28. Internationaler Bad Pyrmont Marathon
29.07.2017
Vorher
Nur 13 Tage nach dem flotten Marathon um die Billerhuder Insel herum sollte schon das nächste Highlight folgen, das ich
seit vielen Jahren auf meiner Wunschliste weit oben stehen hatte. Ein Marathon, der es in sich hat: Der 28. Internationale Bad Pyrmont Classic Landschaftsmarathon.
Was macht dieses Event denn so besonders? Allem voran ist es die außergewöhnlich schöne, bergige Landschaft des Weserberglands, die man in mehreren Schleifen durchquert. Dabei muss kaum ein
Streckenabschnitt mehrfach gelaufen werden. Weiterhin führen die Gras-, Park-, Asphalt- und befestigten Waldwege zumeist durch den schattigen Wald, was einem Sommer-Marathon auch sehr
entgegenkommt. Nichtsdestotrotz wird in der Ausschreibung empfohlen,
die Königsdisziplin nur als erfahrener Marathonläufer in Angriff zu nehmen, zumal das Zeitlimit bei ambitionierten 05:30 Stunden liegt.
Während der Startpunkt – und damit auch der tiefste Punkt der Strecke – bei 105 m üNN liegt, erreicht man bei KM 28 den höchsten Punkt (350 m üNN). In Summe kommen die Marathonis in Bad Pyrmont
somit auf 690 Höhenmeter – eine machbare Zahl, dachte ich mir. In Anbetracht dessen, dass ich beim 11. Kristallmarathon in Merkers
750 Höhenmeter in unter 02:50 Stunden bewältigen konnte, nahm ich mir in Bad Pyrmont ein realistisches Ziel von maximal 02:59:59 Stunden vor.
Da der Marathonlauf an einem Samstag um 13 Uhr gestartet werden sollte, plante ich, die Nacht von Freitag auf Samstag bei meiner Freundin Sophie in Bielefeld zu verbringen. So fuhr ich am
Freitagabend nach der Arbeit direkt zu ihr runter, wo sie um 21:30 Uhr schon mit einem leckeren Abendessen und einem Bierchen auf mich wartete.
Verglichen mit anderen Wettkampftagen konnten wir an diesem Samstag sogar einigermaßen ausschlafen, wenngleich eine anstrengende Arbeitswoche auch nicht so spurlos an einem vorübergeht. Nach einem kleinen, reichhaltigen Frühstück brachen wir gegen 11 Uhr auf und hatten trotz einer überschaubaren Entfernung von gut 60 km mindestens eine Stunde Fahrt vor uns.
Vorbei an Bad Salzuflen und Lemgo erreichten wir um 12:15 Uhr den Veranstaltungsparkplatz am Tennisclub in der Südstraße. Als
ich dort eine große öffentliche Toilette erblickte, sprang ich schnell aus dem Auto, machte kurz davon Gebrauch und suchte uns dann erst einen freien Parkplatz. Das erste Übel war
abgewendet.
Das zweite Übel war dann aber der plötzliche Zeitdruck, denn bis zum Startschuss sind uns gerade mal 40 Minuten verblieben. Bei kleinen Läufen mit einer Handvoll Teilnehmern wäre diese Zeit
völlig ausreichend, doch hier kamen hunderte Läufer unterschiedlicher Distanzen zusammen. Der Trubel zwischen dem Parkplatz und dem 300 Meter entfernten Veranstaltungsgelände deutete bereits an,
dass es hier zeitlich etwas knapp werden könnte. Dass wir dann auf dem Weg zur Startnummernausgabe noch auf ein-zwei Laufkollegen trafen, die uns angesprochen haben, spielte in dieser Hinsicht
nicht gerade in die Karten.
Um 12:25 Uhr erreichten wir das historische Konzerthaus dieses schönen Kurorts und trafen darin auf eine recht lange Warteschlange, die sich vor der Startnummernausgabe gebildet hatte. Na toll!
