16. Aasee-Lauf 43,9 km Münster

19.05.2018

Vorher

Eine Woche zuvor spazierte ich noch mit meiner Freundin, meiner Schwester und weiteren guten Freunden entlang des schönen Aasees in Münster. Es ist eine lange Zeit her, dass ich mal wieder „einfach nur so“ in Münster gewesen bin. Und plötzlich ergeben sich gleich zwei Möglichkeiten hintereinander: Nachdem wir an Christi Himmelfahrt (10.05.) den Geburtstag einer guten Freundin gefeiert haben und am nächsten Tag noch etwas durch die Stadt gebummelt sind, zog es mich am darauffolgenden Wochenende erneut in die schöne Universitätsstadt.
Dieses Mal war das Marathonlaufen der Grund, denn spontan entdeckte ich, dass Wolfgang Gieler erneut einen kleinen privaten Lauf über die genannte Distanz anbot. Im Januar 2017 bin ich schon mal früh morgens von Laggenbeck nach Münster gefahren, um dort gemeinsam mit vier weiteren Marathon-Sammlern 10 Runden über die 4,5 km lange Promenade zu drehen – Wolfgang Gieler war der Veranstalter.
Nun hieß es, dass am kommenden Samstag um 8 Uhr auf insgesamt 8 Runden um den Aasee gestartet werden soll (exakt 43,988 km). Da ich mich nach dem Wings For Life World Run schnell wieder erholt hatte und ich den Aasee-Lauf gut mit weiteren Dingen kombinieren konnte (dazu später mehr), entschied ich mich am Donnerstagabend dazu, Wolfgang eine kurze E-Mail zu schreiben.
Prompt bestätigte er mir die Anmeldung und die Mindestteilnehmerzahl von drei Athleten, die es für die Zählbarkeit eines offiziellen Marathons bedarf. Eine weitere Besonderheit ist, dass es sich um einen reinen Selbstversorger-Lauf handeln sollte, d.h. dass keine Verpflegung, Zeitmessung, Streckensperrung  oder sonstige Annehmlichkeit geboten wird. Dafür entfällt aber auch die Startgebühr.

Bevor ich mich gedanklich auf den kleinen Wettkampf einlassen konnte, gab es für mich eine ganz andere Hürde zu nehmen. Am Freitagabend stand ich doch tatsächlich mit zwei fremden Mitfahrern über drei Stunden in einer Vollsperrung auf der Autobahn. Bei Bremen-Brinkum hat es einen Unfall mit sechs Fahrzeugen gegeben, der uns zum Stillstand zwang. Wir vertrieben uns die Zeit mit Stromberg-Filmchen und hatten trotz der Misere noch einigermaßen gute Laune.

Mit Ankunft in Laggenbeck um 00:30 Uhr entschied ich mich dafür, direkt etwas zu essen und so früh wie möglich ins Bett zu gehen. Die Verschiebung der Startzeit um eine Stunde auf 9 Uhr, die mir Wolfgang Freitagmorgen per E-Mail mitteilte, kam da natürlich wie gelegen.
Um 07:15 Uhr klingelte der Wecker und ich kam nach einer kurzen aber guten Nacht problemlos aus dem Bett. Zum Frühstück machte ich mir Käsebrote, die ich zusammen mit einer Banane mit ins Auto nahm. Nachdem ich meine Zähne geputzt und die Laufklamotten angezogen hatte, hüpfte ich um 07:45 Uhr ins Auto und fuhr Richtung Münster, wo ich wie geplant um 08:30 Uhr eintraf.
Als Treffpunkt war der Parkplatz am Mühlenhof-Freilichtmuseum unweit des Allwetterzoos benannt (Theo-Breider-Weg 1). Dort herrschte so früh morgens noch eine idyllische Stille und auch das sonnige Wetter begrüßte mich zum Glück mit noch kühlen Temperaturen. Prognostiziert waren jedoch sehr viel höhere Temperaturen um die 25°C.

Bevor der Organisator und die weiteren Laufkollegen eintrudelten, erkundete ich ein wenig die nähere Umgebung und nutzte das dichte Gebüsch neben dem Parkplatz, um kurz auszutreten. Etwa um 08:45 Uhr traf dann Wolfgang ein und teilte mit, dass der Start aufgrund der Anreise zweier Läufer ab Hamburg verschoben wurde. Zudem gab er ein paar Infos zur Strecke, die in weiten Teilen gegen den Uhrzeigersinn direkt um den Aasee entlangführen würde. Einzige Besonderheit war ein kleiner Schlenker über die Hälfte des Parkplatzes, der vor jeder der acht Runden einmal mitgelaufen werden musste, um auf die nötige Distanz zu kommen.

