38. BMW Berlin Marathon

25.09.2011

Vorgeschichte

An Weihnachten 2010 flossen bei mir tatsächlich Freudentränen, als mir meine Eltern einen Start für den Berlin Marathon 2011 schenkten. Ein Traum soll also wahr werden, und das so früh in meinem Läuferleben!

In den Folgemonaten habe ich mir alle Berlin-Marathon-Videos bei YouTube mindestens 26 Mal oder öfters angeschaut. Die Vorfreude war unermesslich groß! Und diese stieg nochmals, als bekannt wurde, dass ich in einem Rennen mit beiden Weltrekordlern laufen werde. Mit Haile Gebrselassie (02:03:59 Std.) und Paula Radcliffe (02:15:25 Std.), in welcher Sportart ist das schon möglich?

Freitag, 23.09.2011

Während ich am Freitag vor dem Lauf blaumachte, fuhr ich gemeinsam mit meiner Family nach Berlin. Noch am selben Tag wollten wir meine Startunterlagen abholen und die Marathonmesse abgrasen. Da es die Unterlagen am anderen Ende des Messegeländes abzuholen galt, entschieden wir uns zuerst für die Shopping-Tour zwischen den vielen Laufschuhen und Funktionsklamotten. Wie immer ein Genuss! Neben einigen günstigen Kompressionsstrümpfen, kaufte ich mir neue Laufschuhe (Brooks Glycerin 9), die zwar etwas robust wirken, aber für meine längeren Trainingsläufe geeignet schienen. Außerdem machte ich - wie schon einst beim Frankfurt Marathon - von einem Service des Asics-Stands Gebrauch und ließ mir ein blaues Armbändchen anfertigen, auf dem meine Durchgangszeiten notiert waren. Es sollte mir im Rennen eine grobe Orientierung bieten, damit ich unter der magischen Grenze von 3 Stunden ins Ziel komme.

Wir genossen noch ein wenig die atemberaubende Atmosphäre des denkmalgeschützten, ehemaligen Berliner Flughafens Tempelhof, in dessen Hangars die Messe stattfand. Wir knipsten unzählige Fotos und stimmten uns bereits auf die folgenden zwei Tage ein.

Nach einem ausgedehnten Einkauf und dem Abholen meiner Startnummer, kauften wir uns jeweils eine kleine Schüssel Nudeln mit Tomatensoße und stärkten uns mit Kohlenhydraten vor dem morgigen Frühstückslauf.

Pasta-Party auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof
Pasta-Party auf dem ehemaligen Flughafen Tempelhof

Samstag, 24.09.2011

Morgens klingelte der Wecker schon früh und weckte uns in unserem kleinen und wenig komfortablen Hostel-Zimmer um 7:30 Uhr („History Hostel“, die Lage war dennoch perfekt).

Nach einem provisorischen Frühstück zogen wir unsere einheitlichen Speedy-Family-Laufshirts an und machten uns mit der S-Bahn auf den Weg zum Schloss Charlottenburg, wo der etwa 6 km lange Frühstückslauf starten sollte. Dort angekommen waren wir überwältigt, wie viele Tausende von Menschen mitlaufen wollten und wie viele verschiedene Nationen sie mit ihren bunten Flaggen repräsentierten. Auch wir zeigten unseren polnischen Farben in Form von Flaggen, Schals und Cappys. Zudem hatten viele Läufer weiße Luftballons mit dem Logo des Hauptsponsors BMW und ließen diese dann pünktlich zum Startschuss um 9.30 Uhr los. Da es sich hierbei um einen Gemeinschaftslauf und nicht um einen Wettkampf handelte, trabten wir gemütlich mit der Menge los und stressten uns nicht. Dennoch kamen wir in unseren „Kostümen“ recht schnell ins Schwitzen.

Der emotionalste Moment folgte dann endlich bei KM 5,5. Der Einlauf ins Berliner Olympiastadion! DAS Olympiastadion mit seiner atemberaubenden Größe und der wunderbaren blauen Tartanbahn! Man hat‘s schon so oft im Fernsehen gesehen. Wow!

Im letzten Tunnel vor dem Einlauf auf die Tartanbahn wurde es nochmal richtig laut. Viele Läufer machten Fotos, alle jubelten, Gänsehaut pur, Sprachlosigkeit! Es wurde den Läufern überlassen, ob sie rechts oder links herum laufen wollten. Wir entschieden uns für links und ließen es uns nicht nehmen, mehrmals anzuhalten, um Fotos zu schießen. Nach 200 Metern ging es am anderen Ende des Stadions über viele Treppenstufen hinauf zum Ausgang.