Zudem war es nicht ganz deutlich, ob sich in dieser Warteschlange nur Läufer einer Distanz befanden oder allesamt durcheinander. Es schien eher ein Durcheinander zu sein, sodass wir uns wohl oder
übel hinten anstellen mussten. Ich nutzte die Zeit, um meine Schuhe fest zu verschnüren und die letzten kleinen Vorbereitungen zu unternehmen.
Fast 15 Minuten später stellte sich heraus, dass wir doch rechts an der Schlange hätten vorbeigehen dürfen, da sich erst dort die Ausgabe der Marathon-Startnummern befand. Unsere vorherige
Schlange war für Halbmarathon-, 10-km- und 5-km-Läufer gedacht. Da das selbst für uns Erfahrene nicht deutlich sichtbar war, muss diese Organisation offen und ehrlich beanstandet werden. Hier ist
noch Luft nach oben, liebes Orga-Team!
Nach ein paar hundert Metern des Warmlaufens begab ich mich langsam aber sicher in den Startblock, wo ich unter anderem auf Hans Werner Rehers traf, Organisator des Piesberg Ultramarathons und
ebenfalls „Wiederholungstäter“ beim Rubbenbruchsee Marathon in Osnabrück. Dort knipste Sophie noch ein paar Fotos, um die
Impressionen der imposanten Start-Ziel-Geraden festzuhalten. Leider würden das neben den Zieleinlauf-Fotos die einzigen Bilder vom heutigen Lauf bleiben, da der Streckenverlauf es nicht zuließ,
dass Sophie mich an einem anderen Punkt erneut zu Gesicht bekam.
Bei sommerlich-warmen Temperaturen und einer solch schönen Umgebung versuchte ich alle Problemchen auszublenden, die es bisher gegeben hatte oder im Zuge des Rennverlaufs noch geben könnte. Auch die kurze Regenerationspause von nur 13 Tagen seit dem letzten langen Lauf probierte ich zu vergessen. Der heutige Wettkampf sollte einfach nur Spaß bereiten und die Berge als willkommene Abwechslung zu meinen Trainingsläufen im flachen Hamburg dienen.
Fünf Minuten vor dem Start bahnte ich mir den Weg in die vorderste Reihe des Starterfeldes. Von dort aus verabschiedete ich mich nochmal von Sophie und wünschte auch ihr viel Spaß für den Tag.
Ich hoffte, dass sie das gute Wetter nutzen und sich hier ein paar Dinge angucken konnte. Wann kommt man schon mal wieder nach Bad Pyrmont?
Als der Moderator der Veranstaltung uns Läufer dazu aufforderte, sich für den bevorstehenden Start locker zu machen, und noch dazu gute Musik aufgelegt wurde, kam auch ich endlich in Stimmung.
Ich lockerte Arme und Beine, hüpfte von links nach rechts, schloss die Augen und atmete ganz tief ein und aus. Der Moderator schien das gesehen zu haben und nannte sogar laut meinen Namen.
„Patrick scheint locker zu sein!“ – so oder so ähnlich war sein Wortlaut.
Und pünktlich um 13:00 Uhr wurde das Flatterband, das uns im Zaum gehalten hatte, hochgenommen, der Countdown wurde runtergezählt und der Startschuss ertönte. Los ging das Abenteuer
„Weserbergland“! Auf geht’s – Höhenmeter fressen!
Der Lauf
Über die leicht ansteigende Hauptallee liefen wir flotten Schrittes auf die imposante Wandelhalle zu, die bereits so manche Marathon-Medaille zierte. Rechts und links von uns reihten sich
Zuschauer an, die zum Teil in benachbarten Cafés saßen und das Treiben mit Applaus verfolgten. Die Szenerie dieser Startgeraden hatte etwas Idyllisches und wird sicher lange Zeit in Erinnerung
bleiben. Allein hierfür lohnt sich ein Start in Bad Pyrmont.
Am Brunnenplatz kurz vor der Wandelhalle angekommen, wurden wir nach links durch ein Nadelöhr geleitet. Zum Glück war die Spitzengruppe dünn besetzt, denn langsamere Läufer werden hier mit
Sicherheit eine kurze Gehpause eingelegen müssen.