Als kurz nach 9 Uhr alle bereit waren, sollte es endlich losgehen. Auch ich hatte alles Unnötige im Auto verstaut, war mit meinem Trinkrucksack, etwa einem Liter Wasser und zwei Energie-Gels gut bewaffnet und freute mich auf entspannte drei Stunden Lauferei.

Der Lauf

Die Startlinie war eine Furche im Boden und sobald sich alle dahinter versammelt hatten, ging es los. Die sechs Laufuhren piepten mit kurzen Abständen zueinander und ich sprintete los. Zumindest fühlte es sich im Vergleich zum Lostraben der anderen so an.
Schnell hatte ich den ersten Parkplatz-Schlenker hinter mir, schaute dabei nochmal zu den anderen rüber, wünschte ihnen viel Spaß und lief weiter. Ich orientierte mich an den rot-weißen Fahrradwegweisern, die den kürzesten Weg zurück zum Aasee wiesen. Über einen leicht welligen, gut asphaltierten Radweg war nach etwa einem Kilometer der Aasee und damit auch die im Süden liegende Fußgängerbrücke erreicht (KM 1 in 04:21 min). Auch diese gehörte zur Laufstrecke und bot einen schönen Ausblick auf den nördlich davon liegenden See.
Zu meinem heutigen Zeitziel habe ich noch keine Worte verloren. Der Grund ist sicher auch, dass ich kein allzu ambitioniertes Ziel hatte. Mit nur zwei Wochen Abstand zum Ultramarathon in Wien war die 3-Stunden-Barriere keineswegs drin, zumal die Strecke knapp 1,8 km länger als Marathon werden sollte. Und so nahm ich mir vor, keinen Kilometer in weniger als 04:20 Minuten zu laufen. Die Zielzeit läge damit dann bei 03:10:36 Stunden oder mehr. Ganz entspannt also 
Im äußersten Südosten angekommen, bog ich hinter der kleinen Brücke links ab und folgte der fast 3 km langen rechten Uferseite, die mal asphaltiert und mal mit geschottert war. Vorbei an einem Café mit Biergarten, das noch nicht geöffnet hatte, durchquerte ich eine Gruppe Arbeiter, die den grasbewachsenen Uferhang mähten. Zum Glück nahmen sie mit ihren gefährlichen Traktoren Rücksicht auf uns Läufer und Passanten.
Kurz hinter KM 2 (in 04:24 min) durchlief ich dann die Unterführung unter dem Kardinal-von-Galen-Ring. Wie ich im Nachhinein erfuhr trennt diese große Straßenbrücke den Neuen Aasee im südlichen Teil vom Alten Aasee, der mir nun bevorstand. Auch KM 3 und 4 verliefen super (in 04:21 min und 04:22 min) und trotz der harten Trainingswoche waren die Beine noch recht locker.
Im Norden waren die berühmten drei Aasee-Kugeln erreicht, die heute schon wieder bunt angesprüht waren, während sie letzte Woche noch in einem schönen Weiß erstrahlten. Aber so sind sie, die Sprayer.
Was nun folgte, sollte im Verlauf des Morgens die wohl belebteste Stelle des Rundkurses werden: das Restaurant Il DiVino und der kleine Segel-Hafen. Wolfgang hatte uns empfohlen, den Weg hinter dem Restaurant zu nutzen, der dieselbe Länge hatte, wie der Weg über die Restaurant-Terrasse. Und so musste eine kleine Rampe bergauf bezwungen werden, bevor es danach wieder hinunter ging. Leider war diese Option der Route mit drei Stufen verbunden, die auf Höhe des Segel-Clubs hinunter gelaufen werden mussten. Ich entschied mich also, die verbliebenen sieben Runden unten entlang zu laufen, Passanten hin oder her.
Der Weg zurück zum Ausgangspunkt des Laufs führte nun wieder auf einem Schotterweg und lag zu zwei-drittel im Schatten der Bäume. Mit erneutem Erreichen der großen Unterführung (KM 5 in 04:22 min) stellte ich mich auf eine weitere Besonderheit ein: Der Weg zurück zur Start-Ziel-Linie musste gefunden werden. Dank der Erläuterungen des Organisators und eines weiteren Läufers wusste ich, dass direkt nach der Unterführung der ansteigende Radweg nach rechts oben genommen werden musste. Dieser Anstieg war etwa 250 Meter lang und führte vom See ab. Kurze Zeit später erblickte ich rechterhand den Mühlenhof, wo ich bei einem Deko-Fahrrad, das an einen dünnen Baum gekettet war, rechts in einen schmalen Weg abbiegen musste. Über diesen erreichte ich dann wieder den kleinen Parkplatz, auf dem mein rotes Auto stand.
Die erste Runde war somit in glatten 24 Minuten geschafft und wenn’s nach mir ginge, dürfte es genauso weitergehen. 

