83. Straßenläufe Herten-Bertlich ~ 30 km

06.02.2011

Vorgeschichte

Der Zufall wollte es, dass ausgerechnet an dem Tag, an dem ich wieder nach Nettetal zum Beginn des zweiten Semesters fahren musste, die 83. Straßenläufe in Herten-Bertlich ausgetragen wurden. Es war ein Zufall, den ich mir nicht besser hätte erträumen können, denn der Umweg von Hopsten nach Nettetal über Herten-Bertlich beträgt nur 17 km. Dass ich deshalb an diesem Wettkampf im Ruhrgebiet teilnehmen „musste“, stand somit schon seit Ende Dezember außer Frage. Über die Distanz wollte ich mich aber kurzfristiger entscheiden, da ich einerseits schon einige Wochen Probleme mit beiden Knien hatte und andererseits sowieso nur Nachmeldungen zugelassen sind.

Nachdem ich die erste Januar-Woche krank im Bett verbracht habe und die zweite Woche für die Vorbereitung auf den ersten Lauf der 31. Nettetaler Winterlaufserie genutzt habe (10 km in 38:22), begann nach Samstag, den 15.01.2011, die gezielte Vorbereitung auf Bertlich. Das soll heißen, dass ich versucht habe, in meiner freien Zeit so viele Kilometer zu sammeln, wie nur möglich, um zumindest annähernd an die Leistung vom letzten Sommer (02:06:40 Std. über 30 km) heranzukommen. Die dritte und vierte Kalenderwoche beendete ich mit 70,1 und 75,5 Wochenkilometern und das meist ohne allzu nennenswerte Knieprobleme. Lediglich die langen Sonntagsläufe (23 km und 26 km) taten zum Ende hin sehr weh. Ich schwankte somit Anfang Februar zwischen dem Halbmarathon und den 30 Kilometern, entschied mich aber aus folgenden Gründen für den „30er“: erstens ist der Druck, eine gute Zeit zu erreichen, bei 30 km geringer als auf der HM-Distanz; zweitens starten die 30-km-Läufer um 12.00 Uhr (1 Std. 20 min später als der HM), sodass ich bis 8.00 Uhr „ausschlafen“ kann; drittens ist die Wahrscheinlichkeit größer, dass ich wieder einen Läuferpokal gewinne, da auf einer solchen Distanz nur wenige Junioren antreten (Jahrgang 89-91).

Sonntag, 06.02.2011

Vorher

Um kurz vor 9.00 Uhr habe ich mich von meiner Familie verabschiedet, bin ins Auto gestiegen und habe Herten-Bertlich nach einer entspannten und fast verkehrsfreien Fahrt (127 km) um 10.30 Uhr erreicht. Nach einem Anruf zu Hause und einem kurzen Fußmarsch zum Start-/Zielgelände, habe ich mir mit meiner bereits ausgefüllten Anmeldung für 15 € meine blaue Startnummer abgeholt. Daraufhin bin ich zu den Umkleideräumen gegangen, um dort meine Tasche liegen zu lassen und unbeschwert ein paar Aufwärmläufchen absolvieren zu können.

Der Wind war unheimlich stark, Bäume bogen sich, an T-Shirts befestigte Startnummern flatterten laut und der eine oder andere jagte seiner Cappy hinterher. Dennoch blieb es den ganzen Tag trocken und mit 10°C außerordentlich mild für Anfang Februar. Mich freute dieses Wetter sehr, denn dadurch durfte ich es mir erlauben, meine heutigen Erwartungen noch weiter runter zu schrauben. Unter 2:10 Stunden zu bleiben - wie es schon im Sommer 2010 mein Ziel war - wäre schon schön. Vielmehr wollte ich zunächst nicht erwarten.

Gut 45 Minuten vor dem Start habe ich noch eine Banane gegessen, mir meine Knie mit einer Sport Creme eingerieben und nach weiterem Aufwärmen einige Dehnübungen gemacht. 20 Minuten vor dem Start war ich so weit, dass ich an nichts Wichtiges mehr denken musste: mein Ziel für heute war definiert, das Wetter wurde optimistisch akzeptiert, die Konkurrenz wurde betrachtet und als ‚ungefährlich‘ eingestuft und die Sporttasche habe ich bereits an der Kleiderabgabe abgegeben.

Ich war beinahe der Einzige, der sowohl mit kurzen Schlabber-Shorts, als auch im dünnen Achselshirt laufen wollte und ich bereute es keine Sekunde. Immerhin bin ich Ende November sogar schon bei Minusgraden so gelaufen. Leider verzögerte sich der Start um fast 10 Minuten, sodass mir dann doch noch etwas kühl wurde. Aber um 12.10 Uhr war es endlich soweit: der Start wurde mündlich freigegeben und die 82 Läufer gingen auf die Strecke. Mal schauen, was heute so geht!