Nach wenigen hundert Metern über die Hylligen-Born-Allee wurden wir nach rechts durch eine parkähnliche Anlage geleitet. Die ganze Umgebung inklusive vieler Senioren am Streckenrand deutete
darauf hin, dass wir hier durch einen Kurort liefen.
An der Straße „Auf der Schanze“ angelangt, ging es nach links über einen gepflasterten Gehweg weiter. Unsere kleine Führungsgruppe aus vier bis fünf Läufern ist dabei beinahe falsch abgebogen,
denn ein Pfeil auf dem Boden hat in einen Innenhof reingezeigt. Den Irrtum haben wir aber glücklicherweise früh genug bemerkt, sodass kaum ein Meter extra gelaufen werden musste.
Auf der folgenden langen Gerade wurde dann KM 1 erreicht (in 04:10 min), bevor es nach rechts auf einen Wirtschaftsweg und wenig später wieder nach rechts auf eine holperige Wiese zuging. Von nun
an herrschte Natur pur. Festgehalten wurde dieser Moment mit Filmaufnahmen durch eine Drohne, die rechts von uns weit über unseren Köpfen surrte. In der Hoffnung, in irgendeinem Image-Video
gesehen zu werden, winkte wie verrückt. Leider habe ich bis heute kein Video gefunden, in dem man mich sehen konnte. Naja, einen Versuch war’s wert.
Anschließend kreuzten wir den Grenzweg und die Bombergallee, bevor es über den kurvigen Apfelweg bergauf ging. An diesem Punkt war dann auch KM 2 (in 04:02 min) erreicht. Leider war dies auch der
Punkt, an dem ich bereits den Anschluss an die schnellsten drei Männer im Feld verloren hatte. Warum waren sie so früh schon so schnell? Das Laktat schoss mir in die Oberschenkel und ich hätte am
liebsten direkt umkehren wollen. Das Treppchen war futsch, dachte ich mir, aber das war eigentlich auch egal. Für jemanden, der bei KM 2 schon k.o. ist, sollte „Überleben“ das einzige Ziel
sein.
KM 3 und 4 (je in 04:38 min) führten weiter stetig bergauf, sodass die ersten 90 Höhenmeter schnell abgehakt waren. Erst dann gab es ein ganz kurzes Bergab-Stück zum Erholen, bevor es weiter auf
bis zu 250 m üNN hinauf ging (KM 5 in 04:42 min, KM 6 in 04:38 min und KM 7 in 04:32 min).
Asphaltstraßen wechselten sich mit Schotterwegen ab und sehr bald gab es zwischen den Bäumen die ersten schönen Ausblicke auf die Stadt Bad Pyrmont. Am Ende des Unteren Burgseitenweges wechselte
der Streckenverlauf in den Oberen Burgseitenweg und erreichte anschließend einen Streckenposten, der mir den Weg nach rechts vorerst noch versperrte. Ich schlussfolgerte daraus, dass ich den
vorangegangenen Abschnitt später ein zweites Mal laufen würde, um dann nicht nach links, sondern nach rechts weitergeschickt zu werden.
Im weiteren Verlauf folgte nach einem kurzen Abstieg (KM 8 in 04:23 min und KM 9 in 03:57 min) schon der nächste Anstieg (KM 10 in 04:41 min) und in Summe waren zu diesem Zeitpunkt bereits 243
Höhenmeter zusammengekommen. Wie sollte ich mit so einem Rennverlauf auf meine anvisierte Zielzeit kommen, dachte ich mir nur. Auch dass ich von zwei weiteren Läufern eingeholt und überholt
wurde, trugen nicht gerade zu meiner Motivation bei. Was für eine Tortur.
Dankenswerterweise war der nächste Abschnitt bis KM 18, der auf der Ost-West-Schiene hin und wieder zurück verlief, vorwiegend flach oder gar bergab. Auf den besagten acht Kilometern schwankten
die Kilometerzeiten zwischen 03:50 min und 04:21 min und lagen im Durchschnitt bei 04:09 min/km. So durfte es gern weitergehen.