Nach dem zweiten Parkplatz-Schlenker ging es bei stetig steigenden Temperarturen auf meine zweite Runde, die ich nicht schneller laufen wollte, als die erste. Und bei Kilometerzeiten von 04:20 min bis 04:26 min gelang mir das auch erstaunlich gut (Runde 2 in 24:08 min). Die freien Wege luden zu einem gleichmäßigen Tempo ein und die Ruhe dieser idyllischen Laufumgebung hatte beinahe etwas Meditatives. Das Laufen am Morgen konnte ich ohnehin viel zu selten genießen, da mich der Arbeitsalltag nur zu abendlichen Trainingsläufen zwingt.
Die dritte Runde läutete ich plötzlich mit einer kaum spürbaren Temposteigerung ein (KM 12 in 04:19 min). Somit musste ich meinen guten Vorsatz für den Lauf abändern: „Von nun an kein Kilometer schneller als 04:19 min“ lautete die Devise … vorerst. Nach insgesamt 16,5 km waren drei Runden im Sack (die 3. in 24:04 min) und es ging wieder auf den Parkplatz-Schlenker zu.
Zum Glück war ein großer Teil der Strecke schattig, denn die Sonne drehte nun langsam auf und das bei fehlendem Wind. Das Wetter war zwar schön, aber für diese Jahreszeit eher ungewöhnlich warm. Egal, ich machte all das ja freiwillig.
Zu Beginn der vierten Runde merkte ich, wie stark das kleine Bergab-Stück zum Aasee runter mein Tempo beeinflusste (KM 17 in 04:17 min). Brauchte ich wieder einen neuen Vorsatz oder vielleicht lieber gar keinen? Ach, ich weiß auch nicht.
An diesem Punkt meines Laufs nahm ich eine kleine Änderung meiner Route vor. Während ich auf den ersten drei Runden jedes Mal den asphaltierten Radweg zu der schmalen Brücke im Süden nahm, bog ich diesmal links auf den Schotter-Fußweg aus. Das tat ich nur, weil ich bei den ersten Überrundungen die anderen Teilnehmer auch dort laufen sah. Der Vorteil dieser Routenänderung war natürlich nicht, dass der Weg kürzer war, sondern vielmehr der nun ausbleibende kleine Hügel. Diesen Vorteil nahm ich gerne an, zumal die übrigen Höhenmeter später noch genug schmerzen würden.
Die folgenden vier Kilometer in sehr gleichmäßigen Zeiten zwischen 04:22 min und 04:25 min führten dazu, dass auch die vierte Runde voll im Plan lag (in 24:06 min). Die erste Hälfte des Rennens absolvierte ich somit in 01:36:19 Stunden und war zuversichtlich, dass es auf der zweiten zumindest nicht langsamer werden würde. Die Temperaturen und die zunehmende Zahl an Passanten – besonders im Bereich des Restaurants Il DiVino – rechnete ich bei meiner Prognose mit ein. Wenn ich mich nicht blöd vertrete oder mein Tempo überaus steigere und somit den Mann mit dem Hammer riskiere, sollte es schön gleichmäßig weitergehen können.

