Stadtwerke Halbmarathon Bochum

04.09.2016

Vorher

Nachdem ich auf der Facebook-Seite von Running.COACH in diesem Jahr bereits je einen Startplatz für den 6. Welt-Down-Syndrom-Tag Marathon in Fürth und für den 40. Leipzig Marathon gewonnen habe, hatte ich Ende Juni ein drittes Mal Glück. Dieses Mal stand ein Startplatz beim Stadtwerke Halbmarathon in Bochum am 4. September zur Verlosung. Die Teilnehmer sollten im Zeitraum von Montag, den 27. Juni, bis Mittwoch, den 29. Juni, 16:00 Uhr eine Zahl zwischen 1 und 3000 nennen. Die beiden Zahlen, die am nächsten an den geheimen Nummern der Veranstalter lagen, sollten frei zwischen dem Halbmarathon oder der 10-km-Strecke wählen dürfen. Da es bis zum Verlosungsende nur zwei Interessenten gegeben hat, hielt sich meine Spannung in Grenzen. Am Abend des 11. Juli verkündete Running.COACH dann endlich offiziell, dass wir zwei gewonnen haben, und so stand mir mein nächster Halbmarathon in einer mir bisher unbekannten Stadt bevor. Meine glückliche Zahl war diesmal die 1412, angelehnt an den Geburtstag meiner Mutter.

Da der Sommerurlaub meiner Freundin und mir auf Ende August fiel und ich damit fast zwei Wochen völlig ohne Laufen verbracht habe, war die Vorbereitung entsprechend bescheiden. Aber das sollte dem Lauf keinen Abbruch bereiten, denn meine Ambitionen hielten sich im Rahmen. Der Bochum Halbmarathon sollte Spaß machen und als neuer Ort in meiner Sammlung dienen. Nicht mehr und nicht weniger.
Aufgrund des frühen Starts um 9:00 Uhr machten sich Sophie und ich bereits um 06:30 Uhr auf den 1,5-stündigen Weg von Laggenbeck nach Bochum. Dort in der Innenstadt angekommen fuhren wir zunächst durch ein paar Gassen in der Hoffnung, einen kostenlosen Parkplatz zu finden. Als die Suche vergebens erschien, nutzten wir für ein paar Euros die Tiefgarage „Husemannplatz“, die logistisch am nächsten zum Start-Ziel-Gelände lag. Während Sophie sich im Auto noch ein kleines Nickerchen gönnte, wollte ich mich warmlaufen, die Umgebung erkunden und meine Startnummer abholen. Hierzu gab es für alle Teilnehmer einen Goodie-Bag mit vielen, mal mehr und mal weniger nützlichen Werbegeschenken.

Knapp 10 Minuten vor dem Start hatte ich alles Wichtige erledigt und war ausreichend warmgelaufen und gedehnt, sodass ich zurück zur Tiefgarage lief, um Sophie abzuholen. So früh am Morgen tat es mir wahrlich weh, sie zu wecken, aber so war nun mal unsere Abmachung. Gemeinsam machten wir uns auf den kurzen Fußweg zur Startlinie, wo bereits die jungen Cheerleader und der übermotivierte Moderator für Stimmung sorgten. Ganz so ansteckend war all das noch nicht, denn für uns beide war der Morgen wohl noch zu früh. Sophie stand in ihrer dicken Jacke eingepackt am linken Streckenrand, während ich mich nochmal verzweifelt und vergebens nach einem Dixi-Klo umsah. Naja, egal, sind ja „nur“ 21 Kilometer heute.

Mit schweren Beinen, etwas zu voller Blase, einem unguten Gefühl und wenig Lust verabschiedete ich mich von Sophie und begab mich in den Startblock. Hier gab es einige wilde Anwärter auf den Gesamtsieg, sodass ich mir für mich eine Platzierung um den 10. Platz herum zum Ziel setzte. Dass der Spaß nun so schnell verschwunden ist, hätte ich nicht gedacht und mir auch nicht gewünscht, zumal ein richtig flotter Halbmarathon schon einige Zeit her ist. Aber ich konnte es jetzt nicht mehr ändern und wollte diesen lauf einfach schnell über die Bühne bringen. Und dass ich ausgerechnet heute meine Laufuhr vergessen habe, ist wohl ein Zeichen. Abhaken, nach vorne schauen und nach Gefühl laufen!
Nach einem deutlichen Countdown von 10 runter ertönte pünktlich um 9:00 Uhr der Startschuss für den diesjährigen Bochum Halbmarathon und gleichzeitig meinen 18. Lauf über diese Distanz.

 

Der Lauf

Trotz des hohen Tempos erblickte ich Sophie gerade noch rechtzeitig zwischen den vielen anderen Menschen, sodass ich nochmal höfflich in die Kameralinse lächeln konnte. Und dann befanden wir uns schon auf der ersten, kleinen von insgesamt vier Runden.