Gleichzeitig genoss ich die Natur in vollen Zügen. Dazu die vielen kleinen Kurven, die Steilabhänge mal linker- und mal rechterhand der Laufstrecke, die vielen hohen Bäume, der schnelle Wechsel
aus Sonne und Schatten und nicht zuletzt die unbeschreibliche Ruhe. Ein solches Ambiente kenne ich unter anderem aus meiner Heimat, wo der Trimm-Park in Steinbeck ähnliche Laufstrecken bietet.
Jedoch in viel kleineren Dimensionen, als hier im Weserbergland.
Marathonstrecke
Einzelne Streckenabschnitte werden teilweise mehrmals gelaufen. Aus diesem Grund sind einzelne Streckenabschnitte unterschiedlich farbig dargestellt.
Ab Start folgen Sie bitte der roten Linie bis zum Ende. Weiter geht es mit Orange, gefolgt von Gelb und Blau. Jetzt nochmals Orange. Nach Orange kommt diesmal Magenta gefolgt von Braun und
Blau. Nach Blau geht es über die grüne Linie ins Ziel.
Von nun an war die ausgedehnte Aufwärmphase vorüber und der kräftezehrende Anstieg zum höchsten Punkt des Kurses stand mir bevor. Während ich bei KM 18 auf einer Höhe von etwa 190 m üNN war,
musste knapp 10 km später der Gipfel auf 350 m üNN erreicht worden sein. Na dann mal los.
Sicher würde sich das Profil auch in den Kilometerzeiten widerspiegeln und ehrlicherweise hatte ich mich bereits von einer sicheren Zeit von unter 3 Stunden verabschiedet. Wenn denn kein Wunder
geschieht …
Mit KM 19 bis 21 wurde der Anstieg eingeläutet (in 04:42 min, in 04:26 min und in 04:56 min). Etwa an diesem Punkt des Rennens kam ich wieder an dem Streckenposten vorbei, wo ich zuvor links
abbiegen musste. Ich rief der jungen Dame zu: „Diesmal darf ich rechts lang, oder?“ Sie bejahte es und wünschte mir noch viel Erfolg. Und dann ging die Reise für mich weiter. Kilometer um
Kilometer und Höhenmeter um Höhenmeter ging es auf der Magenta-farbenen Route weiter. Die Farben auf dem Streckenplan dienen dort nur der Übersichtlichkeit, sind auf dem echten Kurs aber nirgends
zu sehen. Allerdings hatte ich zu keinem Zeitpunkt das Gefühl, dass ich mich hier verlaufen könnte. An den wichtigsten Stellen standen Streckenposten und der Rest war perfekt mit Pfeilen und
Flatterbändern kenntlich gemacht.
Im Norden des Kurses gab es ein etwa 1 km langes Begegnungsstück, auf dem ich zum jetzigen Zeitpunkt noch niemanden sah. Auf meinem Rückweg würde es anders aussehen, da ich dann meinen
Verfolgern, die sich etwa 4 oder 5 km hinter mir befinden, entgegenlaufen würde (KM 22 in 04:32 min).
Und dann wurde es richtig hart, denn während ich in Richtung des östlichsten Punktes lief, mischte sich eine sehr steile Passage unter. Eine schmale Asphaltstraße, die von dunklen Laubbäumen
gesäumt war, stand wie eine Wand vor mir und wollte mich ärgern. Ich ließ mich aber nicht ärgern und nahm mir fest vor, hier in Bad Pyrmont keinen einzigen Meter gehen zu müssen. Gedacht – getan,
der Lauf ging weiter (KM 23 in 05:26 min).
Die kommenden zwei Kilometer waren wieder etwas flacher und entspannter zu laufen, wenngleich sie trotzdem nicht an meine anvisierte Durchschnittsgeschwindigkeit herankamen (KM 24 in 04:32 min
und KM 25 in 04:39 min). Und mit KM 26 war dann auch der östlichste Punkt der Strecke erreicht (in 04:57 min).