Runde Nummer 5 mit Zeiten von 04:19 min/km bis 04:24 min/km wurde nun ein kleines bisschen schneller (in 23:56 min). Der erste Grundstein für einen negativen Split, d.h. eine schnellere zweite Hälfte, war gelegt. Auch Runde Nummer 6 verlief voll nach Plan und die Beine waren nach wie vor frisch (in 23:48 min). Das dritte Viertel war somit nach 47:44 min geschafft und ich konnte mir nun überlegen, ob ich noch deutlicher aufs Gaspedal treten wollte. Ausprobieren konnte ich es ja mal.
Nach ein paar Schlucken Wasser und mit voller Konzentration lagen nur noch zwei von acht Runden vor mir. Zusätzliche Energie in Form von Energie-Gels benötigte ich heute nicht, super! Und so war der nächste Kilometer direkt mal 10 Sekunden schneller, als mein bisher schnellster (KM 34 in 04:07 min). Nunja, der kleinen Bergab-Passage sei Dank.
Danach pendelte ich mich wieder bei 04:10 min/km bis 04:20 min/km ein. Die langsameren Abschnitte waren definitiv dem Slalom-Laufen zwischen den langsamen Fußgängern geschuldet. Im nördlichen Teil des Aasees wurden es bei solch schönem Wetter immer mehr Spaziergänger und Radfahrer, manches Mal mit Hund an der Leine, die die Laufwege für uns enger machten. Hier und da streifte ich jemanden, jedoch meistens ohne Absicht. Zum Glück waren über 90 % der Strecke super zu belaufen – anders als die Promenade, die heute die Plattform für einen großen Flohmarkt bot.
Mit KM 39 läutete ich die letzte Runde des Tages ein (in 04:07 min). Fünf Kilometer fehlten mir nur noch. Nach mehreren Überrundungen der meisten Teilnehmer auf den ersten sieben Runden müsste es das für heute gewesen sein. Meiner ungefähren Berechnung zufolge sollte kein Teilnehmer mehr unmittelbar vor mir sein, sodass ich auch niemandem mehr „Tschüss“ sagen konnte. Nach dem stillen Zieleinlauf würde ich nämlich recht bald zu Freunden in Münster aufbrechen, um dort zu duschen.
Aber zuvor wollte ich nochmal ordentlich ballern: KM 40 in 04:09 min, KM 41 in 04:05 min und KM 42 in 04:04 min führten noch über den eher ruhigen Teil des Kurses, bevor KM 43 ein letztes Mal durch die Menschenmassen führte (in 04:07 min). Jetzt nur noch ein Kilometer, dachte ich mir. Soll ich versuchen, diesen doch noch unter die 4-min-Marke zu drücken? So spät im Rennen und das trotz des Anstiegs etwa 500 Meter vor dem Ziel? Ach, was soll’s. Einmal noch quälen!
Mit impulsiven Schritten ging es nach der letzten Unterführung unter dem Kardinal-von-Galen-Ring nach rechts den asphaltierten Radweg hinauf. Zähne zusammenbeißen, den Schatten ausnutzen und letzte Reserven mobilisieren. Auf die letzte 90°-Kurve nach rechts folgten nur noch knapp 200 schattige Meter. Vorbei an meinem Auto fehlten mir nur noch 30 Meter bis zur Ziellinie. Fertig! KM 44 in 03:50 min – BÄM!
DAS hat echt Spaß gemacht! Runde Nummer 8 in be-ACHT-lichen 22:18 min und das letzte Viertel in 45:27 min. Sauber!

Nachher

Dass das letzte Viertel fast 2 Minuten schneller war, als das dritte, hat mich regelrecht beflügelt. Ich hätte noch eine Runde dranhängen können, so gut fühlte ich mich plötzlich. Wow! Die Gesamtzeit betrug schließlich 03:09:28 Stunden und somit etwas schneller, als meine vorher definierte Wunschzeit.
Anschließend lief ich zurück zum Auto und griff zu meinem Handy im Handschuhfach. Ich wollte irgendwem Bescheid geben, dass es mir gut ging: Entweder meiner Family, die derzeit in Polen ist, oder meiner Freundin. Zuvor musste ich allerdings eine andere Sache klären, denn die bereits erwähnten Freunde aus Münster waren unterwegs zu meinem Zielbereich. Und ich wusste nicht, wo sie waren und wie sie unterwegs waren. Ich versuchte, sie zu erreichen, und wurde prompt zurückgerufen. Wie ich erfuhr, befanden sie sich bereits auf halbem Weg und so verabredeten wir uns lieber in ca. 15 Minuten bei ihnen zu Hause. Das machte die nachträgliche Planung etwas einfacher.

Denn wie ich ebenfalls sehr bald erfuhr, war Sophie bereits auf dem Weg zum Zug, der sie in einer knappen Stunde nach Münster bringen würde. Dem sonnigen Flohmarkt-Spaziergang stand somit doch nichts mehr im Wege – ich freute mich!
Bevor ich aufbrach, ging ich nochmal zu Wolfgangs Auto und zückte den kleinen Notizblock unter dem hinteren Reifen hervor, auf dem bereits die fünf Namen der angereisten Teilnehmer standen. Nun galt es, dort die selbst gestoppte Laufzeit zu notieren. Ich hinterließ zusätzlich noch eine kleine Pfingst-Nachricht und legte den Block anschließend wieder zurück unter das Auto.
Kurz nach 12:30 Uhr war ich dann bei der Wohnung unserer Freunde angekommen, bekam sofort einen leckeren Kaffee gekocht und durfte unter die Dusche hüpfen. Um 13:24 Uhr kam Sophie am Hauptbahnhof an, wo ich sie kurzerhand mit dem Auto abholte und um 14 Uhr waren wir zu viert auf dem Weg zum schönen Promenade-Flohmarkt.
Diesen wunderbaren Tag krönten wir gut zwei Stunden später mit einem leckeren Eis in der Innenstadt. Ich wählte Limette und Wassermelone – letzteres ist sehr zu empfehlen!

Zahlen & Fakten

Distanz

 

Gelaufene Zeit (Netto)

 

Gelaufene Zeit (Brutto)

 

Altersklasse

 

AK-Platzierung

 

Platzierung (Männer)

 

Gesamtplatzierung

43,988 km

 

03:09:28 Std.

 

03:09:28 Std.

 

Männl. Hauptklasse (89-98)

 

1. von 1

 

1. von 5 (20 %)

 

1. von 6 (16,7 %)