Nach einer Eisenbahnunterführung und 500 Metern auf der Strecke ging es links ab und die erste leichte Steigung des Tages hinauf. Da wir noch alle frisch waren, war dieser Hügel kein Problem und jeder konnte sein persönliches Tempo und seinen Windschatten-Spender finden. Auch ich hoffte, dass ich bei diesem breiten Teilnehmerfeld stets hinter einem breiten Rücken herlaufen kann, aber diese Hoffnung blieb leider unerfüllt. Dadurch, dass ich die Geschwindigkeit heute scheinbar nicht konstant hochhalten konnte, wirkte der gesamte Lauf sehr unrhythmisch. Mal war ich schneller, als der Rest, und mal war ich zu langsam.
Als drei weitere Linkskurven und eine Eisenbahnunterführung folgten, war die erste kleine Runde von 2,2 km Länge absolviert. Diese spulte das Spitzenfeld in 07:32 Minuten ab. Ich hingegen brauchte mit 08:07 Minuten ganze 35 Sekunden mehr (03:41 min/km). Naja.

Doch während am Anfang nur ein Hügel zu bewältigen war, hieß es auf den folgenden Runden, einen innerstädtischen Berg zu erklimmen. Und das bei meist starkem Gegenwind. Warum sehe ich heute bloß alles so negativ? Normalerweise ließe sich ein solcher Streckenverlauf als „abwechslungsreich“ beschreiben, doch mir fehlte hierzu die Motivation.
Nach einem langen Kilometer geradeaus auf der Königsallee bogen wir rechts auf die Farnstraße ab. In diesem südlichsten Teil des Kurses befand sich auch die höchste Erhebung, die auf 120 m üNN hinaufführte (tiefster Punkt etwa 95 üNN). Hier passierten wir unteranderem eine Staffel-Wechselzone und einen Verpflegungspunkt, sodass für ausreichend Applaus vom Streckenrand gesorgt war. Auch auf den anderen Abschnitten konnte ich mich überraschenderweise nicht über zu wenig Motivation von außen beschweren. Sehr gut!
Die Gegen, die wir in diesem südlichen Teil der Stadt durchquerten, schien eine etwas wohlbetuchtere zu sein. Darauf ließen die unterschiedlichen Häuser und Anwesen schließen. Über die Königsallee ging es dann aber ab KM 4,4 wieder hinunter Richtung Innenstadt. Leicht wellige Straßen führten uns bis KM 6, von wo aus ein 500 Meter langes Wendepunktstück über die Oskar-Hoffmann-Straße verlief. Diese Passage war stimmungstechnisch erst recht aufgeheizt, zumal hier an der Spitze des Wendepunktes nochmals ein Moderator mit lauter Musik-Anlage vertreten war. Respekt, Bochum!

Mit etwas mehr Dampf unterm Hintern ging es folglich auf die letzten 1,5 km der ersten Hauptrunde, die fast geschafft war. Zuvor lenkten mich kurz vor KM 8 die magenta-leuchtenden Schriftzüge an der Decke der Eisenbahnunterführung ab. In mindestens 30 Sprachen leuchtete den Autofahrern – und heute uns Läufern – das Wort „Willkommen“ entgegen. Schöne Idee!
Bei KM 8,5 war dann die erste Hauptrunde geschafft: Die 6,3 km in 24:08 min bedeuteten einen Kilometerschnitt von 03:50 min/km. Leider nicht zufriedenstellend, wie ich einsehen musste.

Sophie stand nach wie vor an ihrem Zuschauerplatz kurz hinter der Startlinie, sodass ich sie schnell wiederfinden konnte. Mit einer schwingenden Handbewegung machte ich ihr deutlich, dass es gefühlt stets auf und ab ging. Gemeint war damit in erster Linie das Streckenprofil, aber im übertragenden Sinne sicher auch meine Laune.
Auf der folgenden Runde geschah nichts Nennenswertes, denn zu Positionswechseln kam es nicht mehr. Unter den Top-10 befand ich mich längst nicht mehr und in Reichweite lag diese Platzierung ebenfalls nicht. Abermals musste ich diese Ambition abhaken. Für willkommene Abwechslung sorgten dann aber allmählich die langsamen Halbmarathonis, die es nun zu überrunden galt. Auf dieser zweiten Hauptrunde war die Zahl noch überschaubar, aber auf den langen Geraden konnte ich sehen, was auf mich zukam. Ich freute mich über den bunten Haufen, denn all diese Leute haben heute Morgen ihren persönlichen Schweinehund überwunden und sind an den Start gekommen. All diese Leute – mich inbegriffen – machen den Sport zu dem, was ich liebe. Ein Breitensport, der Platz für sehr ambitionierte Verrückte wie mich lässt. Oder andersherum. Ich hatte es bereits in anderen Laufberichten erwähnt: Wo hat man als normal Sterblicher die Chance, gegen amtierende Weltmeister oder gar Weltrekordler anzutreten? Beim Fußball oder in der Formel 1? Nein! Beim Laufen schon! Und diese Gedanken kommen bei mir immer wieder auf, wenn ich solche Massen an Läufern sehe, die sich quälen und spätestens im Ziel Spaß daran haben oder hatten.