Da es hier eine recht dichte Baumkrone über meinem Kopf gab, nahm ich das als Grund für die nun folgenden Störungen meiner GPS-Uhr an. Mal wurde mir ein langsames 6-min-Tempo prognostiziert,
während es eher flach war, und mal ging die Messung Richtung 3:30 min/km, obwohl die steilen Bergab-Stücke noch auf sich warten ließen. Merkwürdig, aber mir leider nicht unbekannt. Diese günstige
Variante der Uhr weist nun mal solche Schwächen auf, mit denen man leben muss, wenn man auf den Preis achtet.
Also nicht verwirren lassen und weiter bergauf, lautete die Devise. Nach etwa 1,5 km war es dann soweit und in einer lang gezogenen Rechtskurve um den Gipfel herum wurde der höchste Punkt
erreicht. Dass es sich hierbei um den Schellenberg handelt, auf dem der Schellenturm steht, erfuhr ich erst nachträglich während des Verfassens dieses Berichts.
Und was geschah danach? Es ging bergab und dass nicht zu knapp. Jedoch war die Freude zunächst von sehr kurzer Dauer, denn nachdem ich über einen Kilometer fast 90 Meter Höhe verloren hatte,
musste ich auf den folgenden zwei Kilometern wieder mindestens 70 Meter hoch, na super. Aber Kopf hoch, Hauptsache laufend.
Auf dem folgenden Kilometer lief ich dann endlich ein paar Menschen entgegen, denn ich befand mich auf dem bereits erwähnten Begegnungsstück. Nachdem schon viel Zeit ohne einer einzigen
Menschenseele vor oder hinter mir vergangen ist, war das eine willkommene Abwechslung. Und hier war es dann wieder soweit, dass ich meiner GPS-Uhr Glauben schenken konnte (KM 32 in 04:29
min).
Von nun an ging es zumeist auf einer breiten Straße geradeaus Richtung Westen und das Ende des Marathons kündigte sich zunächst in positiver Hinsicht an: es ging bergab (KM 33 in 04:08 min, KM 34
in 04:20 min und KM 35 in 04:19 min). Das waren zwar keine Zwischenzeiten, mit denen ich meiner Zielzeit näher kam, aber der Zug war ja eh abgefahren.
Vielmehr zahlte das auch in das bevorstehende Motivationsloch ein, denn nachdem ich mein großes Ziel aus den Augen verloren hatte, war der Mann mit dem Hammer auch nicht mehr weit. Auf dem blauen
Streckenabschnitt, auf dem ich zuvor etwa 04:20 min/km gebraucht hatte, war ich jetzt genau eine Minute pro Kilometer langsamer. Da es sich um etwa fünf Kilometer handelte, konnte ich mir schnell
ausrechnen, dass ich nun ca. 5 Minuten verlieren würde (KM 36 – 40 in 05:15 min, 05:24 min, 05:37 min, 05:19 min und 05:07 min).
Zu allem Überfluss wurde ich von einem weiteren Läufer schnellen Schrittes überholt, dem ich zurecht meinen Respekt aussprach: „Super Renneinteilung, weiter so!“. Hoffentlich wird gleich kein
weiterer Läufer folgen, dachte ich mir. Auf welcher Position ich mich aber nun konkret befand, wusste ich nicht mehr. Die Top-Ten müssten es aber locker noch gewesen sein.
Die letzten zwei Kilometer steil bergab standen mir nun bevor und hierfür musste der schöne Wald leider verlassen werden. Ganze 38 Kilometer war dieser Wald Heimat eines sehr schönen, aber auch
super anstrengend Marathons gewesen. Empfehlenswert für all diejenigen, die Spaß an Höhenmeter-Qualen haben und die nicht unbedingt auf eine neue Bestzeit aus sind.
Der Rückweg zur Start-Ziel-Linie erfolgte durch denselben Kurpark, durch den wir schon zu Beginn gelaufen sind, jedoch auf anderen Wegen. Den Beinen konnte ich nun freien Lauf lassen. Sie
schwangen nach vorne, während meine Augen sich manches Mal nach hinten umdrehten, um potentielle Verfolger auszumachen. Da sich nun aber auch die Halbmarathonis auf ihren letzten Metern befanden
und diese recht ähnliche Startnummern trugen, war das nicht so einfach wie ich dachte. Egal, einfach weiter rennen!