Oben angekommen erwarteten uns abermals Tausende von Menschen, die sich bereits ihr Frühstück zusammengestellt haben. Alles war kostenlos: Joghurt, Bananen, Äpfel, Schokoriegel, Kaffee, Wasser und natürlich Berliner (oder Krapfen). Wir setzten uns wie fast alle Leute auf den Boden und füllten erst einmal ordentlich unsere Bäuche.

Nach unserer Rückkehr zum Hostel und einer schnellen Dusche wollten wir uns noch zwei-drei Sehenswürdigkeiten anschauen. Neben dem Sony-Center machten wir natürlich Halt am Brandenburger Tor, wo bereits der ersehnte 42. Kilometer-Punkt markiert war. Danach ging es weiter Richtung Ku‘damm und KaDeWe.

Gegen 16.30 Uhr hatten wir erstmals die Chance bei einem schnellen Inline-Skates-Rennen am Streckenrand zu stehen. Der Wind, der einem durch die schnellen Sportler entgegenkam, war der Wahnsinn. Leider verspürte ich zu diesem Zeitpunkt aber leichte Wehwehchen in den Füßen und Beinen. Überall fing es an zu zwicken und zu zwacken. Vielleicht bildete ich es mir aufgrund der Aufregung nur ein, jedoch hätte es gleichzeitig auch das Resultat der letzten zwei Tage sein können (Marathon-Messe + Frühstückslauf + Sightseeing). Ich musste vorsichtig sein und setzte mich lieber auf den warmen Asphalt, als weiter stehen zu bleiben.

Wenig später sind wir nach einem letzten, kurzen Stopp im Hostel zum Abendessen in ein schickes Restaurant im Sony-Center gegangen und haben abermals Pasta gegessen. Die Portion war zwar nicht ausreichend groß für uns, aber egal. Mit zu vollem Magen UND Aufregung vor dem Tag X schläft es sich nicht besonders gut, habe ich gehört ;-)

Sonntag, 25.09.2011

Vorher

Nach einer anstrengenden, kurzen Nacht klingelte der Wecker diesmal um kurz nach 06.00 Uhr. Nachdem ich mit der S-Bahn und meine Family zu Fuß zum Brandenburger Tor gelangt sind, stieg die Aufregung sprunghaft. Ich folgte der riesigen Menschenmenge, die sich von der S-Bahn-Station Richtung Start-Ziel-Gelände bewegte. In dieser Läufermasse zu sein und noch die morgendlich Kühle zu spüren hatte auf mich eine etwas unheimliche Wirkung. Heute hieß es nicht: „Ich laufe mal eben einen Marathon.“, sondern „Ich laufe DEN Marathon!“.

Als meine Family am Brandenburger Tor eintraf, machten wir noch ein paar Fotos im Morgengrauen und verabschiedeten uns schon recht früh. Für mich hieß es, nicht zu spät zu meinem Startblock zu gehen, denn die Wege waren weit. Im hinteren Bereich des Starterfeldes - in der Nähe des Reichstags - wurden die Läufer in den für sie abgesperrten Bereich gelassen. Von dort musste man mit seinem Kleiderbeutel zu seiner entsprechenden Kleiderabgabe gehen, was schon fast 10 min in Anspruch nahm. Ich zog alle wärmenden Klamotten aus, gab diese ebenfalls ab und ging dann mit einer kleinen Pipi-Zwischenpause zum weit entfernten Startblock C (Zielzeit 02:50 - 03:00 Std.).

Obwohl Startblock C so klingt, als sei er weit von der Startlinie entfernt, hatte ich ganz und gar nicht das Gefühl. Ich positionierte mich links neben den großen Netzen mit den roten Heliumballons, die zum Startschuss in die Luft gelassen werden. Es lief Spannungsmusik, die Läufer unterhielten sich und die letzten Minuten und Sekunden schmolzen nur so dahin. Nach jedem Topathleten, den der Moderator ankündigte, folgte unsererseits Applaus. Und nach der Ankündigung von Haile war dieser Applaus mindestens dreimal so laut. Gänsehaut pur!

Der Mix aus Vorfreude und Nervosität war kaum noch auszuhalten. Der Startschuss durfte von mir aus jetzt fallen, denn das Warten fand kein Ende. Dann endlich der Countdown. Jeder Läufer setzte mit. Ein Wir-Gefühl und Kontrahenten. 3 … 2 … 1 … Schuss! Pünktlich um 09.00 Uhr!