Als ich den Start-Bogen zum dritten Mal passierte, konnte ich mir anhand der großen Digitaluhr ausrechnen, dass ich langsamer geworden bin. Den zweiten 6,3-km-Abschnitt absolvierte ich in 24:43 min (03:55 min/km). Zumindest konnte ich noch unter dem magischen 4er-Schnitt bleiben und so musste es auch auf den letzten 6,3 km bleiben. Das war mein neu erklärtes Minimalziel.
Sophie feuerte mich ein letztes Mal vom linken Streckenrand an und ging dann auf die andere Straßenseite rüber, um mich im Anschluss an den Lauf näher am Zielkanal zu empfangen. In hingegen fieberte ein letztes Mal dem Anstieg entgegen und hangelte mich förmlich an den Überrundeten entlang. Persönchen um Persönchen sammelte ich ein und lenkte dadurch ein wenig ab. In den 90°-Kurven des Kurses und hinter dem Wendepunkt etwa 2 km vor dem Ziel drehte ich mich jedes Mal über meine Schulter um, um nach meinem direkten Verfolger zu schauen. Dieser wäre ja praktisch nur an seinem schnellen Tempo auszumachen, doch aufgrund der vielen Überrundeten konnte ich niemanden erkennen. Okay, ich deutete dies als ein positives Zeichen und blieb weiter nach vorne fokussiert.

Die letzte Runde fühlte sich wieder etwas besser an und müsste meinem Bauchgefühl zufolge deutlich schneller gewesen sein, als die vorletzte. Dieses Gefühl täuschte, denn erst nach 24:39 min war die dritte Hauptrunde geschafft – nur 4 Sekunden schneller, als die vorherige.
Summa summarum machte dies eine Zielzeit von 01:21:35 Stunden aus, die sich in der Tat viel schneller anfühlten. Mist! Ein Lauf zum Abhaken und das trotz grandioser Stimmung vom Streckenrand. Solche Tage wird es immer mal wieder geben. Und dennoch möchte ich Bochum ein ganz großes Lob aussprechen, denn den Läufern wurde an diesem Tag ein Rundum-Sorglos-Paket geboten.

 

Nachher

Mit einer etwas unscheinbaren Medaille dekoriert lief ich am rechten Absperrgitter entlang, wo ich in Kürze meine Freundin Sophie erwartete. Sie merkte mir meine schlechte Laune und Unzufriedenheit an und versuchte zu beschwichtigen. Ich gab ihr Recht, dass ich mich nicht ärgern solle, zumal mich der Startplatz keinen Cent gekostet hat. Aber in den ersten Minuten unmittelbar nach der schlechtesten Leistung seit über 3 Jahren musste ich ein wenig fluchen dürfen.
Am hinteren Ende des Zielbereichs gönnte ich mir noch einen Becher Iso-Getränk, welches geleert in die Tonne gepfeffert wurde. So ein verdammter Mist! Wo war meine Form hin? Ich merkte schnell, dass das Abhaken diesmal etwas mehr Zeit benötigt.
Ohne viel Zeit auf dem Zielgelände des Bochum Halbmarathons zu vergeuden, machten wir uns schnell auf den Weg zurück zum Auto und dann nichts wie auf nach Hause. Dort kamen wir gegen 12:00 Uhr an, sodass wir sogar noch das Frühstück von Sophies Family mitbekommen haben. Na das nenne ich einen versöhnlichen Abschluss eines ansonsten verkorksten Laufes, denn der 17. Gesamtplatz und der 7. Platz in der Altersklasse hatten zufolge, dass wir auf keine Siegerehrung mehr warten mussten. Alles Schlechte hat somit auch was Gutes, wie man jetzt wieder merkt.
In diesem Sinne: Abhaken und nach vorne schauen!

 

Zahlen & Fakten

Distanz

 

Gelaufene Zeit (Netto)

 

Gelaufene Zeit (Brutto)

 

Altersklasse

 

AK-Platzierung

 

Platzierung (Männer)

 

Gesamtplatzierung

21,0975 km

 

01:21:35 Std.

 

01:21:35 Std.

 

Männl. Hauptklasse (87-96)

 

7. von 132 (5,3 %)

 

17. von 822 (2,1 %)

 

17. von 1120 (1,5 %)