  

Der Lauf

Nach 100-200 Metern bildete sich bereits eine Perlenkette, in der ich mich an vierter Position befand. Als der Läufer vor mir seine Cappy verlor, wurde ich Dritter und nur Sekunden später überholte ich auch den Zweiten. Hmm, eigentlich zu schnell, aber abwarten.

Den ersten Kilometer absolvierte ich in 04:01 min, d.h. zu schnell, denn geplant waren ca. 04:15 min. Nach einer Rechtskurve in die Felder hinein, gelangten wir in wunderbaren Rückenwind, sodass die nächsten Kilometer ruhig ein bisschen schneller als geplant werden durften. Dass KM 2 eine 03:50 min aufzeigte, hat mich dann aber doch etwas erschrocken. Zu häufig habe ich schon denselben Fehler begangen. Auf den folgenden fünf Kilometern gelang es mir, etwas abzubremsen und über‘m 04:00-min-Schnitt zu laufen. Die Strecke in Bertlich und die unmittelbare, recht eintönige Umgebung lassen es aber auch nicht zu, sich mit etwas anderem als mit seiner Laufuhr abzulenken.

Nachdem ich KM 7 und 8 in 03:58 min und 04:02 min beendete, wurde es danach wiederum etwas langsamer. Dies hing aber in erster Linie mit dem starken Wind zusammen, der nach der Wende im äußersten Norden von nun an heftig von vorne wehte. Sehr deutlich wird dies anhand meiner Kilometerzeiten bei KM 12 und 13, die ich mir beide in 04:17 min erkämpfte. Es fühlte sich tatsächlich so an, wie wenn ich mich mit aller Kraft bäuchlings gegen die Wand aus Wind werfen würde. Wie in einem Windkanal. Anstrengend und lustig zugleich.

Die letzten drei Kilometer der ersten Runde lief ich wieder äußerst schnell (03:57 min, 04:04 min, 03:58 min), und das obwohl der Wind immer noch gut von der Seite blies. Nach der Hälfte bei KM 15 und dem Passieren des Veranstaltungsgeländes am Sportplatz zeigte meine Uhr 01:01:13 Std., was hochgerechnet auf eine Pulverisierung meiner Vorjahreszeit hindeutete. Warum nicht? Ab geht’s auf die zweite Runde!

Mit dem Gedanken, dass heute ohne allzu großes Risiko eine neue Bestzeit möglich ist, begab ich mich auf die zweite Streckenhälfte, die ab dem 16. Kilometer wieder durch viel Rückenwind geprägt war. Hier ging es wieder durch die Wiesen und Felder zwischen den Ruhrgebietsstädten Herten, Marl und Recklinghausen. KM 17 absolvierte ich in schnellen 03:58 mich, jedoch waren meine Kilometerzeiten nur noch in Hinblick auf meine persönliche Endzeit relevant. Seitdem mich der Cappy-Verlierer anfangs schnell wieder eingeholt und überholt hat, lief ich einsam und allein an Position Drei. Einzig die langsameren Marathonläufer befanden sich noch auf der Strecke und dienten nicht selten als Orientierungspunkt für mich. Einen nach dem anderen sammelte ich auf der Strecke ein und motivierte mich auf diese Weise. Mein Tempo wurde nicht spürbar langsamer (KM 18 in 04:03 min, KM 19 in 04:02 min) und ich genoss das Pushen des Windes.

Während ich so weiterlief, grüßte ich häufig die Polizisten und bedankte mich dafür, dass sie an Straßenkreuzungen für jeden Einzelnen die vorbeifahrenden Autos anhielten. Auch den unermüdlichen Helfern an den Verpflegungsständen gebührt Dank, denn auch sie stehen von 10.00 Uhr morgens bis 15.30 Uhr nachmittags bei Wind und Wetter und schütten Getränke nach. Ich bediente mich lediglich 4 Mal an einem halben Becher Wasser, zweimal auf der ersten und zweimal auf der zweiten Runde.