Der Lauf

Nach nur 18 Sekunden übertrat ich die Startlinie und versuchte, sofort in den Laufschritt zu kommen. Die Siegessäule fest im Blick habend, waren die ersten 500 Meter durch Überholungen, Abbremsen und Beschleunigen geprägt. Viele bunte Läufer um mich herum, die einen wechselten die Straßenseite von links nach rechts, andere wiederum von rechts nach links, Chaos wohin man schaute. Die Siegessäule passierte ich links von ihr und befand mich dann auf der etwa 2 km langen Straße des 17. Juni. Nach dem ersten Kilometer (04:28 min) folgten ein schnellerer (KM 2 in 04:09 min) und einer im anvisierten Renntempo (KM 3 in 04:14 min).

KM 1 - 6
KM 1 - 6

Hinter den zwei flachen Brücken über die Spree erreichten wir das Viertel Alt-Moabit, wo die bekannte JVA Moabit ihren Sitz hat. Nach zwei zu schnellen Kilometerabschnitten (04:01 min, 04:00 min) erreichte ich die ersten Zeitmessmatten bei KM 5 nach 21:09 min. Ich spürte, wie ich durch die vielen Läufer mitgezogen wurde und es mir schwer fiel, langsamer zu laufen. Mit 12-13°C und einem hellblauen Himmel war das Wetter einfach nur traumhaft und perfekt für schnelles Laufen. Noch.

Kurz nach KM 6 (04:07 min) freute ich mich auf das einzige, kurze Wiedersehen mit meiner Family. Während die Elite schon knapp 10 Minuten vor mir an ihnen vorbeigelaufen ist, mussten sie mich in der großen Läufermenge suchen.

Es folgten zwei Kilometer, die in Berlin-Mitte hineinführten, und man sah rechts vor sich den Fernsehturm über die niedrigen Dächer hinausragen. Ein wunderschönes Bild so früh am Morgen. Bei KM 12 liefen wir in einem riesigen Kreisverkehr (Strausberger Platz) wie die Briten im Uhrzeigersinn und verließen diesen nach ¾ des Kreisels an der dritten Ausfahrt. Zuvor fiel mir auf, wie unrhythmisch ich gelaufen bin: KM 9 in 03:57 min, KM 10 in 04:16 min, KM 11 in 04:01 min und KM 12 in 04:12 min. Die Ursache kannte ich nicht und zu spüren waren die Schwankungen auch nicht, sodass ich versuchte, meinen Kopf einfach abzuschalten.

KM 6 - 14
KM 6 - 14

Nachdem wir zum zweiten Mal die Spree überquerten, näherten wir uns bei KM 15 so langsam den beiden bekannten Stadtbezirken Neukölln und Kreuzberg. Die Stimmung war hier genauso gut, wie auf allen anderen Streckenabschnitten. Verschiedene kleinere und größere Bands spielten ihre Musik, Zuschauer standen in kleinen und großen Gruppen am Streckenrand und feuerten kräftig an und die Sonne lachte sowieso schon den ganzen Tag vom Himmel. Dass es nun etwas wärmer wurde, merkte man nur bedingt. Noch schützten der Schatten und eine ganz leichte Brise vor jeglicher Form von Überhitzung.

KM 14 - 23
KM 14 - 23

Mein Tempo pendelte sich auf dem zweiten Streckendrittel - bis auf eine Ausnahme (KM 18 in 04:00 min) - bei ungefähr 04:10 min/km ein, womit ich sehr zufrieden war. Abweichungen nach oben oder nach unten hingen meistens nur mit den Verpflegungs- und Wasserständen zusammen. Häufig bremsten Läufer vor mir plötzlich ab und blieben am Verpflegungstisch einfach stehen, was auch mich ausbremste; andere wiederum scherten so aus, dass ich mit kurzen Zwischensprints schnell reagieren musste. Es brachte mich zwar nicht aus dem Konzept, aber förderlich war dieses Hin & Her auch nicht.

Im Stadtteil Schöneberg erreichten wir dann die Halbmarathonmarke (01:28:48 Std.) und liefen bis KM 27 weiter Richtung Südwesten Berlins. Auf diesem Abschnitt gab es keine nennenswerten bzw. mir bekannten Sehenswürdigkeiten, sodass ich mich auf die breiten Asphaltstraßen konzentrierte und wohl aus diesem Grund wieder anfing, die Geschwindigkeit unter 04:10 min/km zu drücken.

