 10-km-Lauf begaben. Auch hier warteten wir wieder am Aegidientorplatz bei KM 8,5 auf jede(n) Einzelne(n) und feuerten nochmal ordentlich an. Bei solch einem Sonnenschein machte es einfach nur Spaß und ich lief zudem noch den einen oder anderen Meter nebenher mit.
Zum Nachmittag hin gönnten wir uns an einem Asia-Stand noch ein paar Bratnudeln und verabschiedeten uns anschließend von Freunden, Vereinskollegen und der schönen Stadt Hannover, um in den verdienten Feierabend zu zweit zu verschwinden.

 

Zahlen & Fakten

Distanz

 

Gelaufene Zeit (Netto)

 

Gelaufene Zeit (Brutto)

 

Altersklasse

 

AK-Platzierung

 

Platzierung (Männer)

 

Gesamtplatzierung

21,0975 km

 

01:19:19 Std.

 

01:19:22 Std.

 

Männl. Hauptklasse (87-96)

 

28. von 789 (3,5 %)

 

61. von 4698 (1,3 %)

 

62. von 6937 (0,9 %)