Dass es nun auf dem letzten Drittel ab KM 20 ein wenig langsamer werden würde, war mir natürlich klar. Das Wetter und die erste schnelle Runde hatten da nämlich auch ein Wörtchen mitzureden. Deshalb verwunderte es mich nicht, dass ich KM 20 in 04:07 min und KM 21 in 04:13 min gelaufen bin (HM-Zeit: 01:25:47). Bevor zwischen KM 24 und 25 wieder die scharfe Rechtskurve ganz oben im Norden und der Wind von vorne folgten, wollte ich innerlich noch ein paar Sekunden gutmachen. Dies ist mit 04:04 min, 04:00 min und 04:05 min auf den folgenden drei Kilometern auch gut gelungen. Neben leichten Hügeln, einigen Bauernhöfen und einem viel besuchten Angelteich, gab es auch diesmal nicht viel Interessantes zu sehen. Mir genügte es jedoch voll und ganz, denn der starke Wind verlieh der Landschaft ihre ganz eigene Note. KM 25 bis 27 zeigten im Gegenwind dann jeweils eine 04:21 min. „Mann gegen Wind“. Diesmal ist der Wind der Stärkere.

Da das Bestzeit-Polster dick genug war, ließ ich den Lauf als ungefährdeter Dritter einigermaßen ausrollen. Nach zwei weiteren mäßig schnellen Kilometern, genoss ich den schönen langen Schlussspurt, der zunächst auf einem Radweg verlief, dann aber nach rechts auf eine abschüssige Siedlungsstraße führte. Dort machte ich nochmals große Schritte, flog dem Ziel auf dem Sportplatz förmlich entgegen und freute mich nach den letzten 300 Metern auf der Aschebahn über meinen schnellsten Wettkampf-Kilometer (03:48 min). Außerdem die neue Bestzeit von 02:03:08 Std. (03:32 min schneller, als im September 2010).

Dass die zweite Hälfte ein kleines bisschen langsamer war, merkte ich nur auf den Gegenwind-Passagen. Ansonsten war es ein sehr gleichmäßiges Rennen mit viel Natur und noch mehr Spaß am Laufen. Im Ziel war es ruhig, kein Publikum, nur wenige Läufer, aber das war kein Problem. Ich war einfach nur glücklich und zudem überrascht, dass meine Knie keinen Mucks von sich gegeben haben. Ende gut, alles gut!

 

Nachher

Nach ein paar Minuten Erholung und zwei Bechern Tee, ging ich zur Kleiderabgabe, um meine Tasche abzuholen. Ich rief sofort zu Hause an und erzählte stolz von der super Zeit, dem super Gefühl und der super Platzierung. Die Dusche danach war ebenfalls prächtig. Besser habe ich nur selten zuvor geduscht. In der Pausenhalle unweit der Umkleidekabinen musste ich dann bis kurz vor 16.00 Uhr auf die Siegerehrung warten. Versüßt wurde mir die Warterei durch einen selbstgebackenen Kuchen in Herzform von meiner Schwester. Dankeschön nochmal an dieser Stelle!

Dann endlich die Siegerehrung und der begehrte Läuferpokal. Mensch, beim zweiten Start in Bertlich gleich ein zweiter Läufer aus Metall. Jetzt heißt es wohl, für eine ganze Läuferpokal-Familie zu sorgen. Warum eigentlich auch nicht?

Summa summarum war ich mit 02:03:08 Std. Drittplatzierter, während der Erste 02:00:46 Std. und der Zweite 02:01:27 Std. benötigten. Auf den Viertplatzierten habe ich über fünf Minuten gutmachen können, perfekt!

Zu Hause in Nettetal ist mir dann leider noch aufgefallen, dass mein silberner Läuferpokal mit einem anderen verwechselt worden sein muss. Auf dem kleinen Metallplättchen stand, dass ich Erster der männlichen Jugend A geworden bin. Da ich aber zu den männlichen Junioren zähle, kann dies ja nicht stimmen. Darüber hinaus schien mein Nachname falsch in der Datenbank des Vereins gespeichert worden zu sein, denn sowohl auf der jetzigen, als auch auf der letztjährigen Urkunde steht „Patrick Kaczynksi“. Nachdem ich eine E-Mail an die Organisatoren geschrieben habe, wurde mein Name innerhalb einer Woche in den Ergebnislisten korrigiert und ca. vier Wochen nach dem Lauf wurde mir ein neues Plättchen für meinen Pokal zugeschickt. Das nenne ich After-Sales-Service par excellence! Weiter so, Bertlich! Ich bin mir sicher, ich komme wieder ;-)

 

Zahlen & Fakten

Distanz

 

Gelaufene Zeit (Netto)

 

Gelaufene Zeit (Brutto)

 

Altersklasse

 

AK-Platzierung

 

Platzierung (Männer)

 

Gesamtplatzierung

30 km

 

02:03:08 Std.

 

02:03:08 Std.

 

Männl. Junioren (89-91)

 

1. von 1 (100 %)

 

3. von 55 (5,5 %)

 

3. von 82 (3,7 %)