In Zehlendorf, dem südwestlichsten Punkt der gesamten Strecke, war ich besonders gespannt auf den „Wilden Eber“, der ein Magnet für Zuschauermassen sein soll. Am sogenannten Platz am Wilden Eber versammeln sich jährlich viele Angehörige der Läufer und jubeln hier entsprechend lauter und intensiver. Meine Erwartungen waren somit hoch und enttäuschen lassen wollte ich mich nicht. Bei KM 28 angekommen, war ich mit meiner Meinung dann etwas hin und her gerissen. Einerseits spürte man den Anstieg des Lärmpegels, die geile Musikband und das Pushen durch den Applaus; andererseits kenne ich bereits die Bayerische Bierstraße vom ING Venloop Halbmarathon in Venlo (NL) und dort geht es in jedem Fall noch verrückter zu!

KM 23 - 32
KM 23 - 32

Nach exakt 30 Kilometern sah ich auf der Uhr neben den Zeitmessmatten etwa 02:06:30 Stunden. Für mich eine recht solide Zeit über diese Distanz. Dass der neue Weltrekordler und mein Namensvetter Patrick Makau aber zu diesem Zeitpunkt bereits im Ziel und Inhaber einer neuen Weltrekordzeit ist, wusste ich noch nicht. Es hätte mich sicherlich für einige Zeit auf andere Gedanken gebracht und mich mit Stolz erfüllt. Stolz, dass ich hier heute gegen den neuen Marathon-Weltrekordler gelaufen bin … und er mich (knapp) besiegt hat!

Haile Gebrselassie ist übrigens bei KM 27 schmerzbedingt ausgestiegen.

Während ich noch bei KM 30 war, freute sich ein anderer Patrick über einen neuen Weltrekord
Während ich noch bei KM 30 war, freute sich ein anderer Patrick über einen neuen Weltrekord

Weiter auf dem Hohenzollerndamm ging es auf den weltberühmten Kurfürstendamm zu, auf dem wir zwischen KM 33,5 und KM 35 etwa anderthalb Kilometer unterwegs waren. Am Ende des Ku‘damms war die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche zu sehen, die ich schon einige Jahre zuvor mit meiner damaligen Klasse im Rahmen unserer Klassenfahrt besucht habe.

KM 32 - 42
KM 32 - 42

Nach zwei weiteren, etwas langsameren Kilometern erreichten wir die Potsdamer Straße, die unmittelbar auf den Potsdamer Platz zusteuerte. Hier wurde es am Streckenrand zunehmend lauter und man spürte, wie das Ziel näher kam. Allerdings kam es nicht schnell genug und es sollte länger dauern, als geplant.

Bis zum 37. Kilometer-Punkt lief alles perfekt und reibungslos. Ein Marathon-Märchen. Mein erarbeitetes Polster für eine Zeit unter 3 Stunden betrug knapp 2 Minuten, was überaus komfortabel erschien. Meine 5-km-Durchlaufzeiten waren zudem mehr als vorbildlich und wie für ein Lehrbuch geschaffen (21:09 min, 21:04 min, 21:01 min, 20:57 min, 21:02 min, 21:02 min, 21:07 min). Und dann kam das große ABER! Der Mann mit dem Hammer! Für mich zum allerersten Mal! Haargenau 5 Kilometer vor der Ziellinie blieb ich stehen und es ging gar nichts mehr, weder vor, noch zurück! Eine unsichtbare Wand aus Granit!

KM 38 war mit 04:44 min aber noch durchaus harmlos, denn die Standpause betrug nur wenige Sekunden und ich konnte danach weitertraben. Richtig knüppelhart kam es dann aber auf den letzten vier Kilometern zwischen KM 39 und KM 42 (05:49 min, 05:37 min, 06:14 min, 05:05 min). Wie häufig ich auf diesem Abschnitt stehen geblieben, gegangen oder gelaufen bin, weiß ich bei bestem Willen nicht mehr. Nur eine einzige Situation werde ich meinen Lebtag nicht vergessen: und zwar wie ich kurz vor KM 40 von Sanitätern gefragt wurde, ob es mir gut gehe und ob ich nicht lieber aus dem Rennen genommen werden möchte.

„Bitte was? Sehe ich so scheiße aus? Bin ich überhaupt noch bei Verstand? Schade ich mir und meiner Gesundheit? Bin ich ein Versager? Warum überholen mich auf einmal alle so schnell? Warum ich? Warum ausgerechnet in Berlin? Aufhören? - Nie im Leben!“

Auf die Frage der Sanitäter gab ich gewiss nicht die richtige Antwort, aber aus dem Rennen genommen zu werden wäre die Höchststrafe gewesen. Ein DNF (=Did Not Finish) möchte ich in meinem Protokoll nicht sehen. Nicht mit mir!