Der allerletzte Kilometer war dann doch identisch mit dem ersten und so ahnte ich schon, dass ich gleich wieder durch das Nadelöhr kurz vor der Wandelhalle hindurchlaufen würde. Dort angekommen,
bog ich rechts ab, lehnte mich noch einmal schräg in die Kurve und überlegte mir eine besondere Finisher-Pose. Da meine Zielzeit längst futsch war, der Zielkanal bergab führte und ich keinen
Verfolger mehr fürchten musste, entschied ich mich für ein paar Extrameter: Die Wahl fiel auf die Flieger-Pose mit gesenktem Kopf und ausgebreiteten Armen. Dabei lief ich Kurven von einer Bande
zur anderen und animierte damit das Publikum zu einer Extraportion Applaus. Im Kopf machte es extrem viel Spaß, obwohl der ganze Rest des Körpers längst streikte und mich all seine Schmerzen
deutlich wissen ließ.
Ein paar Meter vor der Ziellinie schaute ich zur Digitalanzeige hoch, erblickte eine Zeit von 03:08:40 Stunden und versuchte, mich mit dieser möglichst bald abzufinden. Immerhin konnte ich
durchlaufen und brauchte keine einzige Gehpause.
Im Ziel dann der obligatorischen Griff zum Stopp-Knopf meiner Uhr und dann war’s das. Endlich ist dieser Kampf zu Ende! Ein Kampf, der zwar nicht gewonnen, aber auch nicht verloren wurde.
Nachher
Völlig erschöpft zog es mich zunächst zu den reichhaltigen Verpflegungsständen. Denn obwohl ich auf der Strecke das eine oder andere Mal zu einem Wasserbecher gegriffen hatte, war der Durst nun
riesengroß. Besonders groß war mein Verlangen nach etwas mit Geschmack, am liebsten Cola oder Fruchtschorle. Dazu gab es Orangen, Äpfel und Wassermelone – perfekt! Auch Sophie nutzte von diesem
Angebot, indem ich ihr etwas mitgebracht hatte.
Und durch sie erfuhr ich dann auch von meiner Gesamtplatzierung, die für mich sogar ein wenig überraschend kam. Ich bin als insgesamt Fünftplatzierter eingelaufen und lag damit ein paar Plätze
weiter vorn, als ich mir während des Rennens ausgerechnet hatte. Scheinbar sind ein-zwei Läufer ausgestiegen. Dass der Sieger aber fast 20 Minuten eher im Ziel war, relativierte die Leistung dann
wieder. Naja, ich bin für solche Berge nun mal nicht gemacht, redete ich mir ein.
Wichtig ist, dass ich gesund ins Ziel gekommen bin, die schöne Finisher-Medaille um meinen Hals hängen hatte und ein weiterer Marathon-Zähler in meiner Liste steht. Bad Pyrmont gilt als abgehakt und muss so schnell nicht nochmal gelaufen werden.
Auf dem Rückweg zum Auto um kurz nach 17:00 Uhr knipste ich noch schnell ein Foto von einer lustigen Skulptur. Dabei erfuhr ich, dass auch Sophie viele schöne Dinge in der Stadt gesehen hat und
sich einen ausgedehnten Spaziergang gegönnt hatte. Das freute mich natürlich, denn nichts wäre schlimmer für sie gewesen, wenn sie sich über drei Stunden gelangweilt hätte.
Um kurz nach 19:00 Uhr kamen wir nach einer entspannten Autofahrt in Laggenbeck, Sophies Heimatort, an und erzählten ihrer Family von unserem ereignisreichen Tag. Und da der Marathon an einem
Samstag stattgefunden hatte, lag das halbe Wochenende noch vor uns. Sehr gut!
Zahlen & Fakten
Distanz
Gelaufene Zeit (Netto)
Gelaufene Zeit (Brutto)
Altersklasse
AK-Platzierung
Platzierung (Männer)
Gesamtplatzierung
42,195 km
03:08:40 Std.
03:08:40 Std.
Männl. Hauptklasse (88-97)
2. von 11 (18,2 %)
5. von 159 (3,1 %)
5. von 196 (2,6 %)