Und so ging es weiter: vor KM 41 verlief die Strecke zwischen hohen Häusern, die mich zusätzlich „erdrückten“. Zweimal links, dann rechts und wieder links, danach rechts und ein letztes Mal nach links auf die allerletzte Zielgerade. Unter den Linden. Ein letzter Versuch, ein wenig Motivation zu finden. Die angepeilte Endzeit ist längst futsch! Wie wär’s mit einer neuen Bestzeit (03:06:11 Std.)? Immerhin! Das wäre noch möglich und scheinbar war diese Motivation ausschlaggebend für mein etwas höheres Tempo auf den letzten 1,5 km (~ 05:00 min/km). Zumindest kann ich mit Stolz behaupten, auf der letzten Geraden keinen Meter gegangen, sondern nur gelaufen zu sein.

Das grandiose Brandenburger Tor vor Augen, die Anfeuerungen vom Streckenrand, das schmerzhafte Krampfen des gesamten Körpers. All das sind Impressionen, die sich durcheinander gewürfelt anfühlen, Chaos in mir drin! Mein Unterkiefer zitterte. Bei einer Zeit unter 3 Stunden hätte ich eine Träne vergossen, aber jetzt ist es ein schmerzerfülltes Zittern. Schmerz und kein anderes Gefühl. Ich wollte nur noch, dass es aufhört. Das Brandenburger Tor durchquerte ich in der Mitte und hatte noch 370 Meter vor mir. Sehr laute 370 Meter, von denen ich aber auch nichts mehr zu berichten weiß. Plötzlich ein Piepen, die Zeitmessmatten, Erlösung!

Nachher

Ich realisierte rein gar nichts mehr. Meine Laufuhr zeigte mir 03:04:55 Stunden an. ‚Scheiße!‘ war mein erster Gedanke. ‚Ganz okay!‘ mein zweiter. Wie ich dann meine Finisher-Medaille und die Wärmefolie überreicht bekommen habe und anschließend zu den großzügigen Getränkeständen gelangt bin, weiß ich auch nicht mehr. Wovon ich aber liebend gern Gebrauch gemacht habe, war der Schatten unter den Holztischen. Ich breitete meine Folie auf dem Boden aus, nahm zwei Becher Iso-Getränk mit nach unten und versteckte mich auf dem Rücken liegend unter dem Tisch.

Es müssen mindestens 15 Minuten vergangen sein, bevor ich wieder aufgestanden und zu den weiteren Versorgungstischen gegangen bin. Dort gab es Bananen, Kekse, Schokolade, Berliner und Erdinger Alkoholfrei. Hinzu kam eine Versorgungstüte mit anderen Leckereien, die jeder Läufer mit auf den Weg zu den Duschen bekam. Bis ich meinen Kleidersack abgeholt und mich geduscht hatte, sind weitere 30 Minuten vergangen, sodass ich meine Family noch eine knappe Stunde nach dem Zieleinlauf hab warten lassen.

Erst 13.20 Uhr trafen wir uns in einem kleinen Teil des Tiergartens, in dem Bäume einer Allee mit großen Buchstaben versehen waren. Hier konnte man sich im Vorfeld mit seinen Familien verabreden und so warteten meine Lieben am Buchstaben ‚K‘ wie Kaczynski. Ich erzählte ihnen sowohl von meinen schönen Erlebnissen, als auch von meinem Horror-Ende.

Zur Belohnung fuhren wir nach einem letzten kurzen Stopp im Hostel zur deutschlandweit bekannten Currybude ‚Curry 36‘ in Kreuzberg. Viel Zeit ließen wir uns jedoch nicht mehr, denn der Heimweg betrug noch 460 km. Unterwegs war ich dankbar dafür, dass mein Vater unser persönlicher Fahrer war, denn den Großteil der Reise habe ich geschlafen. Mit der Medaille um den Hals natürlich!

Zahlen & Fakten

Distanz

 

Gelaufene Zeit (Netto)

 

Gelaufene Zeit (Brutto)

 

Altersklasse

 

AK-Platzierung

 

Platzierung (Männer)

 

Gesamtplatzierung

42,195 km

 

03:04:55 Std.

 

03:05:13 Std.

 

Männl. Hauptklasse (82-91)

 

181. von 2386 (7,6 %)

 

1516. von 25537 (5,9 %)

 

1585. von 32915 (4,8 %)